Monatsarchive: März 2012

Denkpause in einer perfekten Welt

O que conta é a capacidade de poder improvisat com os meios ao alcance (*).

Danke an Ralfinho, Romeiras, für Bild und Text.


(*)= Was zählt, ist die Fähigkeit, mit verfügbaren Mitteln zu improvisieren.

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Ich habe eine Mandatsanfrage erhalten

Ein Angebot zum Einführungspreis: eMail-Werbung für ein „neues Anfragensystem zur Mandantengewinnung“. Man verspricht mir, ich gewinne spürbar neue Mandate und mache somit meinen Werbeerfolg transparent und messbar.

Und dann bekomme ich auch gleich zwei Lockangebote, damit ich mich einlogge.

Aus dem Bereich Kapitalstrafsachen:

Versuch von Tötung gegen mein Leben, am 18.01.2012 und am 3.2.2012; durch Stalker (Erbschleicher) und Personen, die aktiv Sachschäden durchführen an meinem Haus und Grundstück. Ich war bewusstlos, bin zum Glück so gefallen, dass ich nicht gestorben bin, jedoch noch Beschwerden vorhanden.

Und hier dann noch eine Anfrage zum Thema Vermögensdelikte:

mein partner hat mit absprache sein teures bett, wäscheständer,arbeitsklamotten, musikboxen und anziehsachen bei ein bekannten im keller untergebracht. Der bekannte möchte ihm die sachen nicht wieder geben und behauptet er habe sie nicht mehr. Wegen persönliche diferenzen weigert er sich. Meine frage was kann ich tun um meine sachen zu bekommen??

Mitmachen lohnt!

Zudem verlosen wir unter den ersten 100 Anmeldungen 10 nagelneue iPad 2.

Was fehlt noch? Klar, der Disclaimer:

Sie erhalten diese E-Mail weil sie als Rechtsanwalt angemeldet sind. Falls Sie in Zukunft keine Mandatsanfragen mehr per E-Mail erhalten möchten, können Sie hier klicken um sich abzumelden.

Yep!

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Verhinderung einer Hausdurchsuchung

Wenn es morgens früh gegen halb sieben an der Haustür klingelt, ist es zu spät. Dann läßt sich die Wohnungsdurchsuchung kaum noch verhindern. Hilfreich ist dann nur noch der Anruf bei einem Verteidiger.

Solche Überraschungsbesuche lassen sich aber in Einzelfällen schon einmal vorhersehen. Beispielsweise dann, wenn dem Beschuldigten bereits mitgeteilt wurde, daß ein Strafverfahren geführt und gegen ihn ermittelt wird. Oder er das aus anderen Quellen erfahren hat.

Es stellt sich dann die Frage, ob es möglich ist, die Durchsuchung von Wohn- und/oder Geschäftsräumen zu verhindern. Ja; grundsätzlich sollte es funktionieren.

Ein solcher Eingriff ins das Privatleben des Bürgers steht unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Wenn von vornherein klar ist, daß die Durchsuchungsmaßnahme keinen Erfolg haben wird, darf sie nicht angeordnet werden. Nur mal so zum Spaß in der Unterwäsche herumwühlen, dürfen auch Polizeibeamte nicht.

In geeigneten Fällen kann der Verteidiger mit dem Schreiben, in dem er die Übernahme der Verteidigung anzeigt und Akteneinsicht beantragt, schlicht mitteilen, daß er seinen Mandanten über die Möglichkeit einer Wohnungsdurchsuchung hingewiesen hat. Denkbar ist auch die höfliche Bitte an die Ermittlungsbehörde, dem Mandanten nach Beginn der Durchsuchungsmaßnahme zu ermöglichen, seinen Verteidiger anzurufen. Wenn der Verteidiger selbstbewußt auftreten möchte, ist der Hinweis auf die Kenntnis des Mandanten über seine Rechte im Falle einer Durchsuchungsmaßnahme der richtige Weg.

Wenn dann der Staatsanwalt vermutet, daß der zu Durchsuchende etwas mehr als 10 Gramm Hirn hat, wird er wohl zur Einsicht gelangen, daß er beim morgendlichen Besuch voraussichtlich keine Cannabispflanzen mehr antreffen wird. Und dann läßt es es (hoffentlich) bleiben.

Ich kann aus naheliegenden Gründen keine Statistik über die Erfolge unserer präventiven Textbausteine in solchen Fällen vorweisen. Aber ich möchte meinen Hut darauf verwetten, daß wir sicherlich nicht nur einmal die Verwendung der polizeilichen Textbausteine („Die Wohnung machte einen sauberen und aufgeräumten Eindruck.„) verhindert haben.

Deswegen frage ich mich auch seit Freitag: Womit – bitteschön – hat die Staatsanwaltschaft bei Herrn Wulff noch gerechnet?

