Monatsarchive: Oktober 2012

Eat this, Senator!

Der Berliner Innensenator Frank Henkel (CDU) soll die Freilassung zweier Tatverdächtiger im Zusammenhang mit der tödlichen Prügelattacke am Alexanderplatz kritisiert haben:

Ich kann meine Unzufriedenheit mit dieser Entscheidung nur schwer unterdrücken. Das will ich nicht verstehen, und ich kann mir vorstellen, dass es auch die Ermittler frustriert.

wird er von einer in Berlin erscheinenden Zeitung aus dem Hause Springer zitiert.

Die Kanzlei Dr. Schmitz & Partner empfiehlt diesem juristischen Dilettanten den Kauf eines T-Shirts. Zu Recht.

Ich halte es für ungeheuerlich, daß dieser Laie sich seinen abstoßenden Populismus nicht verkneifen kann, mit dem er einem – unabhängigen (Art. 97 I GG, Senator!) – Richter in die Suppe zu spucken und das „gesunde Volksempfinden“ am Köcheln zu halten versucht, indem er die Springerpresse mit gefährlichem Unsinn füttert.

Wie kann einer Senator werden, sein und bleiben, der weder die Unschuldsvermutung, noch den Zweck der Untersuchungshaft kennt, und offenbar von Haftgründen und Jugendstrafrecht auch keinen blassen Schimmer hat. Unglaublich!

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30.000 Mandate

Beim sogenannten Blitzmarathon in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und den Niederlanden hat die Polizei etwa 30.000 Autofahrer mit zu hohem Tempo erwischt.

berichtet SPON.

Das sind 30.000 potentielle Mandate für den Fachanwalt für Verkehrsrecht. ;-)

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Objektive Behörde und der Gemüsekäse

Eine kleine Geschichte aus dem Ausbildungsprogramm eines Referendars, der es nicht vermeiden konnte, sich bei der Staatsanwaltschaft ausbilden lassen zu müssen.

Die Anklage wäre – nach Ansicht des Referendars und des Verteidigers – schon nicht zulassungsfähig gewesen. Es war eben kein Betrug (§ 263 StGB), sondern ein Computerbetrug (§ 263a StGB), den man dem Angeklagten vorgeworfen hatte. Auch im übrigen enthielt der konkrete Anklagesatz eine Menge indifferentes Zeug.

In der Beweisaufnahme stellte sich dann endgültig heraus, daß dem Angeklagten die Tat nicht nachgewiesen werden kann. Eine Telefonnummer, die auf einen Dritten angemeldet ist, kann eben allein kein Täter-Nachweis für eine über diese Telefonleitung durch den Angeklagten verübte Tat sein.

Folgerichtig beantragte der Referendar als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft Freispruch; diesem Antrag schlossen sich Verteidiger und Richter an.

Der Staatsanwalt, dem der Referendar über diesen Fall berichtete, war nicht sein Ausbilder, sondern dessen Vertreter, der den Fall und die Akte nicht kannte. Gleichwohl bekam der arme Auszubildende einen Rüffel:

In dieser Abteilung werden keine Freisprüche beantragt.

Basta!

15 Minuten später hat der Vertreterstaatsanwalt die Berufung gegen den Freispruch an das Amtsgericht übermittelt. Ich bin mir sicher, daß diese Art der Ausbildung dem Referendar einen bleibenden Eindruck vermittelt hat.

Die Staatsanwaltschaft ist eben eine objektive Behörde und ermittelt „auch die zur Entlastung dienenden Umstände“ (§ 160 II StPO). Und Käse ist ein Gemüse.

Bild: w.r.wagner / pixelio.de

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Rechtsgespräch ohne Verteidiger

Für 10 Uhr war die Hauptverhandlung vor dem Strafrichter angesetzt. Ich war um 9:45 Uhr im Gericht und wohl gegen 9:50 Uhr in Sichtweite des Mandanten, der auf dem Flur vor dem Saal auf mich wartete.

Stolz erzählte er mir, daß er vor ein paar Minuten schon mit dem Richter und dem Staatsanwalt gesprochen und „alles klar gemacht“ habe. Das sind dann so Momente, in denen einem Verteidiger das Leid in die Schuhe fällt.

