Monatsarchive: August 2012

Lügender Sonnyboy

Gottfried Gluffke wurde in der Kleingartenkolonie festgenommen. Die Polizei fand bei ihm ein paar Tütchen Gras, die er in den Hosentaschen bei sich trug. Irgendwas so um die 25 Gramm. Also eigentlich nicht die Welt. Naja, eine Feinwaage hatte er auch noch dabei. Und ein knappes Dutzend 5-Euro-Scheine.

Bulli Bullmann, Polizeibeamter vom Typ Miami Vice für Neuköllner, hat Gluffke „gestellt“ und ihm ein paar Vorhalte gemacht. Und ihn nachts um 2 Uhr ausführlich über § 31 BtMG und § 46b StGB belehrt.

Gluffke fabuliert irgendwas von „Das Gras habe ich vor ein paar Minuten bei Wilhelm Brause gekauft„. Die Bleibe von Brause war gleich um die Ecke, so daß man dort auch sofort mal nachschauen konnte. Die Spontandurchsuchung („Gefahr im Verzug“ stand im Protokoll) führt zu … nichts.

Brause lag tiefschlafend im Bette, als Bulli „Sonny“ Bullmann und seine Mannen vom „Neukölln Vice Police Squad“ mit der Tür ins Haus fielen. Kein Krümmel Gras und auch sonst nichts, was für irgendwas reichte.

Trotzdem: Die Aussage von Gluffke reichte der Staatsanwaltschaft … und zwar zur Erhebung der Anklage gegen Brause, der schließlich ein gut gefülltes Strafregister hatte – allerdings stammt die letzte Eintragung aus dem Jahr 2005.

Zur Hauptverhandlung war Gluffke als Zeuge geladen, erschien jedoch nicht. Die Vorführung klappte auch nicht, weil kein Mensch wußte, wo er sich denn herumtrieb. Deswegen wurde der Sonnyboy als Vernehmungsbeamter geladen.

Stolz auf seinen spektakulären Fang wollte er sich natürlich den Erfolg auch nicht streitig machen lassen. Er berichtete episch von der Zuverlässigkeit des Gluffke, der schon mehrfach zutreffende Hinweise gegeben habe. Gluffke habe mehrfach erfolgreiche Aufklärungsgehilfe geleistet. Mehrfach sei er als „polizeifreundlicher“ (O-Ton Sonny!) Zeuge hilfreich gewesen.

Meine Frage nach Einzelheiten blockte er ab. Mehrfach. Darüber wolle er jetzt nicht berichten. Meine Fragen möchte er aus ermittlungstaktischen Gründen nicht beantworten.

Mein recht lautstark und stehend vorgetragener Antrag an das Gericht auf Verhängung einer Ordnungshaft gegen ihn, wenn er sich weigert, meine Fragen zu beantworten, hat ihn dann aber doch deutlich erkennbar beeindruckt. ;-)

Kleinlaut und sehr zäh beantwortete er ausweichend und schwammig von einem einzigen Verfahren („Ob es vor dem Landgericht oder vor dem Amtsgericht war, weiß ich nicht.„), in dem zwar er nicht als Ermittler unterwegs war, wohl aber sein Kollege („Nein, der ist nicht mehr bei der Berliner Polizei. Ich glaube, der ist nach Bayern umgezogen.„).

Irgendwann war jedem, aber auch jedem im Gerichtssaal klar, daß Gluffke vielleicht „polizeifreundlich“ ist, aber mehr auch nicht. Und Bullmann wohl doch nicht ein geeignetes Beweismittel.

Ich wollte dem goldkettchenbehängten Sonnengesicht noch eine (peinliche) Pause gönnen, die der Vorsitzende jedoch unterbrach und sich an mich wandte: „Haben Sie noch eine Frage, Herr Verteidiger, oder können wir den Zeugen jetzt entlassen?

Nein, Herr Vorsitzender, es reicht. Ich stelle keine Fragen mehr. Sie können den Lügner jetzt des Saales verweisen, bevor die Deckenbalken brechen.

Bullmann machte dicke Backen, schaute mich eine lange Sekunde bitterböse an, stand dann aber auf und verließ gruß- und entschädigungslos den Saal.

Ich bin mir sicher, Bulli Sonnyboy Bullmann ist zu feige für einen Strafantrag wegen Beleidigung.

