Es sind mehrere Taten angeklagt, aber nur bei der Hälfte ist die Beweislage – aus Sicht des Staatsanwalts – günstig. Um in der anderen Hälfte den Nachweis führen zu können, daß der Angeklagte sie (so) begangen hat, wie sie ihm zur Last gelegt wurde, müßten in der Beweisaufnahme erhebliche Klimmzüge gemacht werden.
Dem Strafrichter gefällt das nicht, er schaut in Richtung Staatsanwalt, der seinen Blick erwidert. Sodann kommt aus der Ecke eben dieser Anklagebehörde ein Antrag, nämlich der nach § 154 Abs. 2 StPO. Die Wackelkandidaten sollen in Hinblick auf die standfesten Fälle der Anklage eingestellt werden.
Der Verteidiger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme. Nach Rücksprache mit seinem Mandanten teilt er mit, daß dieser mit einer Einstellung nach § 154 StPO *nicht* einverstanden sei. Sein Argument: Wenn es der Justiz nicht gelingt, den Tatnachweis zu führen, kann es nur einen (Teil-)Freispruch geben, aber keine Einstellung.
Der Richter erwidert, ihm sei dieses Argument völlig Wurscht (das formuliert er natürlich ein wenig anders, höflicher und sachlicher).
Diese Mitteilung führt aber nun zu einer „unaufschiebbaren“ Unterbrechung, in der der Verteidiger mit seinem Mandanten gemeinsam überlegt, ob der Richter vielleicht befangen sein könnte. Denn nur im Falle eines Freispruchs trägt die Landeskasse die Kosten der Verteidigung; bei einer Einstellung eben nicht.
Das Roulette-Spiel beginnt.
Seit wann ist denn die Zustimmung des Angeschuldigten bei einer Einstellung nach Abs. 2 erforderlich? Vgl. BeckRS 1999 30072804 und NStZ 1995, 18
Das Wort „unaufschiebbar“, das sich in der StPO im Zusammenhang mit der Richterablehnung nicht findet, ist bei Verteidigern offenbar unausrottbar. Ebenso wie die offensichtlich fruchtlose Befangenheitsablehnung wegen anderer (nicht abwegiger) Rechtsansicht des Gerichts.
Warum macht der Richter es sich auch so schwer?
Den Antrag der StA entgegennehmen, Verteidiger und Angeklagten fragen, ob dazu was erklärt werden soll, Erklärungen anhören, freundlichen nicken, Beschluss verkünden und ohne Theater fertig werden.
Frechheit, Sparzwang, Hintertür.
Im § sehe ich nicht, dass es dazu dient, unbewiesene Vorwürfe einzustellen. Im Gegenteil, es wird sich die Hintertür offengehalten,
Sparzwang oder mangelndes Ego, wenn der Richter hier keinen Freispruch gibt?
Oder ist das normal, dass etwas eingestellt wird, was moment nicht bewiesen kann. Im Sinne von „schauen wir dann nochmal, vielleicht ergibt sich dann doch noch was“ ?
Die Sache ist aber nur dann freispruchreif, wenn ein Tatnachweis auch bei weiterer Beweisaufnahme nicht zu erwarten ist. Ist ein Tatnachweis hingegen bei „Klimmzuegen“ denkbar, dann liegt eigentlich kein Fall vor, in dem freigesprochen werden muesste.