Der Kabeldieb in der JVA Cottbus

Dem Mandanten wird u.a. ein Diebstahl vorgeworfen. An sich kein Grund dafür, ihn zu verhaften und anschließend in die Untersuchungshaft zu stecken.

Das Problem war allerdings, daß er keinen festen Wohnsitz hatte; er war also nur schlecht erreichbar, wenn man ihm die Anklage und später die Ladung zur Hauptverhandlung zustellen will. Außerdem: Die Ursache für den fehlenden Wohnsitz war ein Haftbefehl in einer anderen Sache. Deswegen wollte sich der Mandant – aus durchaus nachvollziehbaren Gründen – nicht offiziell beim Einwohnermeldeamt registrieren.

Aber auch und gerade das Leben auf der Flucht will finanziert sein. Kein Problem, wenn man – wie der Mandant – weiß, daß das Geld auf der Straße liegt. Nun ja, es war keine Straße, sondern eine Trasse, eine Bahntrassse. Und es war auch nur sowas Ähnliches wie Geld: Kupfer, in länglicher Form, also Kabel.

Das Ende vom Lied: Auf frischer Tat ertappt, im Polizeicomputer unter der Rubrik „Offener Haftbefehl“ gefunden und ab ging die Fahrt zum vorübergehenden festen Wohnsitz nach  Cottbus Dissenchen.

Und dort sollte und wollte ich den Mandanten nun besuchen.

Gewöhnlich reise ich mit der Eisenbahn nach Cottbus. Bis auf Weiteres werde ich den Kabeldieb allerdings per Autobahn im Knast besuchen müssen:

Das „Ersatz- und Umleitungskonzept“ trifft dann doch nicht so meinen Geschmack.

Wir leben in einer grausamen Welt. ;-)

 

Dieser Beitrag wurde unter Knast, Mandanten veröffentlicht.

5 Antworten auf Der Kabeldieb in der JVA Cottbus

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    Will says:

    Nun, vielleicht hat der Mandant durch seinen Diebstahl die Ursache für die Bauverzögerung gegeben?

    Oder der Geschädigte möchte nicht aktiv die Verteidung des Schädigers fördern ;-)

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    20110701 says:

    […] ist die noch angenehmere Variante, was Kabeldieben so widerfahren […]

  4. 4

    Selten so gelacht :-) Ich habe den Artikel in meinem Blog verlinkt, paßt einfach zu gut zu den aktuellen Geschehnissen bei den Kupfersammlern.

    Hier mein Artikel:
    http://dk5ras.dyndns.org/www/bc/?p=2632

    Viele Grüße aus Franken!

    Ralph.

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    Andreas says:

    Erstaunlicherweise lässt sich bei juris kein vergleichbarer Fall finden. Da allerdings Gewerbsmäßigkeit nahe liegt, dürfte ein besonders schwerer Fall nach §§ 242, 243 I Nr. 3 StGB in Betracht kommen. Wenn es dann noch zu einer konkreten Gefährdung gekommen ist, dann dürfte die Mindeststrafe sogar nach § 315 I StGB bei sechs Monaten liegen.

    Im Ergebnis gilt mein Mitgefühl hier auch lediglich crh, der den Beschuldigten vertritt. Mich würde es einfach nerven, so jemanden zu vertreten und persönlich denke ich, dass da eine ordentliche Strafe gerechtfertigt ist. Je nach Vorstrafen gerne auch schon im nicht mehr bewährungsfähigen Bereich.

    @ crh
    Gibt es ab und an Momente, in denen Sie sich wünschen, sie säßen auf der Fensterseite des Gerichtssaals und könnten im Plädoyer mal austeilen?

      Ganz einfache Antwort: Nein, niemals. crh