Monatsarchive: Dezember 2012

Der Troll der Woche

Ich hatte mir am vergangenen Wochenende zur Ablenkung vom grauen Bloggeralltag mal wieder was Gutes gegönnt und ein paar Trolls gefüttert. Und einstimmig, ohne Enthaltungen, den ultimativen Gewinner gekürt.

In den Kategorien Unschuld vom Lande

Keinerlei Angriff, kein rumtrollen, keine Beleidigung, wenig Polemik, einfach nur Kritik an einer Vorgehensweise oder eine kritische Frage, die zugegebenermaßen den Finger in die Wunde legte. Und rums, das Posting war nach einer kurzen Zeit weg.

Nachhaltigkeit

Mir wurden schon unter anderem Synonym ca. 10 Beiträge hier gelöscht.

und Konsequenz

Wenn einem das mehrfach passiert, vergeht einem die Lust.

geht der Troll-Award der Woche – proudly presented – an …

Wie immer. Wenn sie nicht mehr weiter wissen, gehen sie in Polemik und Beleidigungen über.
Dann kommen solche dummen Sprüche wie „Medikamente vergessen?“ oder „Stilberater für eine Tubberparty?“.

Vom Charakter und Stil sind sie noch meilenweit von dem eines Herrn Vetter entfernt. Genau deshalb werden sie immer in zweiter Reihe sitzen und auch so enden.

62 Löschungen in 7 Jahren. Da lachen ja die Hühner. Eher pro Woche. Traue niemals einer Statistik, die man nicht selber gefälscht hat.

[…]

Na, Löschbutton schon gefunden, Herr Hoenig?

… den Zimmermann, Michael.

Ich gratuliere!

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Bild: © Georg Schemainsky / pixelio.de

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Kreuzberger Strafverteidiger beraten Gesetzgeber

Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags führte heute, am Mittwoch, 12. Dezember 2012, eine öffentliche Anhörung zu einem Strafrechtsänderungsgesetz durch.

Es ging um die „Beschränkung der Möglichkeit zur Strafmilderung bei Aufklärungs- und Präventionshilfe„. Also um die Norm § 46b StGB, die einen Rabatt auf die zu erwartende Strafe vermittelt, wenn der Straftäter frühzeitig den Ermittlungsbehörde hilft, Straftaten anderer aufzuklären.

Über diese unsägliche Norm habe ich hier im Blog bereits eine Menge Worte verloren. Auf den Beitrag „Belohnter Verrat“ möchte ich besonders hinweisen, da er ein paar griffige Beispiele enthält, deren Probleme wohl auch beim Gesetzgeber angekommen sind.

Nach vielfältiger Kritik an der von der Vorgängerregierung wieder eingeführten Kronzeugenregelung, wird die Straferleichterung nunmehr wieder auf ein rechtsstaatlich vertretbares Maß reduziert.

schrieb die Bundesjustizministerin bereits im März 2012, als sie den aktuell diskutierten Gesetzentwurf (hier Bearbeitungsstand Mai 2012) vorstellte.

Ich freue mich, daß die Kritik, die nicht nur aus den Reihen der Verteidiger, sondern auch von Richtern (und Staatsanwälten?) kam, gehört wurde. Heute wurden zu diesem Thema neun Sachverständige angehört.

Besonders stolz bin ich darauf, daß auch unsere Kanzlei, kompetent vertreten durch Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Tobias Glienke, als Sachverständiger gehört wurde. Rechtsanwalt Glienke hat aus unserer Sicht der Strafverteidiger die wesentlichen Probleme in der Praxis dargestellt; es wurde damit versucht, den Gesetzgeber auf den rechtsstaatlich vertretbaren Weg des fairen Verfahrens zurückzuführen.

Mit Rechtsanwalt Dr. Stefan König sind also gleich zwei Kreuzberger Strafverteidiger als Berater der Bundesregierung unterwegs. ;-)

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Fahreignungs- statt Verkehrszentralregister

Es wird eine Menge erzählt und die Inhaber einer Fahrerlaubnis sind verwirrt. Nichts Genaues weiß man nicht, es wird trotzdem darüber berichtet.

