Monatsarchive: Dezember 2012

Was bringt ein NPD-Verbot?

Ist doch ganz einfach:

Sobald die NPD verboten ist, werden alle Nazis einsehen, dass sie auf dem falschen Weg sind, und sich in vorbildliche Bürger verwandeln. Vergleichbare Erfolge konnten in der Vergangenheit etwa mit dem Verbot von Drogen erzielt werden. Seitdem Drogen illegal sind, werden sie von niemandem mehr konsumiert. Von niemandem!

versicherte am 07.12.2012 völlig glaubhaft Der Postillon in seinen Ehrlichen Nachrichten – unabhängig, schnell, seit 1845.

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Drohender Präsident

Mahnläufe sind mittlerweile nicht mehr ganz so en vogue. Vor ein paar Jahren noch starteten sie vieltausendfach mit einer Rechnung, dann zwei Mahnungen, danach dann ein oder zwei Schreiben eines Inkassounternehmens, bevor schließlich ein Rechtsanwalt die allerallerallerletzte Mahnung schrieb. Die Drohkulisse war – wirtschaftlich betrachtet – in einer großen Vielzahl erfolgreich. Und das, obwohl einige Zivilgerichte der Ansicht waren, schon die Rechnung hätte nicht geschrieben werden dürfen, weil die Forderung nicht begründet sei.

Etwas Vergleichbares ist mir nun (wieder einmal) in einem schlichten Bußgeldverfahren untergekommen.

Wenn auch nicht mit 140 km/h, sondern nur mit 40 km/h: Es ist wohl eher davon auszugehen, daß der mit diesem Fahndungsaufruf gesuchte Fahrer keine damenbarttragende Frau ist. Wenn also der Mann keine Frau ist, die Adressatin des unten abgebildeten Schreibens aber kein Mann, kann doch ein gewissenhaft arbeitender Sachbearbeiter beim Polizeipräsidenten nicht ernsthaft den Tatvorwurf aufrecht erhalten.

Macht er aber trotzdem:

Es bleibt dem Bußgeldverfolger natürlich unbelassen, bei dieser Sachlage ein Bußgeldverfahren einzuleiten. Wenn aber – jedenfalls für einen durchschnittlich intelligenten Menschen ohne Sehbehinderung – deutlich erkennbar ist, daß Frauen keine Männer sind, müßte das Verfahren ungefähr eine juristische Sekunde später doch wieder eingestellt werden.

Also droht der Polizeipräsident – wenn auch in quasi-konjunktivischen Klausulierungen versteckt – hier mit einem Übel, um die Angeschriebene zu einer Handlung zu bestimmen, zu der sie nicht verpflichtet ist?

In diesem Verfahren ist so einiges schief gelaufen:

  • Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte unter Mißachtung der Vorschrift, die besagt: Nicht unmittelbar hinter dem Schild mit der Geschwindigkeitsbegrenzung „blitzen“.
  • Keine Belehrung über die Beschuldigten- und/oder Zeugenrechte.
  • Unberechtigte Androhung der Geltendmachung von Verfahrenskosten.

Nun, es geht hier nur um 15 Euro Verwarnungsgeld. Das könnte die Halterin zahlen und sich anschließend vom Fahrer zum Essen einladen lassen. Aber wenn bereits schon in solchen kleinen Sachen Verfahrensrechte mißachtet werden, wie sieht es dann in den großen Sachen aus?

Ich jedenfalls vertraue behördlichen Schreiben grundsätzlich erst einmal nicht, weil ich nicht mehr davon überzeugt bin, daß der Staat nicht so dreist sein kann, mich über den Tisch zu ziehen.

Diejenigen, die sich ähnliche Gedanken über den Rechtsstaat im Straßenverkehr machen, können sich hier kostenlos über sinnvolles künftiges Verhalten informieren.

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Gebraucht geht auch

Der Audi A 4 des späteren Klägers wurde bei einem Verkehrsunfall erheblich beschädigt. Ein Sachverständiger stellte einen wirtschaftlichen Totalschaden fest, da die kalkulierten Reparaturkosten von knapp 4.000,00 Euro über dem Wiederbeschaffungswert von 3.300,00 Euro lagen und eine Reparatur danach unwirtschaftlich ist.

Der Kläger ließ seinen Audi trotzdem reparieren. Das darf man nach der Rechtsprechung des BHG bis zur sogenannten 130% Grenze. Die Kosten der Instandsetzung müssen ersetzt werden, wenn sie die Wiederbeschaffungskosten um nicht mehr als 30% überschreiten. Hier beliefen sich die Instandsetzungskosten auf 4.200,00 Euro, lagen damit noch im Rahmen, so dass der Kläger diese anschließend ersetzt verlangte. Die Versicherung des Unfallgegners regulierte aber auf Totalschadensbasis und lehnte weitere Zahlungen ab.

Das Stuttgarter Amtsgericht wies die Klage ab, da es die Kalkulation des Sachverständigen für falsch hielt. Der hatte die Instandsetzungskosten nämlich mit Gebrauchtteilen berechnet. Sowohl die Kalkulation von Reparaturkosten als auch die Reparatur selbst habe aber auf Basis von Neuteilen zu erfolgen. Die Reparaturkosten würden dann aber 60 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen, so dass dem Kläger kein weiterer Schadenersatz bis zur 130% Grenze zustehe.

