Vor dem Landgericht Göttingen wurde das Geständnis von Jan O. verlesen:
Erfahrenen Strafrechtlern und Opferanwälten wie den Nebenklage-Vertretern Carsten Ernst und Steffen Hörning stand das Entsetzen im Gesicht. Die beisitzenden Richterinnen blickten fassungslos zu dem Angeklagten, eine von ihnen schloss immer wieder die Augen. Routinierte Ermittler starrten ins Leere. Und das, obwohl sie alle das Dokument längst kannten. Abgehärtete Gerichtsreporter verließen den Verhandlungssaal.
Aus einem Prozeßbericht im Spiegel
Es fällt einem sehr schwer die Details zu lesen, sie versuchen zu begreifen und zu verarbeiten.
Die Eltern beider Kinder gehen durch die Hölle. Und das ist noch völlig untertrieben.
Gerechte Strafe? Hier wird es sie nicht geben. Lebenslang mit Sicherheitsverwahrung? Gefühlt ist das nicht mal annähernd gerecht.
Ob es solche Täter nach 20 oder 30 Jahren schaffen auf freien Fuß zu kommen?
Die Mutter geht ein zweites mal durch die Hölle. Natürlich will sie wissen, was ist meinem Kind widerfahren, was musste es durchmachen. Diese Erwartungshaltung habe ich kürzlich bei einem „Ausflug“ ins Nebenklagefach selbst erfahren und versuchen müssen, sie zu verstehen. Was aber diese Mutter durchmacht, die jedes furchtbare Detail der Tat vorgelesen bekommt, kann und möchte ich mir nicht mal im Ansatz vorstellen. Ich denke und hoffe, dass der Nebenklägervertreter ihr dringend davon abgeraten hat, der Verhandlung zumindest in diesem Teil beizuwohnen und wenn sie tausendmal sagt, sie stehe das durch. Ich hätte es getan.
Kann mal jemand vom Fach dazu ein paar Erfahrungswerte beitragen, wie in der Vergangenheit mit solchen Tätern verfahren wurde? Wie lange sitzt man? Unter welchen Haftbedingungen? Chancen einer Haftentlassung?
Es sind zu viele unbekannte Größen, um eine seriöse Prognose abgeben zu können. § 211 StGB, der hier wohl nahe liegt, sieht ein LL vor. Dazu könnte die „Feststellung der besonderen Schwere der Schuld“ kommen. Schauen Sie mal in § 57a StGB rein.
Denkbar ist aber auch eine Strafmilderung nach §§ 21, 49 StGB. Oder gar ein Freispruch aufgrund einer Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB.
Und über allem steht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung § 66 StGB.
Vergleichen Sie den vorliegenden Fall mit dem Fall Magnus Gäfgen / Jakob von Metzler: Gäfgen hat – trotz Geständnis‘ – neben dem § 211 noch den § 57a I 2 StGB bekommen.
Und schauen Sie morgen nochmal vorbei, ich berichte über 33 Jahre Knast für einen Raubmord.
Danke für die Aufklärung.
Im §66 wurde in mir damit aufgeräumt, dass man als Mehrfachtäter im gleichen Fachgebiet nach Verbüßung der Strafe einfach wieder freigelassen wird. Jedenfalls liest es sich so, dass es eine scharfe Waffe sein kann. Wie es in der Praxis ausschaut, erfahre ich ja dann morgen. ;)
@kampfschmuser
Ein Tip:
Auf wiki sind unter „lebenslange Freiheitsstrafe“ ein paar Statistiken genannt über die durchschnittliche Verweildauer in einzelnen Bundesländern.
Der Prozessbericht von Spiegel Online ist schon heftig, aber kaum weiterlesen kann man in Berliner Zeitung, wo die Details expliziter dargestellt werden.