Eine für den Otto-(und Diesel-)Normal-Fahrer griffige Übersicht liefert heute die Tagesschau.

Der wichtigste Absatz in der Zusammenfassung lautet:

Inkrafttreten

Wahrscheinlich erst Anfang 2014. Da es mehrfach Korrekturen gegeben hat, konnte das Kabinett die Reform erst jetzt verabschieden. 2013 müssen sich Bundestag und Bundesrat damit befassen. Sechs Monate nach Verkündigung im Gesetzblatt soll die Neuregelung gelten. Blockieren die Länder das zustimmungspflichtige Gesetz im Bundesrat, ist ein Starttermin Anfang 2014 nicht zu halten.

Wahrscheinlich. Vielleicht aber auch nicht. Oder doch?

Bleiben Sie entspannt! Wir informieren Sie mit Substanz, wenn es soweit ist.

Bis dahin gilt: Fahren Sie vorsichtig oder lassen Sie sich nicht erwischen.

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Weihnachtsmann bei der Staatsanwaltschaft

Der Staatsanwaltschaft Berlin ist nichts Menschliches fremd:

Ich warte auf den Tag, an dem eine Staatsanwältin ein Kerzlein auf ihrem Pult anzündet, bevor sie plädiert und ein LL mit SV beantragt. Hach.

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Fall Mollath: Interview mit dem Schöffen

Über das dem Urteil vom 8. August 2006 gegen Gustl Mollath vorausgehende Strafverfahren berichteten u.a. Oliver García auf de legibus – Justiz im Wahn-Wahn – und Gabriele Wolff in ihren beiden Beiträgen Rosenkrieg und Versagen von Justiz & Psychiatrie – Teil 1 sowie Teil 2. Beide Autoren unternehmen jeweils den sehr lesenswerten und in beiden Fällen wie ich meine erfolgreichen Versuch, anhand der öffentlich zugänglichen Materialen das Verfahren zu rekonstruieren.

Oliver García geht nun einen Schritt weiter und nimmt Kontakt auf zu dem Schöffen Karl-Heinz Westenrieder, der an dem Urteil mitgewirkt hat. Herr Westenrieder hat sich bereits an die Medien gewandt und seine Ansicht bekundet, daß dieses Urteil ein Fehlurteil gewesen sei.

Ich bewerte das Urteil aus heutiger Sicht als Fehlurteil. Wesentliche Punkte, die in der Verhandlung, der Hauptverhandlung, nicht zur Sprache kamen, waren zum Beispiel die detaillierte Beschreibung von Gustl Mollath über Geldwäsche-Aktionen seiner Frau und anderen.

zitierte am 17.11.2012 Report Mainz den ehemaligen Krankenhausmanager.

In einen Interview zum Fall Mollath ergänzt Oliver García auf de legibus nun seine Rekonstruktion der Hauptverhandlung durch das „Insiderwissen“ des Schöffen Westenrieder. Das gelingt den beiden gemeinsam bis in kleinste Details:

García
Mollath war zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung bereits vorläufig untergebracht. Er wurde aus dem Bezirkskrankenhaus Straubing in den Gerichtssaal gebracht. Haben Sie davon etwas mitbekommen?

Westenrieder
Er wurde mit Bauchfesseln in den Saal geführt.

García
Mit Bauchfesseln?

Westenrieder
Mit Bauchfesseln. Er hat gebeten, daß ihm die Fessel hinten entfernt wird, weil es schmerzt. Es wurde dann vom Vorsitzenden Richter auch genehmigt.

García
Bauchfessel heißt: ein Gürtel und die Hände waren daran befestigt?

Westenrieder
Ein Gürtel mit einer Vorrichtung am Rücken, die von den Begleitpersonen zusammengedreht werden kann, so daß der Betroffenen immer fest im Griff ist.

García
Eine Art Zwangsjacke?

Westenrieder
Das will ich damit nicht sagen.

Westenrieder bewegt sich da auf einem schmalen Grat: Die Verletzung des Beratungsgeheimnisses stellt eine Straftat dar. Solange er nur aus der öffentlichen Hauptverhandlung berichtet, ist die rote Linie objektiv nicht überschritten. Es ist allerdings nicht auszuschließen, daß sich der eine oder andere Richter oder Staatsanwalt durch seine Berichte auf den weißen Schlips getreten fühlt. Es sei daran erinnert, daß sich das Ganze in Bayern abspielt.

