Das Laser-Bärchen auf dem Backblech

Vor dem Haus steht ein Mopped auf dem Gehweg. Mit dem Kennzeichen B-DU 30. Auf der Kennzeichentafel befinden sich zwei Stempel, einer für die nächste Hauptuntersuchung und dann noch das Berliner Bärchen.

Aufgrund eines anonymen Hinweises stellt die Rennleitung fest: Das Kennzeichen wurde für kein Mopped ausgeben. Die beiden Stempel stammen aus einem handelsüblichen Farblaserdrucker. Die Eigentumsverhältnisse an den Mopped sind ungeklärt.

Ich erhalte von dem Mandanten den Auftrag, ihn gegen die Anklage zu verteidigen. Man wirft ihm eine Urkundenfälschung vor. Er soll die falschen Plaketten auf die Kennzeichentafel an „seinem“ Mopped geklebt haben.

Die Ausgangsposition des Mandanten ist nicht von schlechten Eltern: 17 Vorstrafen, darunter zwei noch offene Bewährungen mit insgesamt 23 Monaten Freiheitsstrafe. Eine der Vorstrafen führte im März 2011 zur Entziehung der Fahrerlaubnis. Auch die meisten anderen Eintragungen hatten Bezug zum Straßenverkehr. Das riecht nach Bewährungswiderruf und einem kräftigen Nachschlag für das Laser-Bärchen.

Meine spontane Idee: Verteidigung durch Schweigen. Das, was die Akte da hergibt, reicht nicht für die Verurteilung. Solange man nicht weiß, wem das Mopped gehört und wer die Stempel auf’s Backblech geklebt hat. Der Mandant durfte optimistisch sein …

… bis zu dem Zeitpunkt, zu dem mich der Staatsanwalt anrief. Er habe da gerade eine Akte hereinbekommen, in der mein Mandant als Geschädigter eine Verkehrsstraftat angezeigt hatte. Es ging um eine Rangelei im Kreisverkehr um den Ernst-Reuter-Platz.

Das breite Grinsen des Strafverfolger war durchs Telefon zu sehen, als er die Anzeige meines Mandanten vorlas:

Am 2. April 2011 fuhr ich auf meinem Motorrad mit dem amtlichen Kennzeichen B-DU 30 auf der Bismarckstraße …

Ich denke, jetzt muß die Verteidigungsstrategie schleunigst umgestellt werden.

Dieser Beitrag wurde unter Mandanten veröffentlicht.

14 Antworten auf Das Laser-Bärchen auf dem Backblech

  1. 1
    TheK says:

    Wegen solchen Leuten könnte ich echt nicht Strafrechts-Anwalt sein. Alles in allem klingt das nach einer ganz gewaltigen Portion Dreistigkeit. Verteidigen? Der braucht eher mal einen ordentlichen Schuss vorn Bug (wofür die fast 2 Jahre Bewährung ganz offenbar nicht ausreichten).

  2. 2
    Jens der Andere says:

    TheK, auch wenn ich zustimme – jeder hat ein Recht auf einen Verteidiger. Was ja nicht heißt, daß der Anwalt das Verhalten des Mandanten in jedem Falle billigt. (Man denke mal an Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und ähnliches…)

    Na ja, wenigstens hat der Staatsanwalt wesentliche Information zur Verteidigung rechtzeitig dem Anwalt übermittelt… (Muß der das?)

  3. 3
    oldschool says:

    …und da heißt es immer, Dummheit würde nicht bestraft! ;)

  4. 4
    Anonymer Zyniker says:

    Wie blöd kann man sein. Da kann man gleich sagen:

    Am 2. April 2011 fuhr ich ohne Lappen auf einem geklauten Motorrad mit dem gestohlenen und selbst gestempelten Kennzeichen B-DU 30 auf der Bismarckstraße …

  5. 5
    IANAL says:

    „Das breite Grinsen des Strafverfolger war durchs Telefon zu sehen“

    Auch einem Staatsanwalt darf man mal ein Erfolgserlebnis gönnen. Und wer sich so dämlich anstellt crh’s Mandant, dem ict echt nicht mehr zu helfen…

  6. 6
    Quant says:

    Mein Mitleid für den Mandanten hält sich in Grenzen. Wer 17 Mal nicht hört, muss auch mal fühlen.

  7. 7
    ??? says:

    Lieber Herr Advocat,
    es gibt Mandanten, die sind sozusagen dumm wie Schifferschei…..

    Die Sache hat nur einen Haken:
    Haben Sie nicht die Schweigepflicht?

    Vielleicht hat der Depp ja die ADAC-Rechtsschutzversicherung und hofft immer noch….
    die übernehmen das allerdings nicht.

  8. 8
    Thomas says:

    Ich empfehle dem Umzug nach Düsseldorf. Dort könnte das Fahrzeug D-AU 100 heißen.

  9. 9
    Anmerkung says:

    Meine Fresse, wie dumm kann man denn sein.

    Blöde Zusatzfrage vom Laien: Spielt es für den Versicherungsschaden (Kreisel) eine Rolle ob der damals Geschädigte ein rechtsmässiger Teilnehmer am Strassenverkehr war? Sonst droht vielleicht auch noch was in Richtung Versicherungsbetrug ;-)

  10. 10
    Affengesicht says:

    Ist das nicht ein Verstoß gegen Ihre Verschwiegenheitspflicht? Hoffentlich sind die Daten nicht die Originalen…

  11. 11
    Hans says:

    Dem üblichen Decknamen folgend, hätte als Beispielkennzeichen doch auch BRA-US 3 gepasst :-)

  12. 12
    RA Neldner says:

    Ich bin auch etwas enttäuscht, dass es nicht Wilhelm Brause war. Angesichts der bisherigen Berichte hier über ihn, hätte es von der Länge des BZR her gepasst.
    Mandant liest sich so unpersönlich.

  13. 13
    MaxR says:

    Das sind so Momente, in denen man das Mantra „ich liebe meinen Beruf“ aufsagt …

  14. 14
    Engywuck says:

    wieso Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht? ich lese hier nichts, das der Staatsanwalt nicht ohnehin weiß. Mal abgesehen davon, dass das wohl kaum die Original-Daten sind….