Bild: Katharina Wieland Müller / pixelio.de

PS @Werner:
Das Wörtchen „dreist“ habe ich mir verkniffen. 8-)

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Freispruch in 20 Minuten

Das sind Verteidigungen, die so richtig Spaß machen:

Aufruf der Sache gestern um 10:15 Uhr. Kurz einen Polizeibeamten erschrecken und dann um 10:35 Uhr die Urteilsverkündung: Freispruch im Eilzugstempo!

Na gut, ich erklär’s: Es war der 8. Hauptverhandlungstermin in einer BtM-Sache, die Rechtsanwalt Tobias Glienke verteidigt hatte. Er war gestern verhindert, ich habe ihn vertreten.

Der Polizeibeamte war bereits mehrmals als Zeuge geladen, fehlte aber stets (entschuldigt). Er wurde aber benötigt, um ein Detail abzurunden, das die Entscheidung des Gerichts – eben diesen Freispruch – wasserdicht machen sollte. Ein Elfmeter ohne Torwart und ich wurde zum Verwandeln eingewechselt.

Die Mandantin ist mir um den Hals gefallen, obwohl ich nun am wenigsten für diesen Freispruch getan hatte. Aber: Wenn es mir nach ginge, würde jeder Tag so aussehen.

Bildquelle: Karl-Heinz Laube / pixelio.de

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Haftbefehl gegen den Finanzminister!

Jetzt scheint es wohl sogar in der Spitze unserer Bundesverwaltung angekommen zu sein. Der Handel – das heißt, sowohl der Verkauf als auch der Ankauf – mit geklauten Daten ist kriminell:

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warf seinem NRW-Kollegen vor, mit Kriminellen zusammenzuarbeiten.

schreibt heute morgen der Tagesspiegel.

Dieser Norbert Walter-Borjans, Digitalhehler und zugleich auch NRW-Finanzminister, zeigt sich von diesem Vorwurf (noch) unbeeindruckt.

Vielleicht sollten die Schweizer Strafverfolger auch insoweit mal über ein Ermittlungsverfahren nachdenken. Ein Haftbefehl (auch) wegen Wiederholungsgefahr scheint – jedenfalls nach deutscher Rechtslage – locker begründbar.

Bild: Alexander Dreher / pixelio.de

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Befangener Richter

Dem Mandanten wurde vorgeworfen, eine ziemlich unappetitliche Vergewaltigung zulasten einer professionellen Dienstleisterin begangen zu haben. Eine gynäkologische Spurensuche kam zum Ergebnis: Nichts zu sehen. Das mag daran gelegen haben, daß die angebliche Tat erst drei Tage nach dem Bordellbesuch angezeigt und untersucht wurde.

Einziges Beweismittel war also die Aussage der Frau. Das reichte dem Schöffengericht aber für die Verurteilung des nicht vorbestraften Angeklagten.

Die Hauptverhandlung in der Berufungsinstanz begann auf meine Bitte mit einem Vorgespräch zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Ich wollte den Umfang der Beweisaufnahme erörtern und über das Glaubhaftigkeitsgutachten sprechen, das das Amtsgericht für entbehrlich („eigene Sachkunde„, „ureigenste Aufgabe des Gerichts“ usw.) hielt.

Der Vorsitzende eröffnete das Rechtsgespräch mit einer Frage: „Vergewaltigung einer Prostituierten … geht das eigentlich überhaupt?

Diese Frage reichte mir, um auf das Gutachten verzichten zu können. Mir fielen dabei die Argumente des Strafrichters beim Amtsgericht ein.

Was ich nur nicht verstehe: Warum sind Staatsanwälte mit Ablehnungsgesuchen (§ 24 Abs. 3 S. 1 StPO meist so zurückhaltend? In diesem Falle hätte ich nicht viel dagegen halten können.

Es hat trotzdem noch drei Hauptverhandlungstermine gedauert, in denen reichlich illustre Zeuginnen gehört wurden; dann erfolgte aber der Freispruch und ich hatte einen sehr erleichterten Mandanten.

Bildquelle: Henning Hraban Ramm / pixelio.de

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Öffentliches Interesse, jawoll!

