Monatsarchive: August 2012

Selbstverteidigung auf legaler Bühne

Die Legal Tribune ONLINE, genauer: Constantin Baron van Lijnden weist freundlich hin auf „juristische Basics per E-Mail-Kurs vom Anwalt„. Er bemüht dazu einen Sponti-Spruch, der in bewegten Zeiten die Welt verändern sollte und auch heute noch – auf jeden Fall im Zusammenhang mit Bußgeldbescheiden – seine uneingeschränkte Richtigkeit hat: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt.

Van Lijnden beschreibt einmal mehr unseren kostenlosen eMail-Kurs zur Selbstverteidigung in Bußgeldsachen.

Nachdem der Kurs nun bereits mehrfach in den (professionellen) Medien erwähnt wurde, fehlt jetzt noch das Zitat durch ein Oberlandesgericht in einer Rechtsbeschwerdeentscheidung. Schade, daß Herr Burhoff – als Richter – außer Dienst ist. ;-)

Besten Dank, Herr van Lijnden.

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Keine Terminsverlegung? Richter befangen!

Wo gehobelt wird fallen Späne. Wir haben einen Gerichtstermin für den falschen Tag notiert. Etwa eine Woche vor dem Termin, also noch rechtzeitig, ist dieser Fehler bemerkt worden. Unser Problem bestand nun darin, dass der Verteidiger an dem eigentlichen Terminstag an einem anderen (auswärtigen) Gericht zu verteidigen hatte.

Das Haupt voller Asche stellten wir einen kleinlauten Verlegungsantrag, der durch das Gericht barsch ohne Begründung abgelehnt wird. Auch nach nochmaligem ausdrücklichen Wunsch erhielten wir keine Begründung dafür, warum keine Verlegung erfolgt, um die Kollision zu beheben.

Ein Gericht, das sich so verhält, ist befangen, stellte das AG Brandenburg mit Beschluß vom 21.08.2012 auf unser Ablehnungsgesuch hin fest:

Ein derartiger Grund (der Befangenheit) liegt hier darin, dass die Richterin den begründeten Terminsverlegungsantrag der Verteidigung zurückgewiesen hat, ohne dies zu begründen und dadurch den Eindruck erweckt hat, sie würde ohne Berücksichtigung der Belange des Betroffenen zu dessen Lasten und damit einseitig zugunsten der raschen Beendigung des Verfahrens entscheiden.

Denn:

Es kann offen bleiben, ob einem derartigen Verlegungsantrag stattzugeben ist. Jedenfalls erscheint der Verlegungsantrag derart begründet, dass unter den Grundsatz des fairen Verfahrens fur seine Ablehnung wenigstens ein kurzes Stichwort als Begründung erwartet werden konnte, zumal ansonsten die Ausübung des richterlichen Ermessens auch nicht ansatzweise nachvollzogen oder gar überprüft werden konnte. So konnte der Eindruck entstehen, dass die Richterin ohne nähere Prüfung und Abwägung den Termin in jedem Fall halten wollte.

Und:

Verstärkt wurde dieser Eindruck noch dadurch, dass die Richterin auf die ausdrückliche Bitte um einen begründeten und rechtsmittelfahigen Beschluss die Begründung bis zur Terminsstunde nicht nachgeholt hat.

Fehler machen wir alle. Auch Strafverteidiger und deren Mitarbeiterinnen. Aber der Mandant ist nicht derjenige, der Fehler seines Verteidigers ausbaden soll. Das ist guter Brauch. Wenigstens hätte die Richterin mitteilen sollen, warum sie sich über diese sinnvolle Regelung hinweg setzen wollte.

Schade, denn ansonsten sind wir aus Brandenburg freundlichere und stets faire Entscheidungen gewohnt.

… bedauert Rechtsanwalt Tobias Glienke.

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Fünf gegen einen

Aus einem Polizeibericht:

Über Funk erhielten wir den Auftrag „Schlägerei, mehrere Personen“. Mein Kollege PK B*** und ich, fuhren daraufhin mit freigegebenen Sonderrechten zum u.g. Ort. Dort (zeitgleich mit dem EWA 11/7) angekommen stellte sich die Situation für uns so dar: Der Besch. befand sich auf dem Gehweg in einem Handgemenge mit einer männlichen Person. Beim Heraneilen an die beiden Personen schrie die andere männliche Person, dass der hier geführte Besch. ein Messer hat.