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Kautionsstellung durch Dritte

Von einer „hinterhältigen Kaution“ hatte Rechtsanwalt Tobias Glienke in der vergangenen Woche berichtet. Zu diesem Thema hat sich das Kammergericht nun wieder einmal geäußert:

Die von einem Dritten gestellte Kaution ist als ein geeignetes Hilfssurrogat […] anzusehen, wenn aufgrund der Persönlichkeit des Angeschuldigten und seinen Beziehungen zu dem Sicherungsgeber davon ausgegangen werden kann, er werde diesem nicht durch den Verfall der Sicherheit schaden wollen und die Summe nach dem Vermögen des Leistenden in einer Höhe festgesetzt ist, die der Angeschuldigte nicht als ein Freundschaftsgeschenk ansehen kann.

Kammergericht, Beschluß vom 01.03.2012, 4 Ws 22/12

Vor dem Hintergrund der Aufrechnungslage bei der Stellung der Kaution durch den Angeschuldigten selbst, sollte der Verteidiger diese grundsätzlich zulässige Variante der Kautionsstellung also stets in Erwägung ziehen und mit dem Gericht erörtern.

Gegebenenfalls muß eben auch die Höhe der Kaution entsprechend angepaßt werden. Denn auch in vermögenden Kreisen hört beim Geld irgendwann die Freundschaft auf.

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Rauschgift für alle

Durch den Genuß von Rauschgift ist schon viel Not und Elend entstanden. Schuld daran waren bekanntlich die total überhöhten Rauschgiftpreise. So wurde jeder unbemittelte Süchtige stets rasch in den finanziellen Ruin getrieben … Um den völlig überhöhten Rauschgiftpreisen entgegen zu wirken, wurde mit Zuschüssen der Bundesregierung ein ebenso schädliches wie preiswertes Rauschgift entwickelt, dass sich jedermann leisten kann …

Zu meiner Zeit …

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Phishing im Nahfeld

Martin Berk  / pixelio.dePhishing hat zum Ziel, eine fremde Identität für eigene Zwecke zu nutzen. Unter „Identität“ verstehen die Bewohner der digitalen Unterwelt beispielsweise Zugangsdaten zum Onlinebanking oder Kreditkartendaten. Ausgestattet mit diesen Informationen ist es recht einfach, steuerfrei an fremder Leute Geld zu gelangen.

Die Aufgabe, die zu lösen ist, besteht darin, den Internet-Nutzer zur Bekanntgabe dieser sensiblen Daten zu bewegen. Wenig phantasievolle Phisher schreiben eine eMail, in der sie höflich um die Mitteilung von PIN und TAN bitten. Spannender wird es, wenn per Trojaner die Daten „abgehört“ werden. Eigentlich leicht erkennbar sind die Versuche, diese Daten auf gefakten Seiten abzufragen. Zu den professionellen Lösungen zählen Man-in-the-Middle-Angriffe, Spear-Phishing, Whaling oder Pharming.

Nutzer von Mobil-Geräten sind die neuen Zielgruppen, für die beispielsweise das phone phishing oder das SMiShing entwickelt wurden.

Das Neueste auf dem Gebiet mobile computing ist das Phishing per NFC (Near Field Communication). Darüber berichtete gestern heise online.

Der Angreifer bringt einfach ein modifiziertes NFC-Tag auf einem legitimen Träger wie einem Werbeposter auf. Im Fall der Live-Demo verwendeten die Forscher einen Spendenaufruf des Roten Kreuzes, wie er in verschiedenen europäischen Städten an Bushaltestellen zu sehen war.

Das reguläre NFC-Tag des Posters leitete den Browser auf die Spenden-Website des Roten Kreuzes weiter, damit dort die Daten des Spenders erfasst werden können. Das modifizierte zweite Tag leitete den Smartphone-Browser jedoch zu einer Phishing-Site um, die vorgab, zum Roten Kreuz zu gehören.

Das Böse ist immer und überall. Auch an Bushaltestellen.

Bild: Martin Berk / pixelio.de

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Schwere Verantwortung

Bei Verurteilungen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wiegt in Anbetracht der außerordentlichen Gefährdung, die derartige Taten für das Leben und die Gesundheit Dritter mit sich bringen, die Verantwortung, die die Vollstreckungsgerichte mit einer vorzeitigen Haftentlassung des Täters auf sich nehmen, besonders schwer.

Kammergericht, Beschluß vom 01.03.2012, 4 Ws 22/12

Mit anderen Worten: Drogenhändler sollten besser nicht mit einer vorzeitigen Haftentlassung nach § 57 StGB (Zweidrittel- oder Halbstrafe) rechnen.

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Widerruf der Würde

Die Zahl der Spielregeln, nach denen ein Strafprozeß abläuft, geht gegen unendlich. Wichtig ist selbstredend das geschriebene Recht, zentral ist hier die Strafprozeßordnung (StPO) zu nennen. Daneben gibt es aber auch reichlich ungeschriebenes Recht. Gegenseitiges Vertrauen und Zuverlässigkeit sind an dieser Stelle von Bedeutung. Wie man mit diesen Regeln nicht umgehen sollte, zeigt eine Richterin am Amtsgericht in einer vernachlässigten Kleinstadt im Lande Brandenburg.