In einer Ermittlungsakte notiert die Polizei im Bericht nach Abschluß der Ermittlungen:

Die Frau Amtsanwältin hat aber ein öffentliches Interesse daran, daß drogenkranke, obdachlose Menschen nicht schwarzfahren. Wo kommen wir denn da hin, wenn das jeder machen wollte? Daher gehört sowas auch zackig angeklagt!

Dann schauen wir uns das doch mal in der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter genauer an. Die drei U-Bahn-Kontrolleure können dann dem psychiatrischen Sachverständigen ganz sicher von den Eindrücken erzählen, die sie vor etwa 3 Jahren von dem schwarzfahrenden Obdachlosenzeitschriftverkäufer hatten.

Denn die Verteidigung hat kein (nicht-öffentliches) Interesse daran, daß ein kranker Mann für zwei oder drei Monate weggeschlossen wird, weil er die Geldstrafe weder bezahlen, noch wegen seiner fortgeschrittenen Autoimmunkrankheit abarbeiten kann. Nur weil er sich unter dem Einfluß von Betäubungsmitteln ein paar Groschen mit dem „Verkauf“ einer zerfledderten Odachlosenzeitschrift erbetteln wollte.

Das Gesetz ist nicht gnadenlos, wie ein Blick in die §§ 153 ff StPO zeigt. Manche Strafverfolgerinnen aber schon.

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Der gefährdete Erfolg

Aus einem Polizeibericht:

Die Durchsuchungsmaßnahmen wurden wegen des Vorliegens von Gefahr im Verzuge durchgeführt, weil die Aufschiebung der Durchsuchung bis zur Einholung einer richterlichen Anordnung den Erfolg der Maßnahme mit einer hohen Wahrscheinlichkeit gefährdet hätte.

Nun, darüber kann man – wie in den wohl meisten Fällen – geteilter Ansicht sein. Jedenfalls hat sich der Berichtsverfasser einigermaßen Mühe gegeben, die „Gefahr“ dann noch ausführlich und an sich auch ordentlich zu begründen. Zeit für einen Anruf bei der staatsanwaltschaftlichen oder richterlichen Bereitschaft wäre aber meiner Ansicht mehr als genug gewesen.

Aber egal, denn einen Absatz weiter lese ich:

Die durchgeführte Durchsuchung wurde durch den Tatverdächtigen freiwillig gestattet. Beweismittel konnten keine aufgefunden werden.

Ja, aber es hätte ja sein können … daß der anonyme Hinweis „zum Erfolg“ geführt hätte.

Falls jemand unter den Lesern ist, der jemandem gerne mal einen Besuch von der Polizei gönnt, kann ja dort mal anonym anrufen und etwas von Marihuana erzählen, das in einer Kaffeekanne versteckt ist … das scheint zu funktionieren.

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Britzer Autobahntunnel bringt 2,7 Millionen im Jahr

Der Britzer Autobahntunnel auf der der BAB 100 in Neukölln – „Tunnel Ortsteil Britz“ – ist mit gut 1,7 km der längste Autobahntunnel in Berlin. Und er ist der einzige, der mit einer Schwarz-Blitz-Anlage ausgerüstet ist. Die Meßgeräte arbeiten mit Infrarotlicht, das für die menschlichen Augen unsichtbar ist.

Sie – die Geräte – sind jeweils kurz hinter den Tunnel-Ein- und Ausgängen der beiden Röhren montiert.


Wer die Warnschilder knapp vor den Tunnelportalen übersieht und sich dort nicht auskennt, wird abge-infrarot-lichtet. Es sind nicht wenige, die sich auf dem Weg aus der oder in die Stadt noch mal eben ein Ticket mit nach Hause nehmen.

Von den 6.000 Tunnelfahrern stündlich(!), die durch die Röhren fahren, haben sich im Jahr 2011 rund 148.000 Stück ablichten lassen. Das waren ca. 400 Bußgeldbescheide pro Tag, alle 3 Minuten ein Satz Fotos.

Die Britzer Schwarzblitzer haben dem 2011er Berliner Haushalt auf diesem Wege rund 2,7 Millionen Euro eingebracht. Die Investitionskosten lagen bei etwa 1,4 Millionen. Die Betriebskosten (Wartung, Technik etc.) sind (mir) nicht bekannt, dürften bei diesem Überschuß aber auch nicht sonderlich ins Gewicht fallen.