Der Mandant ist psychisch krank, stark betäubungsmittelabhängig und gesundheitlich so ziemlich kurz vor dem Ende. Und er hat zwei offene Bewährungen laufen sowie eine Geldstrafe in einer dritten Sache noch nicht vollständig bezahlt. Nun ging es um die gleiche Art Straftat, für die er bereits mehrmals – nicht nur dreimal – verurteilt wurde.

Ziel der aktuellen Verteidigung war schlichter Zeitgewinn, um vielleicht in der Berufungsinstanz doch noch zu einer erträglichen Entscheidung zu kommen. Die Zwischenzeit sollte – so war es mit dem Betreuer besprochen – für Therapien und Kuren genutzt werden. Gut sah das aber alles nicht aus … in strafrechtlicher Sicht komplett düster.

Und in dieser Situation verhandelt der scheinbar hilflose Mandant mit den Profis im Gericht!

Noch bevor ich wieder richtig atmen konnte, plapperte der Mandant von der soeben mit dem Gericht vereinbarten Geldstrafe, die er ja auch in Raten abzahlen könne …

Als ich in den Saal kam, wurde ich vom Richter fröhich begrüßt und über das Ergebnis seines Rechtsgesprächs mit dem unverteidigten Angeklagten informiert: Er habe schonmal eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 7 Euro mit meinem Mandanten vereinbart, ob ich damit einverstanden wäre.

Der Termin war binnen 10 Minuten erledigt und das Urteil wurde sofort rechtskräftig.

Der Richter hatte den Mandanten jetzt zum dritten Mal vor der Flinte. Mich kennt er seit vielen Jahren. Er wußte, daß dieses „Rechtsgespräch“ am (Pflicht-)Verteidiger vorbei sehr riskant war. Aber er durfte sich auch darauf verlassen, daß ich bei diesem Ergebnis ihm gegenüber sowas von sanftmütig sein werde …

Ich hätte Verteidiger werden sollen.

sagte mir der Mandant zum Abschied. Was nicht ist, kann ja noch werden. Er ist noch keine 30 Jahre alt.

Bild: Elisa Al Rashid / pixelio.de

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Ganz wichtige Unterbeschäftigung

Wir verteidigen einen Kollegen, über den sich ein (ehemaliger) Mandant unter anderem bei der Rechtsanwaltskammer beschwert hat. Selbstverständlich ist die „Ermittlungsakte“ notwendige Voraussetzung für eine adäquate Verteidigung. Auch (und gerade) in berufsrechtlichen Verfahren.

Deswegen haben wir bei der Rechtsanwaltskammer um Akteneinsicht nachgesucht und um Übersendung der Beschwerdeakte gebeten. Das klappt in Mord- und Totschlagsverfahren ganz gut, die Schwurgerichtskammern schicken uns die Akten problemlos zu. So eine Beschwerde, die ein querulatorischer Mandant erhoben hat, ist damit aber nicht vergleichbar. Überhaupt nicht. Diese Akte kann nicht versand werden, meint der Vorsitzende der Kammer-Abteilung, die die Beschwerde zu bearbeiten hat:

Der Kollege, der uns um Verständnis dafür bittet, ist Zivilist. Ich bin mir nicht sicher, wie er seinen beruflichen Alltag strukturiert. Aber offensichtlich hat er reichlich Zeit dafür, mir mehr oder minder sinnvolle Briefe zu schreiben, anstatt mal eben die 10 oder 15 Seiten der Akte durch einen Scanner zu schieben. Mir fehlt jedenfalls die Zeit dazu, mir einen halben Tag bei diesen Wichtigtuern in der Littenstraße um die Ohren zu schlagen.

Und zum Laufburschen lasse ich mich von so einem unterbeschäftigten Zivilisten auch nicht machen …

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Vorstellung: Der vierte Mann

Rechtsanwalt Thomas KümmerleSeit September schon arbeitet in unser Kanzlei ein vierter Mann – Rechtsanwalt Thomas Kümmerle, unser Spezialist für das Verkehrszivilrecht.

Unsere Kanzlei hat stets das Ziel verfolgt, Rechtsdienstleistungen in nur sehr wenigen Gebieten anzubieten, dafür aber auf höchsten Niveau. Wir vertreten die Ansicht, es ist besser, sich mit einer Sache sehr gut auszukennen, statt in vielen Sachen nur mäßig. Mehr Qualität als Quantität war und ist unsere Devise.

