Litigation-PR durch Ermittlungsbehörden

Presseerklärung zur mutmaßlichen Pressemanipulation durch Ermittlungsbehörden im Zusammenhang mit einer U-Bahnschlägerei.

Herausgeber: Vereinigung Berliner Strafverteidiger e.V.

Seit mehreren Wochen kursieren in den Medien und dem Internet Aufnahmen einer Gewalttat auf einem U-Bahnhof in Berlin. Die Aufnahmen wurden von den Ermittlungsbehörden veröffentlicht, vermeintlicherweise zu Fahnundungszwecken. Verheimlicht wurde hierbei offenbar die von Beginn an bekannte Vorgeschichte zu der Tat. Das spätere Opfer war offenbar durch seine vorherigen Handlungen mitursächlich für die spätere Eskalation. Diese Eskalation soll hier nicht bagatellisiert werden, jedoch steht der Sachverhalt nun in einem anderen Licht da. Eine deutlich besser zu Fahndungszwecken geeignete Aufnahme exisiterte. Diese Aufnahme wies keine Schlägerszenen auf. Sie wurde nicht veröffentlicht.

Diese gewählte Vorgehensweise wird den Anforderungen, die an eine objektive Ermittlungsbehörde zu stellen sind, nicht gerecht. Diese Vorgehensweise ist geeignet, den Verdacht manipulativen Verhaltens hin zu einer Emotionalisierung der Gewaltdebatte zu wecken. Daneben wurde die Öffentlichkeit erheblich verunsichert. Richter werden öffentlich an den Pranger gestellt. Zur Sachlichkeit mahnendende Veranwortliche wurden verhöhnt.

Die Strafprozessordnung regelt klar unter welchen Voraussetzungen Abbildungen von Beschuldigten in die Öffentlichkeit gelangen dürfen. Wegen der besonderen Grundrechtsrelevanz der Veröffentlichung unterliegen entsprechende Anordnungen regelmäßig dem Richtervorbehalt. Es gilt aufzuklären, ob der prozessual korrekte Weg vor Veröffentlichung der Bilder eingehalten wurde und insbesondere, ob zur Entscheidung berufene Personen vor ihrer Entscheidung umfassende Kenntnis vom vorhandenen Bildmaterial hatten

Peter Zuriel
für den Vorstand

Die Presseerklärung als Datei im PDF-Format gibt es hier.

 

Dieser Beitrag wurde unter Medien, Polizei, Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

4 Antworten auf Litigation-PR durch Ermittlungsbehörden

  1. 1
    nachgebohrt says:

    Dafür, dass von einer „mutmaßlichen Pressemanipulation“ geschrieben wird, bleibt die PM aber reichlich nebulös („bleibt auzuklären, ob die berufenen Personen….“).

    Manipulativ ist es eher, in einer PM, mit der die Polizei/Sta/Ermittlungsrichter, der die Öffentlichkeitsfahndung veranlasste/anordnete/bestätigte (?) kritisiert wird, zu schreiben, „Richter werden öffentlich an den Pranger gestellt“. Denn das hat mit der Bildveröffentlichung selbst schlichtweg nichts zu tun, sondern mit der Springer-Knallpresse, die dann den Haftrichter angegangen ist.

    Und bei einer zeilenmäßig recht übersichtlichen PM sollte man Schreibfehler wie „exisiterte“ und „mahnendende“ vielleicht ausbessern (ich weiß, jeder werfe den ersten…, aber eine PM ist eben eine PM und sollte vielleicht besser redigiert werden als ein blogeintrag ;)

  2. 2
    ExRA says:

    Das sehe ich ähnlich wie „nachgebohrt“. Vor lauter „Sich-Wichtig-Machen“ blieb keine Zeit mehr zum Korrekturlesen. Dass mehrere Sachverhalte vermischt werden, wirkt ausserdem unprofessionell. Eine eher kontraproduktive Pressemitteilung, die man besser nicht auch noch in einem blog verlinken sollte.

  3. 3
    Uwe Wolff says:

    Ein weiteres Beispiel dafür, dass die Behauptung, die Staatsanwaltschaft sei die „objektivste Behörde der Welt“, eindeutig der Rechtsromantik zuzuschreiben ist. In öffentlichkeitsstarken Fällen – und in diesem Fall handelt es sich um einen – nimmt die Staatsanwaltschaft mehr und mehr die Rolle der Partei ein. Gerade in der Ermittlungsphase wird hier für die eigene Sicht mit allen Mitteln gekämpft ohne Rücksicht auf für den Mandanten entlastende Be-und Hinweise. Übrigens nennt man das, was da geschieht nicht „Litigation-PR“ sondern Manipulation. Litigation-PR / strategische Rechtskommunikation und Manipulation haben nichts miteinander zu tun. Das schreibt Ihnen derjenige, der Litigation-PR nach Europa gebracht hat. Übrigens halte ich diese PM – Rechtschreibfehler hin oder her – für einen durchaus brauchbaren Weg, auf die Beweisführung der StA aufmerksam zu machen.

  4. 4
    nachgebohrt says:

    @U.W.: Ist es nicht etwas gewagt, auf Basis einer PM, in der selbst noch ein Aufklärungsbedarf behauptet wird, von Manipulation zu schreiben, ohne die geringste Ahnung von den Abläufen zu haben?

    Bislang stellt die PM nur darauf ab, dass
    – andere Bilder vorliegen, ohne anzugeben, seit wann. Das müsse noch geklärt werden.

    – es eine etwas vage umschriebene Vorgeschichte „Beitrag des Opfers zur Eskalation“ gab (manchen Schlägern mit niedriger Provokationsschwelle genügt ja als „Eskalationsbeitrag“ auch schon : Der hat so blöd geschaut).
    Müssen deshalb – möglicherweise vorhandene,angeblich sogar qualitativ bessere- andere Bilder des Tatverdächtigen, die das Tatgeschehen nicht zeigen, vorrangig veröffentlicht werden? Eventuell motiviert eine Veröffentlichung von Bildern des Tatgeschehens etwas mehr zu einer Zeugenaussage als ein neutrales Bild mit einem Textchen, in dem es heißt „wird verdächtigt, am x.ten eine Körperverletzung am U-Bahnhof xy. begangen zu haben“.