Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und eine einfache Körperverletzung lautete der Tatvorwurf. Der 60-kg-Mandant hatte ein wenig herumgezappelt, als die (dick gepolsterte) Polizei ihn des Platzes verweisen wollte. Es folgte eine Blutentnahme und dann die Entlassung aus dem Gewahrsam.
Ein paar Wochen später bekam der Mandant dann Post. Es war nicht nur die übliche Anhörung:
Ihnen wird zur Last gelegt … Es wird Ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben …
In einem zweiten Schreiben wurde darüber hinaus eine weitere Maßnahme angeordnet:
Im Zusammenhang mit o.g. Ermittlungsverfahren wurde die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen angeordnet. Erkennungsdienstliche Unterlagen können die polizeilichen Ermittlungen bei der Äufklärung künftiger Straftaten fördern.
Soweit, so richtig. Nun folgte die Begründung dafür, warum in die Grundrechte des Mandanten eingegriffen werden und seine Daten in den Pool der Polizei-EDV gebrannt werden sollen:
Angesiohts aller Umstande des Einzelfalls besteht bei Ihnen die Gefahr, dass Sie auch zukündigter Verdächtige(r) erneut begangener Straftaten in Erscheinung treten könnten. Diese Prognose wird gestellt, da Sie schon mehrfach als Tatverdächtigter in Erscheinung getreten sind.
Hugh, ich habe gesprochen. Mehr jedenfalls wurde an Begründung nicht geliefert.
Diese nahezu unbegründete Datensammelwut hat ihren Anfang in den siebziger Jahre genommen, als der damaligen BKA-Präsident Horst Herold die Baader-Meinhof-Gruppe gejagt hat. Die Intensität dieser Sammelleidenschaft der Kriminalen steht nun nur noch im direkten Zusammenhang mit den Kapazitäten der Polizeicomputer. Auf die Schwere des Delikts scheint es nicht mehr anzukommen.
Störend wirken da nur noch vereinzelt ein paar einsame Verfassungsrichter in Karlsruhe. Die verlangen nämlich eine qualifizierte Begründung einer ED-Behandlung. Und nicht so ein rhetorisches Nullsummenspiel wie der oben zitierte Textbaunstein, den ein Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft gedankenlos mit der Post verschickt.
Aber auch wir verfügen über leistungsfähige Computer und Textbausteine:
- Widerspruch gegen die Anordnung,
- (vorsorglicher) Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung der Anordnung und
- als Garnitur dann oben drauf der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO an das Verwaltungsgericht
So sieht er aus, der klassische Dreisprung gegen die ED-Behandlung.
Es dauert dann regelmäßig ein wenig, bis das Verwaltungsgericht die Antragsschrift an das Landeskriminalamt geschickt hat. Und dann kommt ebenso regelmäßig die folgende Reaktion des LKA:
Nun müssen wir noch das Verwaltungsgerichtsverfahren für erledigt erklären und beantragen, daß auch insoweit die Kosten des Verfahrens dem Steuerzahler übergeholfen werden.
Dann hat die liebe Seele wieder Ruhe. Und wir können uns locker machen für den nächsten Dreisprung.
Das LKA BE hatte wohl schon damit gerechnet. Oder wie sollte sich denn sonst der Umstand erklären, dass die Antwort vom LKA vom 11.02.2011 datiert, wo Ihr Schriftsatz ja erst am 02.03.2011 aufgesetzt wurde ?
Von 100% gehen mit Sicherheit 90% in die Falle.
Ich darf gar nicht drüber nachdenken, ansonsten habe ich morgen die Anordnung zur ED-Behandlung im Briefkasten und muss mit Herrn Hoenig einen Dreisprung machen.
Ich wurde mal erkennungsdienstlich behandelt, da wurde ich gar nicht zu aufgefordert, sondern gleich aus der Zelle raus, Fingerabdrücke, Fotos etc. Keine Anhörung, kein Verwaltungsakt, keine Rechtsbehelfsbelehrung. Die Löschung der erhobenen Daten wurde mit der Begründung notwendig für Gefahrenabwehr und Rechtsmäßigkeit der erhobenen Daten abgelehnt.
… und seitdem tragen Sie jetzt immer unsere Notrufnummer in Ihrer Brieftasche mit sich herum, gell? 8-) crh
Also Kosten „überhelfen“ klingt in jedem Falle amüsanter als das banale „Auferlegen“…
Immerhin gibt es hier eine Einladung. Im Einzugsbereich der Polizeidirektion Kiel werden Beschuldigte einfach ohne großen Kommentar ED-Behandelt. Die Standardantwort gegen alle Einwände des Beschuldigten ist: „Dann ordne ich das eben an.“