Unser Dezernat „Motorradrecht“ hat sich im Laufe der Jahre weiter entwickelt, hin zum Verkehrszivilrecht: Wir haben Motorradfahrer zunächst auch dann vertreten, wenn sie Probleme mit Ihrem Auto hatten. Irgendwann beauftragte uns der erste Autofahrer, der über einen Motorradfahrer schimpfte, weil dieser ihm die Vorfahrt genommen hatte… Und auch unsere Fortbildungen waren meist auf Autofahrerprobleme focussiert.

Aber die Arbeit für den Kernbereich der Kanzlei – Verteidigung in Straf- und Bußgeldsachen – wurde auch nicht weniger.

Also haben wir einen neuen Arbeitsplatz eingerichtet – für Rechtsanwalt Thomas Kümmerle, der die Mandanten der Kanzlei nun vor allem bei der Regulierung von Verkehrsunfällen unterstützen wird. Ihm zur Seite steht Frau Uschi Logar, die als erfahrene Rechtsanwaltsfachangestellte u.a. seit vielen Jahren bereits die Ansprechpartnerin für unsere „Unfall-Mandanten“ war und ist.

Bei alledem, es bleibt dabei: Es ist natürlich immer die bessere Variante, wenn man einen Rechtsanwalt weder für eine Strafverteidigung noch für die Regulierung eines Verkehrsunfalls braucht.

Hat es – oder man Sie – aber erwischt, lieber Blogleser, dann ist die Kanzlei Hoenig mit nun vier Anwälten am Start. Rund um die Uhr, an sieben Tagen der Woche.

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Halt – Polsterei!

Auch der Düsseldorfer Handwerker Lothar Gläser macht Marketing damit, daß er mit der Polizei verwechselt wird.

Polsterei

Herr Gläser scheint mit seinem Polstereifahrzeug die gleichen Erfahrungen zu machen wie wir mit unserer Wanne:

Wenn Lothar Gläser mit seinem „Dienstfahrzeug“ durch Düsseldorf fährt, dann zuckt so mancher Autofahrer schnell zusammen.

berichtet Express.de

Bild: Gehring, via Link auf Express.de

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Sternchen für die Terminsplanung

Die Termininierung von Hauptverhandlungen, die sich über mehrere Verhandlungstage erstrecken, gehört – vermutlich – zu den wenig erfreulichen Tätigkeiten, die ein Richter zu erledigen hat. Das gilt besonders dann, wenn mehrere Angeklagte und Verteidiger sowie Dolmetscher, Sachverständige und/oder Zeugen vor Gericht erscheinen sollen.

Es gibt nun Richter, die kraft ihrer Suppe einfach die Termine festsetzen und die Beteiligten selbst sehen müssen, wie sie damit klarkommen. Das führt dann im Zweifel zu heftigen Auseinandersetzungen, bis hin zu erfolgreichen Ablehnungsgesuchen. Jedenfalls zu schlechter Laune bei jeder Erscheinung.

Daß es auch anders geht, zeigt diese Mitteilung des Landgerichts Oldenburg:

Insbesondere die zweite Seite des gerichtlichen Schreiben mit der Tabelle macht die Terminsabstimmung für alle Seiten doch recht einfach.

Wenn der Richter jetzt noch gleich berücksichtigt hätte, daß mindestens ein Verteidiger zu den Terminen jeweils von Berlin nach Oldenburg anreisen muß, und der Start um 9:00 Uhr daher ein paar Probleme aufgibt, wärs optimal.

Aber immerhin:

Dafür gibts 4 1/2 von 5 möglichen Sternchen. ;-)

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Potentielle Mandantin liebt mich

Aus unserem Posteingang:

Geliebte,

Herzliche Grüße an Sie.

Ich hoffe, dass diese E-Mail treffen Sie in einem sehr guten gesundheitlichen Zustand.

Mein Name ist Lynda Udankoro Nguessan

Ich schreibe diese Mail mit Tränen und Trauer um Ihre Mithilfe in Bezug auf meine derzeitige Situation zu suchen.

Ich verlor meinen Vater aus einer Schusswunde während der politischen Krisen in meinem Land.

Sorry für meine Erreichen Sie durch dieses Medium bitte Geduld mit mir, ich bin wirklich in Problem.

Ich möchte Ihnen als kompetenter Hand benutzen, um mein Erbe Fonds 8.500.000USD, um Ihr Land zu bewegen für weitere Investitionen.

