Eine freundliche Vollmachtsdiskussion

Der Kampf um den Nachweis, daß der Verteidiger von seinem Mandanten bevollmächtigt wurde, nimmt teilweise völlig bizarre Formen an. Der Verteidiger versichert seine ordnungsgemäße Bevollmächtigung, der Staatsanwalt glaubt ihm kein Wort und schon geht das Theater um die Vorlage einer Vollmachtsurkunde los.

Daß es auch anders geht, zeigt dieser Fall, den wir in unserer Kanzlei bearbeiteten. Kolja Zaborowski verteidigte den einen und ich den anderen Beschuldigten.

Es begann mit meiner Verteidigungsanzeige …

Meine ordnungsgemäße Bevollmächtigung versichere ich anwaltlich. Auf Meyer-Goßner, StPO, 48. A., Vor § 137 Rdz. 9 weise ich vorsorglich hin.

… dem Akteneinsichtsgesuch und dem üblichen Sermon.

Darauf reagierte der Staatsanwalt u.a. mit einer Bitte:

Sie sind als Verteidiger erfasst worden. Ich möchte Sie gleichwohl bitten, eine unterzeichnete Vollmacht Ihres Mandanten zeitnah nachzureichen. Da sich ein anderer Anwalt Ihrer Kanzlei für einen anderen Beschuldigten gemeldet hat, besteht Anlass zur Prüfung der Mandantierungsverhältnisse. Die von Ihnen gewünschte Akteneinsicht kann grundsätzlich gewährt werden.

Ich habe ihm zurück geschrieben:

Der Nachweis der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung ist gesetzlich nicht vorgesehen und hier auch entbehrlich, nachdem beide Verteidiger diese anwaltlich versichert haben. Ich bitte daher darum, auf die Vorlage von Vollmachtsvordrucken zu verzichten.

Recht bald erhielt ich eine Antwort, mit der ich in dieser Form nicht gerechnet hatte:

Mit einer nur geringen Menge an Empathie für den geplagten Staatsanwalt ist sein Anliegen auch für einen knorrigen Verteidiger jedenfalls nachvollziehbar.

Und nachdem er das Thema mit diesen Worten eigentlich recht versöhnlich abschließt, scheint es hier ausnahmsweise einmal kein Fehler zu sein, seiner Bitte zu entsprechen.

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft, Vollmacht veröffentlicht.

7 Antworten auf Eine freundliche Vollmachtsdiskussion

  1. 1
    Winfried says:

    Und wer von Ihnen hat jetzt „zentrale Unterlagen aus dem Umfeld von Beschuldigten an die Presse gelangen lassen“?

      Wir können’s nicht gewesen sein, weil wir die Akten noch nicht hatten. crh :-)
  2. 2

    Hmm, sollte es sich um den Fall handeln? (http://www.welt.de/wirtschaft/article13109174/Falsche-Potenzpillen-machten-Betrueger-zu-Millionaeren.html ) Wenn ja, wüsste ich ja gerne, wie viele deutsche SEOs im Viagra-Versand-Verfahren inzwischen beschuldigt sind, wenns schon so unübersichtlich wird.
    Der Staatsanwalt ist übrigens deswegen so genervt, weil er einen Tag nach dem 7.4 (Freitag Nachmittag, also quasi schon Wochenende) noch eine Pressekonferenz geben musste, nachdem wir aus den „zentralen Unterlagen“ (ein Haftbefehl) zitiert hatten. Uns gegenüber hatte er am Freitag morgen auf Anfrage lediglich einen Rückruf angekündigt, der (ebenso wie eine Einladung zu der PK) nie kam.

  3. 3
    Frühlingszwiebel says:

    Wen vertreten Sie anwaltlich, etwa Herrn L. aus T.?

  4. 4
    egal says:

    Das oben abgebildete Schreiben sieht eher nach Berliner StA als nach Potsdamer StA aus ;)

  5. 5
    JCL says:

    Hm…

    Soll das eine Zusage des Staatsanwalts sein, wirklich nur an den Beschuldigten zu zustellen?
    Wenn ja, warum formuliert er es denn nicht eindeutig: worauf ist „in diesem Fall“ zu beziehen? Und, was bedeutet in diesem Zusammenhang das schöne Wörtchen „grundsätzlich“?

  6. 6
    Kai says:

    Wie viel zweifelsfreier als zweifelsfrei kann man denn werden?

    Und wieso sollte die Übersicht der Verteidiger einfacher sein, wenn man eine schriftliche Vollmacht hat oder schriftlich die Vollmacht versichert hat?

    Soll er sich doch eine Tabelle anlegen :)

  7. 7
    W says:

    „Wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es heraus.“

    Muss man sich nicht drüber lustig machen, ist einfach nett _und_ professionell. Schön, mal so zum Feierabend.