Der Trickser lädt

Ein Kollege berichtet über eine Geschichte, die ihm sein Mandant erzählt hat.

Der Mandant wurde als Zeuge geladen. Die Polizei wollte ihn aber als Beschuldigten vernehmen. Bei der Belehrung als Beschuldigter wurde der Mandant stutzig und berief sich auf die Zeugenladung.

Der Polizeibeamte erwiderte: „Na, wenn ich Sie als Beschuldigter geladen hätte, wären sie doch nicht gekommen.

Eine solche Trickserei ist unzulässig, sie bleibt allerdings – jedenfalls für den Polizeibeamten – in aller Regel völlig folgenlos.

Allein deswegen raten Strafverteidiger stets dazu, Ladungen von Polizeibeamten nicht zu folgen. Völlig unabhängig davon, ob man als Zeuge oder als Beschuldigter geladen wurde. Weder Zeugen und erst Recht nicht Beschuldigte sind verpflichtet, sich in die Löwenhöhle zu begeben.

Danke für die Anregung an den Kollegen.

 

Dieser Beitrag wurde unter Polizei veröffentlicht.

19 Antworten auf Der Trickser lädt

  1. 1
    Ruprecht says:

    Vollkommen richtig. Ich habe es selbst auch oft erlebt, dass Polizisten oftmals was vollkommen anderes aufschreiben. Daher folge ich den Ladungen gar nicht mehr, die Rechtschreibung war auch teilweise sehr belustigend.

  2. 2
    Goose says:

    Bei einer Ordnungswidrigkeit wird die StA nicht ermitteln, hier hat die Verwaltungsbehörde jedoch weitestgehend die gleichen Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft (siehe § 46 OWiG).
    In vielen Bundesländern ist die Polizei auch, solange sie den Vorgang noch nicht abgegeben hat, Verfolgungsbehörde, und als solche kann sie, ebenso wie die StA in Strafsachen, verbindlich vorladen.

    Dieser Vorladung muss man folgen da sonst ein Ordnungsgeld auferlegt werden kann.

  3. 3
    Malte S. says:

    Ähm, wie macht man die Polizei denn zur StA? Im Owi-Bereich kann das u.U. noch durch dem Umweg der Personenidentität von Polizei und regulärer Ordnungsbehörde gehen. Aber im Strafrecht sehe ich das einfach nicht.
    Ein Landesgesetz a la „Die Polizei hat die Befugnisse der StA“ dürfte mit der Bundeskompetenz in Strafsachen kollidieren und ansonsten auch mit der StPO selbst, die über dem Landesgesetz steht und eben keine Funktionsübertragung vorsieht.

    Ein Beispiel würde mich echt freuen.

  4. 4
    Kommentator says:

    Ist nicht immer einfach, „Ladungen“ von Polizeibeamten nicht zu folgen – der Überraschungseffekt rockt…

    Mein Beispiel (tatsächlich heute und vorhin passiert, auf dem Heimweg vonne Arbeit):
    Ich (ansehbarer Arbeitnehmer Mitte 40, unterwegs in bürotauglicher gedeckter Bekleidung, ein paar Einkäufe im „Outdoor-Daypack“ auf dem Rücken, bitte nur ernstgemeinte Angebote), biege (zu Fuß auf dem Gehweg und in bester Laune zum Feierabend) in meine Straße ein.

    Neben mir (auf der Fahrbahn natürlich) verlangsamt und hält ein Daimler der Oberklasse mit Polizeiverklebung, die beiden Beamten lassen das rechte Seitenfenster herunter und nehmen Blickkontakt auf. Ich stutze, halte an und gehe dann, der offensichtlichen Aufforderung zum Dialog folgend, ein paar Schritte auf den Wagen zu.

    Der eine Beamte: „Wie heißen sie denn?“
    Ich (irritiert, aber auch amüsiert grinsend ob dieser sehr unerwartet daherkommenden Frage) nenne meinen realen und echten Vor- und Nachnamen.
    Der andere Beamte: „Dann suchen wir sie nicht.“

    Alle drei Beteiligten feixen,
    Fenster hoch, Karosse fährt an, ich schreite weiter Richtung Heimat, das war’s.

    Hätte ich dieser „Ladung“ nicht folgen sollen? Und was sagen Juristen zu diesem Vorgang? Was hätte ein (mit allen Wassern gewaschener, natürlich) Jurist geatwortet?

    (Ort des Geschehens: Ein Hamburger Wohnviertel der *hust* gehobenen Klasse, nix mit „Gangsters“ und so.)