Nachdem Sie das Geld erhalten haben, können Sie mir helfen, in Ihrem Land zu investieren, würde Ich mag, um ein Haus zu besitzen und auch ich will, um etwas Geld in Hotels und anderen lebensfähige Unternehmen investieren in Ihrem Land durch dich.

Ich möchte wissen, ob es für Sie möglich ist und ich zu einer gemeinsamen Unternehmung geben, werde ich Ihnen einen Teil des Geldes, wenn Sie mir helfen, diesen Fonds in Ihrem Land zu bewegen für die Sicherheit zu übernehmen.

Bitte, wenn Sie ehrlich und vertraulich kann mir helfen, diesen Fonds in Ihrem Land zu bewegen und mir helfen, es zu investieren, bitte antworten meine Mail mit Ihren Kontakten Informationen wie folgt.

Ihr vollständiger Name
Ihre ständige Adresse
Ihre direkte Telefonnummer.

Ich bin für Ihre Antwort und alle Informationen warten wie oben, damit ich Sie mit allen Details liefern.

aufrichtig

Lynda Udankoro Nguessan

Falls noch jemand geliebt werden will, kann er sich an

Lynda [affi_nguessan12@yahoo.co.jp]

wenden.

Vorsorglich:
Vollmachtsvordrucke für die Verteidigung gegen den Vorwurf der Geldwäsche gibt es im übrigen hier.

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Was steckt hinter dem Rammbock?

Hells Angels BackpatchDie Rahmenkonzeption des Ministeriums des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz zur Bekämpfung der Rockerkriminalität war geheim. Jedenfalls bis zur gar nicht mehr geheimen Veröffentlichung auf www.hellsangelsmedia.com.

Das führte zum Hausbesuch u.a. des örtlichen SEK bei Kay S., dem Vereinsvorsitzenden des HDRA (Harley Drag Race Association) e.V. Landau, der laut Impressum für die Internetpräsentation verantwortlich zeichnet.

Außerdem ist Kay S. Präsident des Hells Angels MC Landau. Er ist also nicht nur Drag Racer, sondern gehört eben zur Zielgruppe des Konzeptpapiers. Dann bietet sich natürlich gleich mal die Umsetzung des vormals geheimen Konzepts in die Praxis an.

Darüber und über den Bericht in der Bikers News habe ich in der vergangenen Woche berichtet.

Ein freundlicher Kommentator (besten Dank an OG) verlinkte auf einen Artikel auf Telepolis, in dem Ulrike Heitmüller am 31.08.2012 ein paar Hintergründe für den Rammbock-Einsatz schilderte.

Danach soll es bei dem Einsatz nicht um die Zustellung der Einstweiligen Verfügung eines Zivilgerichts gegangen sein, sondern um die Vollstreckung eines Durchsuchungsbeschlusses.

Dieses Konzeptpapier scheint also nicht nur geheim (gewesen ;-) ) zu sein, sondern war auch noch ein urheberrechtlich geschütztes Werk. Und wer solche Werke „unerlaubt verwertet“, begeht möglicherweise eine Straftat nach § 106 UrhG. Urheberrechtler werden erklären können, daß die Veröffentlichung auf einer Website eine „Verwertung“ darstellt.

Die Einstweilige Verfügung (vom 20.09.2012) wurde erst drei Wochen nach dem Besuch der Truppe (am 31.08.2012) erlassen.

Bemerkenswert ist jetzt noch folgendes:

Am 28.08.2012 formulierte der Urheberrechtsinhaber in Gestalt des Polizeipräsidenten eine Abmahnung. Er forderte den HDRA e.V. auf, bis zum 11.09.2012 das geheime Papier aus den Netz zu nehmen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Am selben Tag, also am 28. August, hat der Rechteinhaber aber die Computer und vermutlich auch reichlich Papier bei dem Vereinsvorsitzenden beschlagnahmt, die sicherlich sehr hilfreich gewesen wären, auf die Abmahnung entsprechend zu reagieren. Es ist schon irre, was es so alles gibt …

Da wird sich zumindest ein logistisches Problem ergeben haben, das bei der Frage hinsichtlich der Kosten für das Einstweilige Verfügungsverfahren noch eine Rolle spielen könnte.

Bild: DaiFh – Lizenz: CC-BY-SA-3.0

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