Es ist nicht einfach, den Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung im Britzer Tunnel zu entkräften. Mit ein wenig technischem Know How aber auch nicht ausgeschlossen. Die weiteren Verteidigungsmöglichkeiten – Fahreridentität, Flensburger Vorteintragungen, Fahrverbot etc. – bleiben auch bei der Tunnelblitzerei erhalten.

Übrigens: Es wird von hinten und vorn gleichzeitig fotografiert, damit auch das hintere Kennzeichen von Motorrädern abgelesen werden kann. Die auf offener Straße gut funktionierende Vorsorge gegen solcherlei Kontrollen – das getönte Visier – erscheint bei der schummerigen Tunnelbeleuchtung nicht in jedem Fall geeignet zu sein.

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Optimistische Umsatzerwartungen

Ein kleiner Betrag für den einzelnen Verkehrsteilnehmer, Millionen für das Land Berlin.

Für das Jahr 2012 erwartet unser Finanzsenator den Betrag von 40.820.000 Euro, den insbesondere Verkehrsteilnehmer in das Stadtstaatssäckel einzahlen. Im kommenden Jahr sollen es sogar 41.620.000 Euro werden, die mehr oder minder freiwillig auf das Konto der Landeskasse überwiesen werden.

Quelle: Haushaltsplan 2012/2013, Einzelplan 05 – Inneres und Sport, Seite 174

Diese Wahnsinns-Beträge sind wohl auch nur deshalb möglich, weil die meisten Verkehrsteilnehmer genau das zahlen, was die Obrigkeit von ihnen fordert. Dabei wäre ist eigentlich recht einfach, dem „Inneren“ das Leben die Einnahmen schwer zu machen: Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegen und dann mal schauen, welche Fehler beim Massen-Messen gemacht wurden.

Polizeibeamte sind doch auch nur Menschen ;-) , die ab und an mal Fehler machen. Und Strafverteidiger sind eben dazu da, genau diese Fehler aufzudecken.

Man sollte es einfach sportlich sehen: Nur wer es nicht versucht, zahlt hundertprozentig. Alle anderen können sich daran beteiligen, die optimistischen Millionen-Prognosen der Haushälter ein wenig zu dämpfen. Be Berlin!

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Berliner Strafverteidiger: Presseerklärung

Die Vereinigung Berliner Strafverteidiger e.V. hat heute folgende Presseerklärung veröffentlicht:

Presseerklärung zur Kritik der Vereinigung Berliner Staatsanwälte an der Praxis zum offenen Strafvollzug

Der Senator für Justiz sieht sich durch eine Stellungnahme der Vereinigung Berliner Staatsanwälte veranlasst, die Praxis der Zulassung zum offenen Vollzug zu überprüfen. Der Senator sollte sich nicht beirren lassen, denn diese Stellungnahme ist in weiten Zügen rechtlich unzutreffend, populistisch und setzt die Vollzugsverantwortlichen unzutreffend herab.

Der Strafvollzug dient primär der Befähigung des Strafgefangenen, künftig ein straffreies Leben zu führen. Allein so erlangen Strafe und Strafvollzug eine verfassungsgemäße Legitimation. Den gesetzlichen Vorgaben folgend hat dies möglichst nah am „normalen“ Leben zu geschehen. Familiäre und andere positive soziale Bindungen sollen aufrecht erhalten bleiben.

Der offene Vollzug in Berlin entspricht dem Strafvollzugsgesetz und ist ein Erfolgsmodell, welches von diversen Bundesländern nachempfunden wird.

Selbstverständlich wird vor der Aufnahme in den offenen Vollzug durch erfahrenes und geschultes Personal eingehend geprüft, ob eine Flucht- oder Missbrauchsgefahr vorliegt. Als Prüfungsgrundlage dienen insbesondere das Urteil, Sachverständigengutachten und ausführliche Explorationsgespräche mit den Inhaftierten unter Hinzuziehung erfahrener Psychologen – und nicht wie von der Vereinigung Berliner Staatsanwälte behauptet, regelmäßig allein auf Angaben „der – zumeist anwaltich vertretenen – Verurteilten, deren Validierung schwerlich möglich ist“. Insbesondere die niedrige Missbrauchzahl von weniger als einem von 1.000 Verurteilten widerlegt das Argument der Vereinigung Berliner Staatsanwälte.