  5. 5
    Holger says:

    Kann man sich denn wegen der falschen Ladung (als Zeuge wäre ich ja so was von gerne angereist, als Beschuldigter im Leben nicht) die Fahrtkosten und den Verdienstausfall von der Polizei wiederholen?

  6. 6
    Kai says:

    Habe die dollsten Sachen erlebt:
    Man bekommt das Gefühl, als wenn Lügen ihr Job wäre. Und sich dann falsche Behauptungen anhören, bei Zeugenaussagen endlos das schriftliche Protokoll korrigieren und dann noch erleben, wie Antworten auf schlecht gestellte Fragen anders interpretiert werden.

    Wo sind die intelligenten Leute bei der Polizei?

  7. 7
    Anonymer Zyniker says:

    @Kommentator (04): Viel mehr als Namen, Geburtstag und Wohnort muss man nicht mitteilen.

    Ich wurde vor einer Weile mal angehalten. Beleuchtung, Warndreieck, Verbandskasten. Liegt alles in Armreichweite hinter dem Beifahrersitz. Also nix mit in den Kofferraum reinschauen.

    Polizist: Wo kommen Sie denn her?
    Ich: Aus Schwaben. Hört man das nicht? Außerdem steht da Geburtsort „Stuttgart“ auf dem Perso.
    Polizist: Ich meine, wo Sie jetzt herkommen.
    Ich: Einkaufen.
    Polizist: Und wo fahren Sie hin?
    Ich: Nach Hause.
    Polizist: Wo ist das?
    Ich: Sie haben doch gerade meinen Personalausweis! Steht da drauf.

    Der Herr Ordnungshüter hat es dann schnell aufgegeben, weitere Fragen zu stellen. Die richtige Mischung aus doof und stur stellen klappt oft. Auf die Frage „Kann ich mal in Ihren Kofferraum schauen.“ hätte ich wohl mit „Nö!“ geantwortet.

  8. 8
    Kommentator says:

    @Anonymer Zyniker (19:07):
    Meinen Personalausweis (oder gar irgendwelche anderen Papiere) wollten die nicht sehen (ich war eben auch nicht Fahrzeugführer, da passiert das wohl eher) – die wollten nur fragen :)
    Und „doof“ habe ich wohl auch ausgesehen, siehe „feixen“… aber wie auch sonst? :)

    Und „von dadeher“ (Gruß nach Schtuagart, ich lebte dort auch schon) rühren meine Fragen: Was hätte ein Jurist gesagt? Es war heller Tag, es war eine einfache Frage – und die volljuristisch unterfütterte, korrekte Antwort wäre gewesen??? (@Juristen… Danke.)

  9. 9
    ???? says:

    Was passiert eigentlich, wenn man dann falsch antwortet?

    Dazu führe ich einen Rechtsstreit.
    Mich hat nämlich in einem Gerichtsgebäude (Landessozialgericht) ein Hausmeister gefragt, wer ich sei. Der Mann kannte mich vom Sehen, weil ich, Mutter erwachsener Kinder, dort saubere Schriftsätze abgebe.

    Sehe nicht aus wie Claudia Schiffer, sehe auch nicht aus wie Mutti Merkel, sehe auch nicht aus wie ein Alkahita.

    Dort sitzen keine uniformierten Polizeibeamten in einem Glaskabuffchen, wie das in der Strafjustiz üblich ist. Dort kommen auch keine Schaulustigen.

    Ich sagte zum Hausmeister (kein Richter, kein Rechtspfleger, Personaldokumete unterliegen der Hoheit des Innenministeriums, dass wusste ich aus beruflichen Gründen, also ich sagte dem, dass ich Frau Müller bin. Auf den Schriftsätzen stand mein Name; ich fühlte mich verar….

    Der Hausmeister meldete das.

    Der Gerichtspräsident reagierte mit Strafanzeige und Hausverbot. Wir haben gelacht, führen aber einen Prozess gegeneinander.

    Es wurde niemand angefasst, nicht einmal ein Stinkefinger oder so. Meistens stehen die Hausmeister, Pförtner, Büroboten u.ä. im Hof und rauchen.

  10. 10
    Chris says:

    @Kommentator, @Anonymer Zyniker:
    http://not-safe-for-work.de/nsfw033-percanat/ ab 2:37:00 ;)

  11. 11
    Lexus says:

    Erschreckend wieviele querulanten es gibt.

