Wahlkampf in Neukölln

In Kürze wird gewählt. Das Wahlvolk in Berlin, und damit auch in Neukölln, ist aufgerufen seine Vertreter ins Amt zu wählen. Einer der Kandidaten ist Neuköllns Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky, Mitglied der SPD.

Es ist unbestritten, daß Buschkowski für den Bezirk mit dem Proleten-Image eine Menge guter Dienste geleistet hat. Sympathisch an ihm waren auch seine stets deutlichen Worte, mit denen er die Zu- und Umstände in Neukölln beschrieb.

Nun aber scheint er den Bogen reichlich überspannt zu haben. In einer Bußgeldsache hatte das Amtsgericht Tiergarten die Einstellung des Verfahrens verfügt. Es ging um einen Bußgeldbescheid, der gegen einen Gastwirt erlassen wurde; das Ordnungsamt warf ihm vor, Jugendlichen verbotenerweise Alkohol ausgeschenkt zu haben.

Buschkowski, der die Verfahrensakten nicht kennt und auch sonst nicht an dem Verfahren beteiligt war, reklamierte diese Einstellung als falsch. Soweit, so gerade noch in Ordnung.

Dann schrieb Buschkowski aber auch noch einen Kommentar für die BILD. Exakt auf dem Niveau dieses Blatts. Er Bezeichnete den Richter – wenn auch indirekt – als einen Schwachmaten, low performer, und kritisierte gleich in einem Rundumschlag die „Schlafmützenjustiz“.

Kritik an einer gerichtlichen Entscheidung ist eine Sache, persönliche Diffamierung von Richtern durch Politiker eine andere.

Politiker wie Buschkowski sollten ihre eigenen Grenzen kennen, damit sie andere von der Qualität ihrer Leistung überzeugen können. Diese Grenzen hat der Dicke aus Neukölln deutlich überschritten.

Hintergrund: Tagesspiegel

Danke an HU für den Hinweis.

Update:
Die Pressemeldung der Präsidentin des Kammergerichts liefert die Fakten, die zu der – zutreffenden – Entscheidung des Amtsgerichts geführt haben.  Es ist zu hoffen, daß Herr Buschkowski in seinem Wahlkampf Zeit gefunden hat, die Hintergründe des Entscheidung wenigstens im Nachhinein zur Kenntnis zu nehmen und über sein eigenes Verhalten nachzudenken.

 

Dieser Beitrag wurde unter Justiz, Kreuzberg, Politisches veröffentlicht.

7 Antworten auf Wahlkampf in Neukölln

  1. 1
    Pascal says:

    Wundert mich, dass es bisher so ruhig im juristischen Blätterwald war…
    Das lustige ist ja, dass er und seine Freunde schon seit 1989 an der Macht sind – in Neukölln wie auch in der Stadt.
    Die Schelte fällt also zwangsläufig auch auf ihn zurück.

  2. 2
    Andi says:

    @pascal

    Ich bezweifle, dass Buschkowsky und z.B. Wowereit oder die Berliner Justizsenatorin v.d.Aue Freunde sind.

    (Höchstens im Sinne von „Freund-Feind-Parteifreund“)

  3. 3
    Bernhard says:

    Noch lustiger wird das ganze, wenn ein Bericht des TSP stimmt, dass die Ordnungsamtsmitarbeiter zwar geladen wurden, in der Verhandlung aber nicht aufgetaucht sind und deshalb das Verfahren eingestellt wurde…

  4. 4
    JJPreston says:

    Ich bin mir nicht mal ganz sicher, ob ein Bezirksbürgermeister, also ein Amtsträger, sich überhaupt ohne Kenntnis der Sachlage oder Entscheidungsgründe – vulgo: ohne Ahnung von irgendwas – zu so einer Entscheidung äußern sollte.

    Immerhin drängt sich mir dabei auf, dass Herr Buschkowski lediglich politisch opportune Gerichtsentscheidungen zu akzeptieren bereit ist und die Richterschaft damit auffordert, sachfremd und eben politisch opportun zu urteilen. So etwas möge man sich mal im Strafrecht vorstellen, wenn sich Rostock-Lichtenhagen, Mölln oder Solingen wiederholen sollte…

    ’s wird schon ein bisschen dunkler in Deutschland…

  5. 5
    Ms Brisby says:

    Ohhhh, Glashaus! Ich höre es gerade scheppern…Ein Kommentator, der sachlich die Unsachlichkeit eines Politikers anprangert, hätte sich den „Dicken“ im letzten Satz besser verkniffen. Niveauvoll ist anders, oder?

  6. 6
    Pascal says:

    Buschi selbst lässt Wowereit Tshirts mit seinem Gesicht und der Aufschrift „The big Buschkowsky“ (engl, Übersetzung: Der dicke Buschkowsky) spazierentragen. Was soll an „der Dicke“ dann falsch sein?

  7. 7

    […] Keine Ahnung von nichts, aber den Hafen aufreißen. So kennen wir manchen Politiker in diesem Zeiten: Es ist ja schließlich Wahlkampf in Neukölln. […]