Haftbedingungen oder Folter?

In der JVA Celle wird ein Inhaftierter fast 16 Jahre in Einzelhaft festgehalten. Nun soll er in die Freiheit entlassen werden. Die JVA tut nichts, um ihn darauf vorzubereiten.

berichtet Kai Schlieter in der taz.

Weiter heißt es in dem Artikel:

Der Mann ist seit Mai 1995 in Einzelhaft, isoliert von allen anderen Inhaftierten. Die Direktorin des Instituts für Sanktionenrecht und Kriminologie der Universität Kiel, Monika Frommel, hatte dazu gesagt: „Das ist ein Fall von Folter.“

Das sieht die JVA anders:

Erst im November 2010 wurde ihm eine Vollzugslockerung angeboten: Er darf von nun an mit einem anderen Inhaftieren auf den Freistundenhof und die Küche benutzen.

Na, herzlichen Glückwunsch!

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines (Kanzlei), Knast veröffentlicht.

11 Antworten auf Haftbedingungen oder Folter?

  1. 1

    Das ist wahrscheinlich unmenschlich. „Folter“ ist es aber nicht, weil ja offenbar kein Geständnis oder sonst etwas dadurch erpresst werden soll.

    Ich wäre immer vorsichtig mit solchen Vokabeln, weil es die von wirklichen Folter-Opfern erlittenen Qualen vergleichsweise minimalisiert.

  2. 2
    Skywalker says:

    Inwiefern unterscheidet sich denn die Einzelhaft von der normalen Haft?

  3. 3
    Skywalker says:

    Sorry, ziehe die Frage zurück! Ergibt sich u.a. aus dem weiteren Artikel in der taz: Lebendig begraben.

  4. 4
    Johannes says:

    @Andreas: Seit wann ist es zur Definition von Folter erforderlich, dass damit ein bestimmte Handlung beim gefolterten erreicht werden soll, wie z.B. das Gestehen von wasauchimmer?
    ai würde hier wohl sehr wahrscheinlich von Folter sprechen. Ich auch. Abgesehen davon: Was ist mit Leuten, die andere „nur zum Spaß“ Foltern? Ist das dann auch keine, nur weil damit kein Geständnis erreicht werden soll? Oder weil nichts erpresst werden soll?

  5. 5
    Malte S. says:

    Komisch, dass ich Moni Frommel mal zustimmen muss. Davor habe ich mich immer gefürchtet. Aber die Einstufung als Folter liegt schon sehr nahe. Natürlich nur, wenn man Folter nicht als zweckorientierte Maßnahme versteht. Aber auch dann läge eine unmenschliche Behandlung besonders hohen Ausmaßes vor.

    Ggf. sollte nun die Strafbarkeit der JVA-Angestellten geprüft werden? Kann ja immerhin auch durch die dauerhafte Einzelhaft als Freiheitsberaubung eingestuft werden…

  6. 6
    Marc Kessler says:

    Unabhängig davon, was ein Mensch wie der hier Gefangene getan hat: Es kann nicht sein, dass der Staat mit – da inhaftiert, in diesem Fall auch ohne Anwalt – quasi Wehrlosen so umgeht und in meinen Augen klar gegen geltende Menschenrechte verstößt.

    Wieder einmal bedarf es erst der Presse, um solche unmenschlichen Vorgänge aufzudecken. Dem Gefangenen Finneisen nützt das nichts mehr – er hat fast 15 Jahre seines Lebens einsam, isoliert und heute offenbar gebrochen gelebt.

    Wenn ich so etwas lese, frage ich mich, ob ich als Inhaftierter nicht die einzige Fluchtmöglichkeit – den Suizid – wählen würde…

  7. 7
    ben says:

    In den meisten JVAen scheint die Seite mit § 15 StVollzG in der Bibliothek zu fehlen.

  8. 8
    egal says:

    § 15 StVollzG enthält leider wenig Verpflichtendes, die Soll- und Kann-Regelungen stehen nunmal im Ermessen der Anstaltsleitung.

    Dazu kommt, dass oftmals die personelle bzw. räumliche Kapazität fehlt. Überbelegte Gefängnisse gibt es in fast jedem Bundesland. Hier sieht man ganz gut, wo man als Staat gut Geld sparen kann. Beschwerden ja auch regelmäßig von den Kammern niedergeschlagen bzw. von der Politik ignoriert.

  9. 9
    klabauter says:

    Es gibt vielleicht bestimmte Menschen (und wenn man in dem Artikel nachliest, weshalb Finneisen bis zum Strafzeitende einsaß, scheint er zumindest längere Zeit dazu gehört zu haben), bei denen das Verhindern eines Ausbruchs und der Schutz von Leib und Leben der Vollzugsmitarbeiter (seien es Schließer oder Sozialpädagogen) eben Vorrang hat.
    Z.B. den hier:

    http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,631227,00.html

    oder den:
    http://www.stern.de/panorama/jva-straubing-geiselnehmer-vergewaltigt-therapeutin-660525.html

  10. 10
    DAMerrick says:

    Folter ist das zielgerichtete Zuführen von physischer und/oder psychischer Gewalt. Die Gründe sind verschieden und damit unerheblich. Doch wird die meiste Folter als Strafe kaschiert.

    Ein Schüler der den Streber misshandelt foltert ebenso wie der JVA-Angestellte der dem Sträfling den Freigang verwehrt weil der es gewagt hat sich zu beschweren.

    @Andreas Moser:
    Es ist mehr als gefährlich, eher schon fahrlässig und heuchlerisch eine Abwägung zu versuchen nur weil dieses Leid von staatlicher Seite zugefügt wurde.
    Definieren Sie FOlter über die Berichte in den Medien? Ist für sie das irkaische Gefängnis Folter aber die Misshandlunegn deutscher Beamter nur ein schärferer Strafvollzug?

    Ich wünsche Ihnen das Sie nie in eine Lage kommen in der Sie feststellen das der Unterschied zwischen Deutscher und Ausländischer Folter darin liegt das Deutsche Folter als Vollzug und Verhör kaschiert wird.

    Und sollten Sie je dem Vorwurf des Missbrauchs von Kindern ausgesetzt sein machen Sie vorher ein Testament bei dem Psychater Ihres Vertrauens. Mörder-Verdächtigte werden von den Beamten schon maltretiert. MEnschen die der Misshandlung verdächtigt werden, werden gebrochen bevor der Anwalt angerufen wird.

  11. 11
    Das Ich says:

    Selbst das androhen von Schmerzen ist anscheinend Folter. Siehe Kindermörder Gäfgen. Ihm wünsche ich allerdings auch min. 16 Jahre Einzelhaft.
    Wir haben hier in Deutschland eine wunderbare Pro-Täter Kultur.