Das Landgericht Stuttgart interessierte sich eher dafür, ob die durchgeführte Reparatur des Audis auch unter Verwendung von Gebrauchtteilen sach- und fachgerecht erfolgte und sprach dem Kläger restlichen Schadenersatz zu.

Zwar spreche Einiges dafür, dass zur Vermeidung von Manipulationen eine Kalkulation auf der Basis von Neuteilen zu erfolgen habe. Hiervon zu trennen sei aber die Frage, ob die konkret durchgeführte Reparatur ebenfalls nur unter Verwendung von Neuteilen erfolgen darf. Entscheidend seien hier die tatsächlichen Instandsetzungskosten von 4.200,00 Euro im Verhältnis zum Wiederbeschaffungswert von 3.300,00 Euro, die noch innerhalb der 130% Grenze lagen.

Für die Bestimmung der 130 % Grenze hielt das Landgericht nämlich nicht die Schätzung des Gutachters maßgeblich, sondern den tatsächlich für die Reparatur aufgewendeten Betrag. Da es sich um gebrauchtes Fahrzeug handelt, durften bei der Wiederherstellung des Audi auch Gebrauchtteilen verwendet werden. Wesentlich sei nur ein fachgerechtes Reparaturergebnis und das war hier erreicht.

LG Stuttgart, Urteil vom 18.07.2012, Az: 5 S 230/11

Die Frage, ob Reparaturkosten, die zwar den Wiederbeschaffungswert übersteigen, aber nicht die 130%-Grenze, weil eine Reparatur nicht wie vom Gutachten kalkuliert mit Neuteilen, sondern unter Verwendung von Gebrauchtteilen erfolgt ist, wird von der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Das Landgericht Stuttgart hat daher die Revision zum BGH zugelassen.

Das Landgericht Koblenz z.B. entschied mit Urteil vom 04.07.2007, Az: 12 S 65/07, dass eine Reparatur mit Gebrauchtteilen, auch wenn diese sicherheitstechnisch nicht zu beanstanden sind, bei der Kostenkalkulation im Rahmen der 130 % Grenze nicht vorgesehen sei. Grundlage müsse ein Sachverständigengutachten sein, welches sich an den Gepflogenheiten einer Fachwerkstatt zu orientieren habe, wo üblicherweise Neuteile verbaut werden.

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Aus gegebenem Anlaß

Ciao Dave.

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Wissen Sie, was Sie mich mal können?

Lieber Polizeipräsident, belehren können Sie mich, über meine Rechte als Zeugin oder Beschuldigte. Hat sich die Betroffene gedacht, als sie Post von ihm bekommen hat.

Als Betroffene muß sie nämlich den Namen der Fahrerin – also ihren eigenen – nicht benennen; man (frau) ist nicht gezwungen, den Kopf freiwillig unters Fallbeil zu legen.

Auch als Zeugin muß sie nicht aussagen, wenn sie mit dem Fahrer verwandt ist (§ 52 StPO), oder sich möglicherweise der Gefahr einer Strafverfolgung aussetzt (§ 55 StPO), sobald sie den Fahrer verpfeift.

Aber versuchen kann man es ja mal, lieber PolPräs. Nicht wahr?

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Stinkende Päckchen

Aus einem Kommentar zu einem kritischen Blogbeitrag aus dem Jahr 2006 zum Service der DHL:

aktuell persönlich besonders ärgerlich ist die Tatsache, dass unser DHL Zusteller im Fahrzeug seit Jahren Zigarillos raucht und sogar mit der Kippe an die Tür kommt~ die Pakete stinken alle! nach kaltem Rauch ! einfach nur eklig! Massenhafte Beschwerden waren bisher völlig zwecklos~ beschwerderesistent! Versender wechseln geht in diesem Fall leider nicht…

Das ist aber auch schlimm geworden mit diesen Rauchern! ;-)

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Wattebällchen für den Polizeichef

Das Landgericht Traunstein hatte festgestellt,

dass der Mann im vergangenen Jahr beim Rosenheimer Herbstfest den Kopf eines gefesselten, damals 15-jährigen Jugendlichen auf der Wache des Rosenheimer Volksfestes gegen die Wand schlug, das Opfer trat und ohrfeigte. Der Schüler hatte bei der Gewalttat des leitenden Beamten im Herbst 2011 eine stark blutende Platzwunde an der Lippe davongetragen. Ein Schneidezahn brach, andere Zähne wurden geschädigt.

berichtete der Bayerischer Rundfunk am 27.11.2012.

Dafür hat sich der (wohl zu Recht ehemalige) Rosenheimer Polizeichef eine Freiheitsstrafe von – na, raten Sie mal, ja genau: 11 Monaten gefangen. Auf Bewährung.