Daraufhin ergriffen PK B*** und ich die Oberarme des Besch. Dieser versuchte sich durch Herumschlagen der Arme und massiven Einsetzen seines stämmigen Körpers Herauszudrehen.

Plötzlich umfaßte der Besch. mein Mehrzweckstock und wollte diesen aus dem Holster ziehen. Aufgrund dessen schlug ich dem Besch. mit der rechten Faust in die linke Seite seines Oberkörpers. Gleichzeitig setzte der PK *** eine sog. FUßsichel an, um den Besch. zu Fall zu bringen.

Zusammen mit den Beamten POK H*** und POM A*** brachten wir den Besch. zu Boden.

Hier wurde dem Besch. durch POK H*** die Handfessel angelegt. Selbst hier versuchte der Besch. sich anfangs noch Herauszudrehen. PK B***, POM A*** und ich hielten den Besch. so lange auf dem Boden fest. Danach wurde er in eine Sitzposition, bis zum Eintreffen des GeTrKw, verbracht.

Anlaß dieser Aktion war eine erregte … naja Besprechung konnte man es nicht mehr nennen …. in einer Eckkneipe; der „Besch.“ hatte sich also schon ein wenig warm gelaufen. Nur mal so zu Ehrenrettung der vier engagierten Polizeibeamten.

Zwei Tage später wurde der Besch. dann auch aus dem Krankenhaus entlassen und sechs Wochen später waren seine Rippenbrüche weitestgehend ausgeheilt.

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An die Creditreform: Persönlich – Vertraulich

Die Creditreform schreibt mir einen persönlichen – vertraulichen Brief. Per Fax:

Schönen Dank auch für Ihre Diskretion!

Ich glaube, daß ich mit meinem unguten Gefühl nicht ganz falsch liege und diesem Inkassounternehmen zu Recht untersage, unter anderem meine Privatanschrift zu speichern, die sich diese Datenkrake aus welchen dunklen Kanälen auch immer „besorgt“ hat.

Weiß der Teufel, an wen die Creditreform sonst noch Informationen auf „vertraulichem“ Wege verbreitet.

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Erpressung durch Rechtsanwälte?

In den meisten Zivilsachen werden Rechtsanwälte von ihren Mandanten beauftragt, Geldforderungen bei einem unwilligen Gegner durchzusetzen. Geht es mal nicht um eine Geldforderung, spielen die Rechtsanwaltskosten eine Rolle.

So oder so, es geht ums Geld.

Erste Stufe:
Nun fordert der Anwalt den Gegner auf zu zahlen. Da auch unter Anwälten bekannt ist, daß „Bezahlen“ irgendwie in der Nähe einer Amputation liegt, machen sie Druck: „Wenn Du nicht zahlst, verklage ich Dich eben.“ Es wird mit der Kostenkeule gedroht: Verlorene Prozesse führen zu noch größeren Amputationen.

Zweite Stufe:
In ausgewählten Fällen droht der verhinderte Zahlungsempfänger gern auch mal mit einer Strafanzeige. „Ich zeige Dich an, wenn Du nicht zahlst; denn Du hast mich/meinen Mandanten betrogen!“ Hier bewegt sich der Rechtsanwalt schon auf glitschigem Boden. Es gibt vereinzelt Ansichten, die das schon als eine strafbare Nötigung beziehungsweise Erpressung betrachten. In der Regel ist eine solche Drohung mit einer Strafanzeige aber gerade noch so eben im grünen Bereich.

Dritte Stufe:
Eher auf der Kante einer Rasierklinge ist die Drohung mit auslegungsbedürftigen Formulierungen und Ankündigungen, bestimmte Informationen im Internet zu veröffentlichen. Dazu hatte sich Anfang des Jahres das Kammergericht bereits ausgelassen.

Absprung:
Noch ein Stückchen weiter bewegt sich meiner Ansicht nach das Verhalten einer Rechtsanwaltskanzlei, die den Gegnern in völlig verschwurbeltem Juristendeutsch „mitteilt“, voraussichtlich ab dem 01.09.2012 eine Liste von

Gegnern aus offenen und anhängigen Mandatsverhältnissen, gegen die uns Mandat erteilt wurde oder Mandat erteilt ist zur außergerichtlichen oder gerichtlichen Tätigkeit

ins Netz zu stellen.