Wilhelm Brause hat eine bewegte Vergangenheit und zwei offene Bewährungen. Nichts Besonderes eigentlich. Abgeschlossene Ausbildung (obwohl es kein Elternhaus gab), keinen Job (weil es in dem Kaff keine Jobs gibt), Alkohol (weil es den dort reichlich gibt), Ladendiebstähle und auch ein kleiner Betrug, lautet die verkürzte Vita.

Die letzte Sache war ein Diebstahl mit einem „Beutewert von 27,44 € und von 11,16 €“. Dafür hatte er sich 8 Monate bedingte Freiheitsstrafe eingefangen, fünf Jahre Bewährungszeit, 150 Arbeitsstunden und einen Bewährungshelfer. Das war 2008.

Dann gab es ein Ereignis für Wilhelm Brause, das auch einen gestandenen Mann aus den Pantoffeln gehauen hätte. In dessen Folge eine Fehlentscheidung und einen weiteren Diebstahl:

In der Verhandlung vor dem besagten Amtsgericht ist es mir gelungen, die Staatsanwältin milde zu stimmen. Eine erneute Bewährungsstrafe hätte sie durchgehen lassen. Die Richterin hatte andere Vorstellungen. Brause bekam 3 Monate ohne Bewährung.

Es war abgesprochen, daß ich Berufung einlege und die Richterin sich – in den Grenzen des geschriebenen Rechts – alle Zeit der Welt nimmt, bis das Urteil ausgefertigt ist und bis die Akte dann zum Landgericht geschickt werden soll. Die Zeit, bis dann ein Termin zur Berufungsverhandlung festgesetzt werden kann, solle Brause als Vorbewährungszeit nutzen. Mit nur wenig Glück bekommt er dann vom Landgericht die begehrte Strafaussetzung zur Bewährung.

Brause nutzt die Zeit. Er hält Kontakt zur Bewährungshilfe, erledigt die 150 Arbeitsstunden, findet eine solide Arbeit, hat eine Partnerin, mit ihr ein Kind und lebt in gut bürgerlichen Verhältnissen. Der Termin vor dem Landgericht steht an.

Dann bekommt Brause Post. Von dieser Richterin, die ihm eine Chance beim Berufungsgericht versprochen hatte.

Sie widerruft die Strafaussetzung der Vorstrafe!

Das ist legal. Das darf sie. Sie verstößt nicht gegen geschriebenes Recht. Aber sie bricht Versprechen, mißbraucht Vertrauen und erweist sich als unzuverlässig. Und damit als unwürdig für den Job, den sie macht. Meine Achtung hat sie verloren.

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Hinterhältige Kaution?

Dem Mandanten droht eine längere Haftstrafe und er sitzt in Untersuchungshaft. Die Verhältnisse sind nicht vermögend, aber familiär gesichert. Im Rahmen der Haftprüfung erreicht der Verteidiger, dass der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt werden soll, wenn eine Kaution in Höhe von 7.000 Euro gestellt wird.

Die Familie legt zusammen und der Verteidiger teilt dem Gericht mit: Die Geldmittel sind verfügbar. Darauf beschließt das Gericht u.a.:

Der Vollzug des Haftbefehls vom 25.2.2011 wird ausgesetzt, wenn der Angeklagte eine Kaution in Höhe von 7.000 Euro hinterlegt.

An dieser Stelle lauert eine böse Falle … für den Verteidiger.

Wenn der Verteidiger nun die Kaution nun auf den Namen des Mandanten hinterlegt, zählt das Geld zu dessen Vermögen. Im Falle einer späteren Verurteilung wird dann die Kautionssumme mit den Verfahrenskosten, die der Verurteilte zu tragen hat, schlicht verrechnet. Das bedeutet: Die Kaution bleibt in der Justizkasse, obwohl der Angeklagte sich an die Auflagen des Haftbefehls gehalten hat und nicht weggelaufen ist. Die Familie sieht keinen Cent der mühsam zusammengekratzten Summe wieder. Jedenfalls nicht aus der Justizkasse.

Es ist anzunehmen, daß das Gericht bei der Abfassung des Haftverschonungsbeschlusses Kenntnis von dieser Rechtslage hat. Der Gedanke liegt nahe, daß auf diesem Wege versucht wird, die Familie des Angeklagten mit den Verfahrenskosten zu belasten. Nach dem Motto: Was wir haben, das haben wir.

Verhindern kann der Verteidiger das, in dem er die Kaution ausdrücklich auf den Namen eines Familienangehörigen einzahlt, nicht jedoch auf den Namen seines Mandanten. Der Sicherungszweck wird dann in gleichem Maße erfüllt. Der Zweck einer Kaution ist die Sicherstellung des Strafverfahrens, nicht die der Verfahrenskosten.

Übersieht der Verteidiger dieses Problem, wird es vermutlich zu seinem eigenen.

… berichtete der vorsichtige Strafverteidiger Tobias Glienke

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