    Wenn ein Polizist fragt ob er in meinen Kofferraum gucken darf und ich keine Leiche drin hab, dann lass ich ihn gucken. Nicht weil ich nichts zu verstecken habe, sondern weil sie offensichtlich was suchen und ich ihre Arbeit damit erleichtere, wenn sie mich ausschließen können.

    Nicht jedes Recht was man hat, muss man auch immer nutzen.

  12. 12
    Th. Koch says:

    @Kommentator: Die Antwort ist doch ganz einfach: „Warum wollen Sie das wissen“?

    @Lexus: Doch! Wer darauf besteht, dass die Staatsmacht die Spielregeln einhält, ist kein „Querulant“.

  13. 13
    Antworter says:

    @Lexus

    Kann ich mal deinen Wohnungschlüssel haben? Und kannst du mir mitteilen, wann du nicht zu Hause bist? Ich will auch nur meine Arbeit machen.

  14. 14
    Seb says:

    @Lexus Und da Sie ja keine Leiche im Kofferraum haben, würden Sie durch die Zustimmung nur die Zeit des Polizisten verschwenden. Was ist jetzt also Ihrer Meinung nach besser? ;-)

  15. 15
    Stefan says:

    @Lexus: Der Ton macht die Musik. Mich hat noch nie ein Polizist gefragt, ob es mal in meinen Kofferraum schauen darf. Ich habe aber schon zweimal gehört: „Machen sie den Kofferraum auf und gehen sie zwei Schritte zurück!“ Da formiert sich bei mir sofort ein innerer Widerstand. Die Polizei sind Staatsdiener und da wir der Staat sind, haben die mich entweder auf gleicher Ebene oder wie einen Vorgesetzten zu behandeln. Das hat nur leider keiner der Kappen verstanden. ALLE mit denen ich bisher zu tun hatte, führen sich auf, als wären sie die Götter der Welt. Ich habe da noch keine Ausnahme getroffen.

  16. 16
    Lexus says:

    Vielleicht hab ich auch andere Erfahrungen gemacht. Bei mir sind alle Polizisten bisher nett und freundlich entgegengetreten. So weit war dann auch immer meine Kooperationsbereitschaft.

  17. 17
    lebemann says:

    @anymen zyniker (07):

    Selbst Namen, Geburtstag und Wohnort braucht man nicht nennen, wenn man Hr. Schirach folgt. Es reicht wohl eine ladungsfähige Adresse. Kann leider momentan nicht den Titel der entsprechenden Story nachschlagen.

  18. 18
    U. Sandherr says:

    Sehr geehrter Herr Hoenig,

    den auch an Zeugen gerichteten pauschalen Ratschlag, nicht zur Polizei zu gehen, halte ich für unangemessen, ja unverantwortlich. Zeugen sollen dem Gemeinwesen dienen, und in der Regel wollen und tun sie das auch. Sie davon grundsätzlich abhalten zu wollen, ist unverständlich.

    Offenbar vermuten Sie in jedem Zeugen einen potentiellen Beschuldigten. Die Franzosen nennen so etwas recht freundlich deformation professionelle.

    Der von Ihnen geschilderte Sachverhalt ist ein Sonderfall, der einen so pauschalen Rat (an alle (!) Zeugen) gewiss nicht rechtfertigt.

    Mit freundlichen Grüßen
    U. Sandherr

  19. 19

    Sehr geehrter Herr Sandherr.

    Vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihre Kritik.

    Wir beide blicken jeweils aus unterschiedlichen (beruflichen) Blickwinkeln auf dasselbe Problem. Es ist sehr richtig, das Zeugen eine wichtige Funktion in dem Gefüge der Justiz haben. Ohne sie geht nichts. Das wissen wir aus unserer jeweiligen praktischen Erfahrung.

    Aber genau das ist auch der Grund für mich zu fragen, warum insbesondere die Ermittler (und manche Richter) dann nicht sorgsamer mit dem wichtigsten (und gefährdeten) Beweismittel umgehen.

    Nein, ich halte an meinem grundsätzlichen Rat fest.

    Vor dem Hintergrund meiner Erfahrungen als Strafverteidiger (also aus Sicht desjenigen, dem stets die pathologischen Problemfälle vorgelegt werden) mahne ich zur großen Vorsicht. Es sind zwar alles Einzelfälle, die mich zu diesem Mißtrauen veranlassen, aber es sind in den vergangenen Jahren leider immer mehr geworden.

    Und für den betroffenen Bürger kann bereits ein einziger Einzelfall bereits zur Katastrophe führen.

    Freundliche Grüße zurück Sie
    von Carsten R. Hoenig