Für sich genommen, könnte man meinen, daß gehe noch in Ordnung. Wenn man aber der Gegner ist und die Rechtsanwaltskanzlei beziehungsweise deren Auftraggeber öffentlich behaupten, man hätte sich unerlaubt Pornofilme runtergeholtgeladen, könnte bereits der angedrohte Pranger durchaus zu einem Mandat bei einem Strafverteidiger führen.

Welche zivilrechtlichen Konsequenzen dieser unwürdige Auftritt der verhinderten Bayern haben kann, beschreibt Udo Vetter im Lawblog.

Bild: w.r.wagner / pixelio.de
Zitat: URMANN + COLLEGEN Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

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Attacke auf Steuerfahnder

Ja, Steuern sind wichtig. Deswegen ist Besteuerung notwendig. Und Steuerhinterziehung ist (meistens) zu Recht verboten. Soweit der Kopf mit seiner Vernunft.

Trotzdem liest man den Bericht des Spiegels über wütende Griechen, die ein paar Steuerfahnder attackieren und einen halben Tag lang auf einer kleinen Insel festsetzen, mit großem Interesse.

Bild: Beek100 via Wikipedia

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Mizaru, Kikazaru und Iwazaru statt Richter

Zeugen müssen vor ihrer gerichtlichen Vernehmung belehrt – „zur Wahrheit ermahnt“ – werden, so will es § 57 StPO. In der Regel erfolgt diese Belehrung durch den Vorsitzenden Richter, sobald die Zeugen nach Aufruf der Sache im Saal erschienen sind.

Beim Amtsgericht Tiergarten mit seiner Filiale in der Kirchstraße hat man die Richter von dieser Aufgabe entlastet. Die Zeugen werden bereits im Wartebereich vor dem Gerichtssaal belehrt.

Und weil Berlin eine multikulturelle Stadt ist, in der viele verschiedene Sprachen gesprochen werden, hat die Verwaltung schlicht ein Bild aufgehängt, das die Zeugen auf das Wesentliche hinweist:

Es ist erfreulich, wenn die Moabiter Justiz sich nun auf bewährte buddhistische Grundsätze besinnt:

Nichts Böses sehen, nichts Böses hören, nichts Böses sagen.

Dann gibt es auch keine bösen Urteile mehr.

Künstlerin: Anni Schroeder / Fotos: Herr Dr. Jocko

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Qualitätsjournalismus, oder?

Der Tagesspiegel erteilt Rechtsrat:

„Wer ein gestohlenes Fahrrad kauft, macht sich der Hehlerei strafbar“, heißt es bei der Polizei, auch wenn man nicht gewusst habe, dass das Rad geklaut war. Die Polizei ermittele in jedem Fall – von Amts wegen. „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.“

Das ist natürlich dummes Zeug, das die Journalistin dort schreibt (das „warum“ wird einer der jurastudentischen Kommentatoren sicherlich noch breiter ausführen). Aber auch dafür gibt es mehrere Erklärungen: Sie (die Journalistin) hat es (das dumme Zeug) sich selbst ausgedacht. Oder aber – und das kann ich auch nicht ausschließen – die Polizei hat dummes Zeug erzählt. Aber es hindert niemand einen Reporter daran, sauber recherchieren, auch wenn die Polizei etwas erzählt. Das sind Wachtmeister und keine Rechtsgelehrten.

Also: Doch, Unwissenheit schützt hier vor Strafe! Wenn der Käufer nämlich nicht weiß und auch nicht wissen konnte, daß das Rad geklaut wurde, macht er sich eben nicht strafbar. Auch dann nicht, wenn die Polizei ermittelt. Ermittlungen sind keine Urteile.

Nicht wissen konnte …“ – das ist in der Praxis einer Strafverteidigung bei einem Hehlereivorwurf das stets diskutierte Problem.

Wer ein gut gepflegtes und 10 kg leichtes Mountainbike mit Carbon-Rahmen auf der Kottbuser Brücke für 50 Euro kauft, dem wird unterstellt, daß es es hätte wissen müssen. Solche Räder kosten neu hoch vierstellig, die bekommt man auch in 100 Jahren gebraucht nicht legal für 50 Euro.

Aber eine rostige Gurke mit Torpedo-Dreigang, Rücktritt und 2 gebrochenen Speichen über eBay für 50 Euro zu ersteigern? Warum muß der Ersteigerer damit rechnen, daß das Ding dem Verkäufer nicht gehört? Klar kann das Diebesgut sein. Genauso wie jedes der Millionen anderer Teile, die über eBay gebraucht verkauft werden. Muß aber nicht.