Wir sollten ein Auge darauf behalten, wie sich die Sache weiterentwickelt und ob es der bayerischen Justiz gelingt, sich irgendwann zu rehabilitieren.

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Der Strafverteidiger empfiehlt – 35

Heute:

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Gisela Friedrichsen kritisiert Verteidiger

In einem Zwischenruf auf der Legal Tribune Online kommentierte Gisela Friedrichsen bereits am 12.05.2010 die Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere die des 1. Senats, der u.a. für die erstinstanzlichen Urteile der bayerischen Landgerichte zuständig ist.

Die Gerichtsreporterin berichtete über einen Fall, der ganz gut in die derzeit aktuelle Stimmung paßt, die das – ebenfalls in Bayern „spielende“ – Verfahren gegen Herrn Mollath erzeugt hat. Zutreffend stellte Frau Friedrichsen fest, daß es nicht allein die Richter in Bayern und am Bundesgerichtshof in Karlsruhe sind, die für diese nun schon länger andauernde Entwicklung verantwortlich zu machen sind. Sie nahm auch die Verteidiger in die Verantwortung:

Mir fällt auch auf, wie ungeniert Richter mittlerweile der Verteidigung Fristen setzen zur Stellung von Beweisanträgen, wie sie Druck ausüben. War das nicht einmal anders? Ertönt nur das Wort „Verschleppungsabsicht“, das auch von den Medien mit Wonne aufgenommen wird – so mancher Verteidiger knickt eingeschüchtert ein. Warum wird nicht rebelliert? Was ist mit den Standesorganisationen? Hat, wer aufmuckt, schon von vornherein verloren?

Verteidiger fühlen sich diszipliniert und an die Leine gelegt. Sie erleben immer öfter, wie offensichtliche Rechtsfehler mit einem Einzeiler und dem unseligen „o.u.“ – offensichtlich unbegründet – erledigt werden, wenn sich der Senat nur einig ist. Sie erleben, wie Angeklagte in abstruse Absprachen hineingezwungen werden, zu denen es keine Alternative mehr gibt, weil die Hoffnung auf eine Revision des Urteils weggeschmolzen ist wie Schnee von gestern. Soll das die Zukunft sein?

Vielleicht ist es an der Zeit, einfach mal „Nein!“ zu sagen. Denn seit Mai 2010 hat es – eben auch wie der Fall Mollath beispielhaft illustriert – keine Richtungsänderung in dieser vor zweieinhalb Jahren bereits skizzierten Entwicklung gegeben. Diese schmutzigen Deals, von denen Frau Friedrichsen schrieb, sind nicht weniger geworden.

Wir hatten hier einen Fall, in dem unserem Mandanten gegen ein Geständnis 4 Jahre angeboten wurden. Nachdem er dieses Angebot nicht angenommen hatte und sich im weiteren Verlauf der Beweisaufnahme der Großteil der Tatvorwürfe als unhaltbar herausstellte, wurde er zu 5 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Durch geschicktes Taktieren der Staatsanwaltschaft in einem parallel laufenden Haftbeschwerdeverfahren wurde der Mandant veranlaßt, seine Revision zurück zu nehmen.

Nicht in Bayern, hier in Berlin. Das kann nicht gutgehen!

Bild: Petra Bork / pixelio.de

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Das ging verdammt flott

Rekordzeit bei der Abfassung des Urteils:

Von der Urteilsverkündung bis zur schriftlichen Begründung hat sich die Vorsitzende Richterin gerade mal sechs Tage Zeit gelassen, bis das Urteil die Geschäftsstelle des Landgerichts verlassen hat; einen Tag später trudelten die 7 Din-A4-Seiten Urteil in unserer Kanzlei ein. Ich habe Anhaltspunkte dafür zu glauben, daß die Urteilsgründe noch vor dem Abendbrot am Tag der Hauptverhandlung geschrieben waren.

