Private Zwangsmaßnahmen im Maßregelvollzug

Am 25. Oktober 2011 um 10.00 Uhr wird das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) öffentlich verhandeln

über die Verfassungsbeschwerde eines Maßregelvollzugspatienten, der sich gegen die Anordnung und zwangsweise Durchführung einer besonderen Sicherungsmaßnahme (Einschluss) durch Bedienstete einer mit der Durchführung des Maßregelvollzugs beliehenen Gesellschaft privaten Rechts wendet. Die Verfassungsbeschwerde wirft die Frage auf, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen bei der Anwendung von Zwangsmaßnahmen im Maßregelvollzug der Einsatz von Bediensteten beliehener Privater zulässig ist.

teilt die Pressestelle des BVerfG in der Pressemitteilung Nr. 51/2011 vom 17. August 2011 mit.

Es geht um die Verpflichtung des Staates nach Art. 33 Abs. 4 GG, wonach die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe „in der Regel“ Beamten zu übertragen ist.

Je intensiver bei der Ausübung dieser Befugnisse in die Rechte des Bürgers eingriffen wird, desto verbindlicher ist diese Regel und desto weniger darf es davon Ausnahmen geben.

Es dürfte Einigkeit bestehen, daß man beispielsweise die Überprüfung eines Schornsteins oder eines Kraftfahrzeugs Privaten Unternehmern überlassen kann, indem man den Schornsteigfeger bzw. den TÜV mit Hoheitsrechten „beleiht“.

Problematisch wird es bei Zwangsmaßnahmen, die de facto sämtliche Freiheitsrechte außer Kraft setzen. Denn heftiger als der mit Gewalt durchgesetzte Einschluß in einen Haftraum ist nur noch der „finale Rettungsschuß“, den es offziell eigentlich gar nicht gibt. Diese Gewalt abzugeben in die Hände Privater, ist schon echt mutig – wenn man die Spielregeln des Verfassungsrechts ernst nehmen will.

Ich bin auf die Entscheidung aus dem Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts am Dienstsitz „Waldstadt“ in der Rintheimer Querallee 11, 76131 Karlsruhe, gespannt.

 

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3 Antworten auf Private Zwangsmaßnahmen im Maßregelvollzug

  1. 1
    fernetpunker says:

    Stehen öffentlich Bedienstete (Angestellte und Arbeiter) nicht in einem „öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis“? Warum sind „Angehörige des öffentlichen Dienstes“ iSd Art. 33 Abs. 4 GG zwingend Verbeamtete?

  2. 2
    Marco says:

    „der “finale Rettungsschuß”, den es offziell eigentlich gar nicht gibt.“

    Hmm, ich würde mal sagen, dass es den je nach Bundesland schon gibt. § 63 Abs. 2 S. 2 POG-Rh-Pf beispielsweise sieht mir durchaus nach einer offiziellen Beschreibung des „finalen Rettungsschusses“ aus.

  3. 3
    Flipflop Croc says:

    Das Aushändigen des Reichsapfels und Szepters erfolgt in Raten. Wer das Muster erkennt, weiß auch, was es heißt, dass nun private Sicherheitsfirmen die Piratenverteidigung übernehmen sollen. Ein Blick in die USA läßt Schlimmes erwarten. Die übelsten Anstalten sind -selbstverständlich – Privatbesitz, und Sicherheitsfirmen übernehmen bis in die Tiefen des Pentagons die Drecksarbeit, die man keinem Bürger erklären kann und die zutiefst zweckdienlich/unrechtmäßig sind.