Es kommt also immer auf den Einzelfall und die konkreten Umstände an, ob der polizeiliche Blick in die Kristallkugel zum zutreffenden Hehlereivorwurf führt oder nicht. Die pauschale Behauptung, daß jeder, der ein geklautes Fahrrad kauft, sich strafbar macht, ist genauso falsch, wie die Annahme, daß alles, was in der Zeitung steht, auch zutreffend ist.

Für die Recherche, liebe Frau Jahberg:
Die Hehlerei ist in § 259 StGB geregelt, die Nicht-Strafbarkeit trotz Diebesgut in §§ 15, 16 I StGB.

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Keinen Punkt, koste es was es wolle

Dem Mandanten wurde vorgeworfen, innerhalb geschlossener Ortschaften 21 km/h zu schnell gefahren zu sein. Das führte zu einem Bußgeldbescheid, der tarifgemäß einen Betrag von 103,50 Euro auswarf.

Das Problem war nicht das Geld, sondern bestand in dem einen Flens, das nicht die erste Eintragung im Verkehrszentralregister sein sollte. Das Verteidigungsstrategie stand also fest: Keinen neuen Punkt in Flensburg, solange nicht wenigstens ein paar der Vortragungen zumindest tilgungsreif sind. Das geht nicht mehr mit unserem kostenlosen Selbstverteidigungskurs, sondern nur mit geballter anwaltlicher Kompetenz.

Aber es war nicht der Verteidiger allein, der das erwünschte Ziel erreicht hatte: In dieser Bußgeldsache war ein Sachverständiger erforderlich. Denn ein Strafrichter glaubt einem Strafverteidiger auch dann kaum ein Wort, wenn der Rechtsanwalt exakt dasselbe (vorher-)sagt, was der Sachverständige dann später in der Beweisaufnahme als Gutachten liefert.

Egal, der Mandant war glücklich, daß alle drei sich einig waren und das Ergebnis paßte – 35 Euro Bußgeld, keine neuen Punkte. Die Stimmung wurde aber kurz eingetrübt, als dann ein paar Wochen später die Kostenrechnung der Gerichtskasse beim Mandanten eintraf:

Gut 900 Euro hat der Kampf ums Recht um die Fahrerlaubnis gekostet. Dazu kommen dann noch die Kosten der Verteidigung in vergleichbarer Höhe.

Der Mandant hat nochmal Glück – in Gestalt eines Rechtsschutzversicherers, der die Zusage erteilt hatte, diese Kosten zu übernehmen.

Rechtsstaat funktioniert eben nicht ohne Geld. Entweder eigenes, oder eben das einer Versicherungsgesellschaft, die es von ihren Versicherungsnehmern kassiert.

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Feiger Verteidiger

Mein Brief an den Mandanten ist ja nun gar nicht gut angekommen. Ich hatte ihm geschrieben, daß ich für eine Handvoll Euros keine Straftat begehen möchte und auch ihm davon dringend abrate.

Leider ist es mir nicht gelungen, ihm verständlich zu machen, daß eine beim Finanzamt eingereichte gefakte Rechnung zu höchst unangenehmen Konsequenzen führen kann. Wobei die Bestrafung nur eines von mehreren empfindlichen Übeln wäre.

Als ich dann auch noch einmal das recht große Entdeckungsrisiko thematisierte, warf er mir erst Feigheit vor dem Feind vor und dann die Mandatskündigung vor die Füße.

Halbwegs zu seiner Ehrenrettung kann ich allerdings berichten, daß er quasi in Minutenschnelle die bis dahin entstandenen Kosten für die „Verteidigung im Ermittlungsverfahren“ überwiesen hat.

Und mutig war er auch. Oder wie nennt man es, wenn so ein Kandidat mich dann noch nach einer Empfehlung eines Kollegen fragt. Auch wenn es sich um eine recht umfangreiche Sache mit einem entsprechenden Umsatz gehandelt hat: Weder ich, noch die Kollegen, die ich empfehlen könnte, sind bereit, ihre Seele zu verkaufen.

Bei aller Solidarität von Strafverteidigern mit ihren Mandanten: Wenigstens in Details sollte man die beiden unterscheiden können. ;-)

Bild: knipseline / pixelio.de

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