In dem Beitrag „Hartz IV, nur gegen Gebühr“ hatte ich eine Nachricht aus dem Inforadio besprochen. Offenbar handelt es sich bei dieser Nachricht um eine „Ente“, zumindest aber um eine leicht falsch zu verstehende Mitteilung.
Herr Richter Dr. Marcus Howe, Pressesprecher des Sozialgerichts Berlin, wies mich mit der nachfolgend in Auszügen zitierten eMail darauf hin:
Diesem Bericht [gemeint ist der Blog-Beitrag. crh] liegt eine krasse Fehlinformation zugrunde! Die Präsidentin des Sozialgerichts Berlin hat am 11. Januar in ihrer Rede auf der Jahrespressekonferenz mitnichten eine Gerichtsgebühr für Kläger gefordert! Im Gegenteil sagt sie wörtlich: „Völlig unverständlich ist daher (nämlich angesichts einer Erfolgsquote von 50 %) wenn von Teilen der Politik ausgerechnet die hohe Zahl der Hartz IV Verfahren als Argument für die Einführung von Gerichtsgebühren ins Feld geführt wird. Deutlich wird vielmehr: Der freie Zugang zur Justiz ist wichtiger denn je…“ Sie fordert anschließend Gerichtsgebühren für die Jobcenter ! Den Volltext der Rede können Sie auf unserer Internetseite nachlesen. Den das Thema betreffenden Abschnitt finden Sie im IV. Abschnitt der Rede.
Ich zitiere zur Klar- und Richtigstellung die betreffende Passage aus der Rede der Präsidentin des Sozialgerichts Berlin, Frau Sabine Schudoma [Hervorhebungen durch crh]:
Seit Jahren hoch ist die Hartz IV-Erfolgsquote. Im Allgemeinen enden am Sozialgericht rund 2/3 der Klageverfahren ohne Erfolg für die Kläger. Nur 1/3 der Kläger erzielt zumindest einen Teilerfolg. Ganz anders bei Hartz IV: Die Hälfte der Hartz IV-Klagen ist zumindest teilweise berechtigt. Völlig unverständlich ist daher, wenn von Teilen der Politik ausgerechnet die hohe Zahl der Hartz IV-Verfahren als Argument für die Einführung von Gerichtsgebühren ins Feld geführt wird. Deutlich wird vielmehr: Der freie Zugang zur Justiz ist wichtiger denn je. Nicht die Gerichtsgebühr für Kläger, nein, die Wiedereinführung einer Gerichtsgebühr für Jobcenter könnte einen wirkungsvollen Anreiz zur außergerichtlichen Streitbeilegung schaffen! Noch bis zum Juli 2006 mussten die Jobcenter – wie andere beispielsweise Rentenversicherungsträger und Krankenkassen auch – für jedes Sozialgerichtsverfahren, an dem sie beteiligt waren, eine pauschale Gerichtsgebühr entrichten – immerhin 150 Euro. Es verwundert, dass sich gerade die Behörde mit den höchsten Klagezahlen nicht mehr an den Kosten beteiligen muss.
Es hat sich gezeigt, daß es auch (und gerade?) für einen Blogger notwendig ist, sich nicht blind auf Nachrichten der konventionellen Medien zu verlassen.
Ich entschuldige mich bei der Präsidentin für meine ungeprüfte Weiterverbreitung dieser Falschmeldung.
Im übrigen weise ich hin auf den Kommentar von lawdwarf zu dem kritisierten Beitrag und meine Erwiderung, jeweils vom 12.01.2011.
Danke für die Richtigstellung!
Es gehört Mut dazu Fehler einzugestehen, evtl. wäre ein Hinweis im Beitrag sinnvoll (nur so als Idee).
@Autofahrer:
Danke, erledigt.
Das alte Problem: Medien und Juristerei – da ist immer höchste Vorsicht geboten.
Sehr guter Beitrag!
Genau, alles in Ordnung, jeder Beteiligte hat sich völlig korrekt verhalten und aus Allgemeinmedien Fehlinformationen zu juristischen Themen aufzusitzen, passiert leider jedem ständig – nur die Ausrufezeichendichte des Kollegen Howe irritiert mich persönlich extrem. Ist das Übungssache, nimmt die Kundschaft anders markierte Aussagen gar nicht mehr war, oder was ist da los?
Inhaltlich ergab sich die eigentliche Forderung nach Gerichtsgebühren für die Jobcenter ja schon aus den Kommentaren zum ursprünglichen Beitrag. Trotzdem ist es gut, wenn die Sache noch mal ganz, ganz dolle ausdrücklich, quasi idiotensicher ;-), richtig gestellt wird.
Das eigentliche Problem ist, dass es so gut wie überhaupt keine Journalisten gibt, die wenigstens juristischen Grundkenntnisse besitzen. Daher kann man sich auf die meisten Medien in juristischen Fragen leider nicht verlassen.
Kleines Detail am Rande zu diesem Artikel: Richter AM SOZIALGERICHT Howe. Ist ja kein Proberichter mehr :-)
[…] Man könnte jetzt den Behörden die Schuld zuweisen. Sollte also eine Gerichtsgebühr gewissermaßen zur Disziplinierung der Behörden eingeführt werden, wie etwa hier angesprochen? […]
Die Präsidentin des eine Stufe höheren Gerichts hat den gleichen sinnvollen Vorschlag:
http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,739672,00.html