Ich wünsche mir, daß alle Strafrichter so schnell arbeiten könnten. (Damit wir Strafverteidiger keine Langeweile bekommen. 8-))

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Ich lösche, also bleibe ich

Bisher einzigartig in der Bloggoshäre ist die Untersuchung, die Henning Krieg unter den Berliner Blawgern geführt hat:

Bislang gab es keine veröffentlichte Untersuchung über “Lawblogger” in Deutschland – warum sie bloggen, was sie sich vom Bloggen versprechen, was sie bewirken wollen (wollen sie überhaupt etwas bewirken?), welche Technik sie einsetzen, welchen Aufwand sie betreiben und welche Erfahrungen sie mit dem Bloggen gemacht haben.

Veröffentlicht hat Henning Krieg die Ergebnisse in zwei – es darf geraten werden – Blogbeiträgen:

Die Ergebnisse überraschen mich nicht, auch weil sich unter anderen die befragten Blogbetreiber bereits zweimal getroffen und untereinander ausgetauscht haben: Auch ich bin eitel, habe Spaß am Schreiben und freue mich, wenn den Lesern meine Beiträge so gut gefallen, daß sie Straftaten nur deshalb begehen, weil sie von mir verteidigt werden wollen (oder weil bei uns der Caffè so exquisit gut ist?).

Über ein Detail habe ich mich allerdings gewundert:

Der Gelegenheitslöscher, ja das bin ich, der sich nun fragt, woran es liegt, daß die anderen Befragten gar nicht oder nur „absolut vereinzelt“ Probleme mit ihren Kommentatoren haben. Vielleicht sollte die Frage mal Gegenstand einer weiteren Umfrage werden. ;-)

Es könnte natürlich an meinen sensiblen Nerven und an meinem dünnen Fell liegen. Oder vielleicht auch daran, daß mein Duktus zahlreiche Trolls und Randalierer anzieht. Es könnte auch sein, daß das Thema Strafrecht auf ein paar besondere Charaktere eine ebenso besondere Anziehungskraft ausübt. Oder schlicht die Anzahl der Leser. Ich weiß es nicht.

Ich nutze die Gelegenheit zur Darstellung meiner Maximen:

Das Schreiben macht mir Freude und ich freue mich, wenn das, was ich schreibe, auch anderen gefällt. Als Strafverteidiger bin ich im Umgang mit Widerworten und an andere Ansichten gewöhnt. Ich provoziere gern und kann mit Gegenreden umgehen. Aber wenn ich mich ärgern muß, greife ich zur Kommentarmoderation und kommentiere oder lösche das Ärgernis: Wer mich ärgert, fliegt raus. Ich bin Spaßblogger, kein Selbstquäler. Hier kann man die weiteren AGB für das Kommentieren nachlesen. Mehr muß nicht.

Abschließend noch ein hier gut passendes Zitat von Markus Beckedahl auf netzpolitik.org, der auf wesentlich höherem Niveau – gelegentlich – vergleichbare Probleme mit einigen Kommentartrollen hat (hatte?):

Vielleicht handelt es sich auch nur um 10 bis 30 Kommentatoren, die offensichtlich viel Zeit und zu jedem Thema was zu sagen haben. Auch wenn es in der Regel nichts mit dem Thema zu tun hat. Ich hab keinen Bock mehr, wenn ich Beleidigungen und anderes mittlerweile einfach lösche, weitere Kommentare auch zu löschen, die einem Zensur vorwerfen. Informiert Euch mal, was Zensur ist. Macht Euer eigenes Blog auf und kommentiert da alles, was ihr wollt. Seid selbst für Eure Beleidigungen rechtlich verantwortlich. Es ist nicht die Aufgabe dieses Blogs, Euch hier einen Ort und ein Ventil für Eure schlechte Laune zu bieten. Man kann Kritik auch ohne Beleidigungen, Unterstellungen und/oder sonst was formulieren. Man kann seine dunkle Seite auch auf anderen Seiten ausleben, die extra dafür gemacht sind und wo das Teil der Kultur ist. Dieser Ort ist woanders.

Ich schreibe, also bin ich. So bin ich.

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Der Strafverteidiger empfiehlt – 34

Heute:

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