Noch nicht verbotene Vernehmungsmethode

Aus einer Ermittlungsakte:

Natürlich darf die Staatsanwaltschaft versuchen, den Verteidiger dahin gehend zu beeinflussen, seinem Mandanten zum Verrat zu raten. Vor allem auch dann, weil ohne die Aussage des Mitbeschuldigten die Beweise vielleicht gar nicht ausreichen könnten. Das kann dem Staatsanwalt niemand verbieten.

Aber der Autor dieses Textes wäre der erste Staatsanwalt, dem an dem Wohl eines Beschuldigten gelegen ist, den er ohne seine Aussage noch nicht einmal anklagen könnte, weil er nichts als heiße Luft in der Hand hält. Versuchen kann man es aber mal, oder?

 

Dieser Beitrag wurde unter Staatsanwaltschaft, Strafverteidiger veröffentlicht.

9 Antworten auf Noch nicht verbotene Vernehmungsmethode

  1. 1
    MaxR says:

    Das klassische Gefangenendilemma …

  2. 2
    alter Jakob says:

    @Max: Nicht ganz. Hier bekommt dieser Gefangene ja die niedrigste Strafe, wenn er nicht aussagt (und der andere gefangene auch nicht).

  3. 3
    tbc says:

    Die versprochenen Genüsse klingen verlockend. Ein Beschuldigter würde der Staatsanwaltschaft möglicherweise alles sagen und sich sogar zusätzliche Dinge ausdenken.

  4. 4
    Bernd says:

    @alter Jakob: Nein, wenn der andere Gefangene aussagt und dieser hier nicht, wird dieser hier die hohe Strafe kassieren (und sich bei seinem auf Kosten anderer ach so prinzipienfesten Verteidiger für den guten Rat bedanken).

  5. 5
    alter Jakob says:

    @Bernd:
    Was Sie da sagen mag ja stimmen, geht aber an meinem Einwand vorbei. Denn es ist schlicht und einfach nicht das „klassische“ Gefangenendilemma, weil die niedrigste Strafe herauskommt, wenn keiner gesteht. Und, soweit ich den Blogeintrag verstehe, seine Strafe auch dann steigt (oder steigen kann), wenn nur er gesteht. Insofern: Selber Nein!

    Nachtrag: Hier können Sie sich informieren:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Gefangenendilemma

  6. 6
    fernetpunker says:

    Fiel eigentlich vor der Schaffung des § 46b StGB ein Deal unter „ein gesetzlich nicht vorgesehener Vorteil“ im Sinne des § 136a StPO?

  7. 7
    asta says:

    Ein Haufen Experten…

  8. 8
    Andreas says:

    @ fernetpunker

    Nein. Sie vermischen hier auch materielles und prozessuales Recht.

    1. § 46b StGB kodifiziert Strafzumessungskriterien, die das Gericht bei einer Strafzumessung i.d.R. zu berücksichtigen hat. Dies ist völlig unabhängig von einem Deal. Schon immer anerkannt war, dass der Angeklagte eine Art Rabatt bekommt, wenn er seine Schuld einräumt. Wenn er bereit ist völlig auszupacken und sich von seinem bisherigen kriminellen Umfeld zu lösen, dann kann das auch ohne § 46b StGB berücksichtigt werden. § 46b StGB bestimmt allerdings noch einmal ganz ausdrücklich, dass es für den von Herrn Hoenig sogenannten „Verrat“ einen Rabatt gibt.

    2. Der Deal ist in § 257c StPO kodifiziert. Auch schon vor Einführung der Vorschrift war aber klar, dass das Gericht dem Angeklagten im Rahmen eines Gesprächs eine gewisse Strafe in Aussicht stellen darf, wenn diese Strafe insgesamt unter Berücksichtigung des Geständnisses schuldangemessen ist.

    3. Ein Verstoß gegen § 136a StPO liegt nur dann vor, wenn das Gericht in einer rechtsstaatlich nicht mehr hinnehmbaren Art und Weise besonders hohe und/oder niedrige Rechtsfolgen für ein gewisses Verteidigungsverhalten in Aussicht stellt. Stichwort Sanktionsschere: Die vom Gericht vorgeschlagene Strafspanne für Geständnis einerseits und konfrontatives Verhalten andererseits ist nicht mehr vom Schuldprinzip gedeckt, der Angeklagte soll vielmehr zum Geständnis erpresst werden. (Das stellt m.E. im Übrigen einen Verstoß gegen den fair trial-Grundsatz dar.)

  9. 9
    fernetpunker says:

    Danke, Andreas. Wenn man den § 257c StPO nimmt, (den ich eigentlich auch meinte und den es trotz jahrelanger Praxis bis 2009 nicht gab), liegt keine Vermischung von materieller und prozessualer Rechtsmaterie vor. So abwegig kann meine Frage also nicht gewesen sein.

    @asta, ich habe nie behauptet, einer Ihrer „Experten“ zu sein, falls Sie mich (u.a.) gemeint haben sollten.