Dazu ein wenig Hintergrund:

Es handelt sich um eine (einfache!) Körperverletzung im Amt nach § 340 StGB. Dafür gibt es eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Es sei denn, das Gericht meint, es sei ein minder schwerer Fall, dann kann es auch nur eine Geldstrafe werden.

Das Mit-dem-Kopf-gegen-die-Wand-Schlagen ist keine gefährliche Körperverletzung im Sinne des § 224 StGB (Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren). So habe ich die herrschende Meinung jedenfalls im Studium kennen gelernt:

Ob jemand dem Opfer einen Stein auf den Arm schlägt oder das Opfer mit dem Arm auf einen am Boden liegenden Stein schleudert und dadurch dieselbe Gefahr eines Knochenbruchs bewirkt, macht einen Unterschied.

Frei zitiert nach BeckOK StGB § 224, Rdz. 31.

Warum nun gerade 11 Monate?

Das könnte einen beamtenrechtlichen Grund haben: Nur einen Monat mehr, dann gibt es einen neuen Kunden beim Arbeitslosenamt. Das regelt § 24 BeamtStG:

Wenn […] ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts […] wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr […] verurteilt wird, endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils.

Das muß man als Strafverteidiger wissen, wenn man einen Beamten verteidigt. Und auch als Richter, wenn man die Höhe der Freiheitsstrafe auswürfelt.

Für den Rosenheimer Beamten auf Lebenszeit bedeutet das Urteil:

Er verbleibt im Dienst und nach Ablauf der Bewährungszeit wird ihm die Strafe erlassen (wenn er nicht erneut einen Hernawachsenden krankenhausreif prügelt, bzw. dabei erwischt wird). Im Verhältnis zu der aufgeplatzten Lippe und dem abgebrochenen Schneidezahn eigentlich ein Supersonderpreis, wenn ich das mal mit den Urteilen vergleiche, die sich meine psychisch kranken Mandanten wegen einer Prügelei am Kottbusser Tor fangen.

Ob dieses Ergebnis auf die Qualität der Arbeit des Verteidigers, auf die Einstellung des Richters zum Berufsbeamtentum oder aber auf den Corpsgeist und die Vergeßlicheit der feinen Kollegen des Schlägers zurückzuführen ist, wird nicht berichtet. Bemerkenswert (sic!) ist noch, daß der Staatsanwalt eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten beantragt hatte.

Ende der Geschichte? Aber nicht doch!

Der Spiegel berichtete am 4.12.2012:

Gewalttätiger Polizeichef akzeptiert Urteil nicht.

Ein Verhalten, daß offenbar noch nicht einmal sein Verteidiger billigt. Nach dem Urteilsspruch wird der Kollege zitiert: „Ich denke, wir könnten damit leben.“ Wenig später teilte er dann mit, daß sein Mandant „das Urteil einer Überprüfung unterziehen“ wolle. „Sein Mandant„, er auch?

Aber vielleicht wird das Ergebnis dieses Strafprozesses dann doch noch in einen adäquaten Rahmen gestellt: Denn nach Rechtskraft erwartet den „Prügel-Bullen“ noch ein Disziplinarverfahren, das durchaus zu spürbaren Rechtsfolgen führen könnte. Die Hoffnung stirbt zuletzt …

Dem, der das Thema ein wenig vertiefen möchte, sei die Lektüre der Süddeutschen Zeitung empfohlen.

Bild: Petra Dirscherl / pixelio.de

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Keine wirkliche Konkurrenz

Dieser Alkoholtransporter fährt in einer anderen Klasse:

Aber auch keine schlechte Marketing-Idee.

Dank an Maik für den Schnappschuß (seiner Beifahrerin)

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Aktenwagenfetischisten

Erschreckend: Sodom und Gomorra und im Kriminalgericht!

Das ist so ein Wagen, auf dem Akten durch lange Gerichtsflure geschoben werden. Die Frage ist, warum das Ding gegen die Wegnahme mit einem Schloß gesichert werden muß.

1.
Kein Mensch, der in der heutigen Zeit angekommen ist, braucht so einen Aktenwagen.

2.
Es gibt aber trotzdem Leute, die alles gebrauchen können. Besucher des Gerichts; Zuschauer, Zeugen, Angeklagte … Die kommen aber mit so einer Karre nicht durch die Sicherheitsschleusen, ohne daß sie bei dem Versuch der Aktenwagenentführung einen Großalarm auslösen würden.

Zwischenergebnis:
Weder Menschen, noch Leute stellen eine Gefahr für dieses Transportmittel dar.

3.
Es bleiben noch die Justizbediensteten: Richter, Staatsanwälte, Wachtmeister, Rechtspfleger …

Schlußfolgerung:
Das Schloß dokumentiert, es laufen im Kriminalgericht kriminelle Elemente frei herum, von denen die Gefahr ausgeht, daß sie Aktenwagen klauen und sie heimlich in ihrem eigenen Kabuff verstecken, und daß dies weder Menschen, noch Leute sind.

Nachwort:
Ach ja, es gibt eine weitere Gruppe von Herumtreibern im Kriminalgericht: Psychiatrische Sachverständige … wer auch immer sie braucht.

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Der Strafverteidiger empfiehlt – 33

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