Der Herr Wulff – nicht strafbar

Der Zentralrat der Juden hatte den Herrn Wulff mit dem Leo-Baeck-Preis ausgezeichnet. Mit dieser Auszeichnung war die Zahlung eines Preisgeldes in Höhe von 10.000 Euro verbunden. Seinerzeit war der Herr Wulff noch Bundespräsident.

Irgendwie soll diese Prämie dann auf das Privatkonto gelangt sein (Huch!). Das blieb den Finanzermittlern der Staatsanwaltschaft dann doch nicht verborgen.

Die Strafverfolger fanden aber keine Aufzeichnungen über diese Zahlung in die Privatschatulle des Herrn Wulff. Das soll er aber nun nachliefern können. Sie …

… schickten am 13. Juni einen Brief mit der Bitte um „Vervollständigung von Aktenbeständen“ zum Leo-Baeck-Preis an Wulff.

… kann man auf Spiegel Online nachlesen. Das ist dann so ein Brief, der in der Regel bei einem normalen Steuerpflichtigen zum Läuten sämtlicher Alarmglocken und zur hektischen Betriebsamkeit führt. Aber der Herr Wulff ist ja ein außergewöhnlicher Steuerpflichtiger.

Und dennoch:

Es werde geprüft, „ob aufgrund der Verwendung des Preisgeldes ein strafprozessualer Anfangsverdacht besteht“, erklärte ein Sprecher. Zwar gibt es keine rechtlich verpflichtende Regelung für das Staatsoberhaupt; gleichwohl gehört es zum guten Ton für Bundesminister und Bundespräsidenten, Preisgelder gleich zu stiften.

Aber der Herr Wulff kann weiterhin gelassen bleiben. Strafbarkeit setzt stets ein subjektiv vorwerfbares Verhalten voraus. Der Betroffene muß also wissen, daß etwas verboten ist. Das jedenfalls gilt für Normen des Strafrechts.

Nichts anderes kann aber daher auch für „den guten Ton“ gelten. Wer nicht weiß, wie gutes Benehmen aussieht, kann sich eigentlich auch nicht daneben benehmen.

Da hat der Herr Wulff aber schon wieder einmal richtig Glück gehabt. Er muß sich noch nicht einmal schämen …

Dieser Beitrag wurde unter Philosophisches veröffentlicht.

9 Antworten auf Der Herr Wulff – nicht strafbar

  1. 1
    Gast says:

    Sie sind als Strafverteidiger im Ernst der Ansicht, dass schon die Nichteinhaltung des „guten Tons“ objektiv an sich strafbar ist?? Nach welcher Norm eigentlich??

  2. 2
    wstell says:

    @Gast: Wie kommen Sie auf diese merkwürdige Idee, dass Herr Hoenig im Ernst dieser Ansicht sei?

  3. 3
    IANAL says:

    Wenn es stimmt, ein unmögliches Verhalten. Aber aus gutem Grund ist schlechtes Benehmen nicht strafbar.

  4. 4
    Joerg says:

    Besonders peinlich finde ich allerdings erneut die angebgeliche Reaktion von Herrn Wulff. Sollten die Berichte zutreffen, hat er die 10.000 Euro nachdem die StA nachgefragt hat schnell „nachgespendet“.

    Ich bin froh, dass wir nun Herrn Gauck als Bundespräsidenten haben, der seine Sache bisher gut macht und wieder für „Ruhe in dem Amt“ sorgt.

  5. 5
    @IANAL says:

    … Und aus gutem Grund ist Herr Wullf nicht mehr Bundespräsident dieses Landes.
    Hinsichtlich der Strafbarkeit des schlechten Benehmens rufe ich noch einmal dessen Sensibilität in Sachen „Verunglimpfung des Bundespräsidenten“ in Erinnerung.

  6. 6
    @@IANAL says:

    Ich nehme mir ein „l“ und spendiere meinem Beitrag ein „f“. Ihr Blog braucht eine Editierfunktion^^

  7. 7
    IANAL says:

    @@IANAL: Der von Ihnen genannte Paragraph gehört ebenfalls aus gutem Grund schnellstmöglich abgeschafft, eigentlich sogar das Amt des Bundespräsidenten insgesamt, aber das steht auf einem anderen Blatt.

    Randbemerkungen: Amerikaner dürfen ungestraft den US-Präsidenten beleidigen, Deutsche nicht (§ 103 StGB). Und die allzeit höflichen Schweizer dürfen nur ihre eigenen Politiker beleidigen, aber keine ausländischen: http://www.admin.ch/ch/d/sr/311_0/a296.html

  8. 8
    @@@IANAL says:

    Ich denke, es war klar, wer gemeint war.

  9. 9
    MaxR says:

    Die Schlußfolgerung ist schön.

    Ich schließe daraus, daß ich mich auch nicht fremdschämen muß, weil der Herr W. mein Fremdschämen gar nicht zu würdigen in der Lage wäre.