Der Vorstand

Anm.: Hervorhebungen und Verlinkungen durch mich.

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Mein Brief an den Mandanten

Der Mandant bittet mich, meine Rechnung für seine Verteidigung in einer (privaten) Strafsache „auf seine Firma“ auszustellen. Also statt „Verteidiger-Vergütung“ möchte er lieber Honorar für „allgemeine Beratung“ seines Unternehmes leisten.

Ich habe mir die Zeit genommen, ihm ein paar Zeilen zu schreiben, die ich hier wiedergebe:

Es kann sein, daß ich berufsbedingt im Laufe der Jahre (Jahrzehnte?) vorsichtiger, vielleicht übervorsichtig geworden bin bei und mit der Begehung von Straftaten. Aber lassen Sie es mich, das Milchmädchen, kurz erklären.

Es geht hier um einen Betrag von 700 + 133 Euro, 833 Euro gesamt.

Wenn ich die Rechnung wie gewünscht ausstellen würde, hätten Sie die Gelegenheit des Vorsteuerabzugs iHv. 133 Euro. Angenommen, Ihnen ginge es wirtschaftlich seeeehr gut und die verbleibenden 700 Euro werden zu Betriebsaufwendungen „gemacht“, könnten Sie mit einer Steuerersparnis von – sagen wir mal – 40%, das sind 280 Euro, rechnen. Insgesamt steht hier also eine „Ersparnis“ iHv 413 Euro zur Rede. Bei einem Steuersatz von 20% kämen am Ende gar nur 273 Euro herum.

Der Inhalt der *gewünschten* Rechnung stimmt nicht mit dem Inhalt der *tatsächlich* erbrachten Leistung überein, die Rechnung wäre „unrichtig“. Für diesen Fall hat der Gesetzgeber eine Rechtsnorm geschaffen, den § 370 AO:

    Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer […] unrichtige oder unvollständige Angaben macht, […] und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

Wir müssen also abwägen: Eine mögliche Steuerersparnis iHv 273 bis 413 Euro gegen das Risiko eines Steuerstrafverfahrens mit empfindlicher Strafe (und hohen Verteidigerkosten! ;-)).

Nebenbei: Ich schreibe hier bewußt „wir“, da ich an der Steuerhinterziehung zumindest als Gehilfe beteiligt wäre.

Ok, Sie werden (vielleicht vor dem Hintergrund einiger Erfahrungen) einwenden, das Enddeckungsrisiko sei gering. Dem kann ich meine Praxis als Strafverteidiger entgegen halten. Ich kann Ihnen abendfüllende Geschichten von ganz häßlichen Steuerstrafverfahren erzählen, an denen ich als Verteidiger beteiligt war …

Und: Bei mir schlägt die Finanzverwaltung alle paar Jahre auf und prüft meine Bücher. Seit Beginn meiner Selbständigkeit als Strafverteidiger waren das bereits 4 solcher Außenprüfungen (die alle ohne Steuerstrafverfahren abgeschlossen wurden!). Die Rechnung eines Strafverteidigers, der einen Unternehmer in einer Sache berät, die mit Straftaten auch entfernt nichts zu tun haben kann … das könnte für einen Finanzbeamten durchaus spannende Fragen aufwerfen … die ich dann nicht unbedingt freiwillig wahrheitsgemäß beantworten möchte.

[ironie]
Sehr geehrter Herr Wilhelm Brause, ich habe keine Probleme damit, eine Wirtschaftsstraftat zu begehen. Wenn es sich denn lohnt! Das bedeutet, ich fange an zu überlegen, wenn wir hier über 7- oder 8-stellige Beträge reden. Dafür kann ich mir auch ein paar Jährchen in Tegel vorstellen. Aber – bitteschön – für 273 oder 413 Euro sollten wir beide nicht unseren guten Ruf risikieren. Das lohnt einfach nicht!
[/ironie]

Ich hoffe, Sie bringen ein wenig Verständnis für meine Position auf, wenn ich, der Pathologe, Sie davor bewahren möchte, im Rahmen einer Verteidigung gegen den Vorwurf, eine Straftat begangen zu haben, eine Straftat zu begehen.

Soweit für heute mein Beitrag zur Förderung der Steuerehrlichkeit. Ich rechne damit, daß es funktioniert.

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