Einem Polizeibeamten wird vorgeworfen, die Besetzer eines Hauses in der Brunnenstraße 183 in Berlin Mitte per eMail über die bevorstehende Räumung gewarnt zu haben.
Kerstin Gehrke wirft im Tagesspiegel einen Blick auf die Ermittlungsarbeit der Kollegen des angeklagten Beamten:
„Ich war das nicht, ich kann mir das nicht erklären“, sagte er. „Alle Zeugen waren von seiner Unschuld überzeugt“, erinnerte sich eine Ermittlerin vor dem Richter. Aber „rein von den technischen Fakten her“ sei man zu dem Schluss gekommen, dass nur D. es gewesen sein könne. „Seine IP-Adresse wurde schließlich ermittelt“, sagte die Zeugin. Was sie über Identitätsdiebstahl im Internet und das mögliche Knacken von verschlüsselten WLAN-Netzen wisse, wurde sie gefragt. „Da fehlen mir die nötigen Details“, gab sie zu.
„Technische Fakten“ sollen also die angebliche Verletzung des Dienstgeheimnisses belegen. Hinterfragt ein auch nur mittelmäßig begabter Strafverteidiger diese „Fakten“-Lage, dann stellt sich sehr oft – so auch hier – heraus, daß die Ermittler über nur wenig belastbare Kompetenz verfügen.
Unerlaubte Blicke in das polizeiliche Auskunftssystem sind eine Sache, von der wohl viele Polizeibeamte schon einmal etwas gehört haben. In Brandenburg wird das als Ordnungswidrigkeit verfolgt. Genauso wenig, wie ein solcher ordnungswidrige Blick hat eine IP-Adresse irgend einen Beweiswert für die Identität des Absenders einer eMail. Das sollte eigentlich auch den Ermittlungsbehörden bekannt sein.
Wenn die Anklagebehörde nicht mehr aufzuweisen hat als das, was in dem Tagesspiegel-Artikel erwähnt wird, dürfte es für eine Verurteilung eher „schlecht“ aussehen.
Da passt ja dieser Beitrag auch gut: Passt schon (Uhr geht falsch)
Dann gibts auch noch vergessen der Sommerzeit/Winterzeit oder Zeitzone falsch eingestellt. Oder wenn der Typ WEP verwendete als „Verschlüsselung“. Oder schlicht falsche Auskunft des ISP, da stand auch mal ein Fall im lawblog vor Jahren.
Es stellt sich die Frage, wie wiederum die Polizei von der an die Hausbesetzer gesendeten Email erfahren hat. Ein ungeheuerlicher Verdacht gegen einen Journalisten kursiert im Netz, der den angeblichen „Geheimnisverrat“ des Polizisten Nils D. m.E. noch in den Schatten stellt.
Hierzu:
Gegendarstellungen:
Die Junge Welt. Ist das nicht diese Zeitung, die sich für den Mauerbau bedankt hat?
Ich schlage vor, dass wir um dem Staat die Möglichkeit zur Strafe nicht zu entziehen, jedem deutschen eine IP-Nummer zuordnen, für die er dann verantwortlich ist und bei Missbrauch einer IP-Nummer verfahren wir so, wie bei der Zuordnung von Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr: Der Halter haftet! Vielleicht kann man die Bestrafung auch automatisieren, per Missbrauch 250 Euro, wäre bestimmt lohnend für den Bundesfinanzminister …
Es soll also reiner Zufall sein, dass die IP-Adresse zu einer der vielleicht 10 Personen führt, die zu diesem Zeitpunkt von den Einsatzdetails wussten? Man muss wohl Strafverteidiger sein, um so etwas glauben zu können …
@Michael Klein
„wie bei der Zuordnung von Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr: Der Halter haftet!“
Auch wenn es von Ihnen ironisch gemeint war – die Rechtslage sieht ja gerade ganz anders aus, nicht der Halter haftet sondern der Fahrzeugführer.
Der Halter haftet vielleicht nicht für die Strafe.. dafür aber für so ziemlich alles andere ;)
Beispiele:
– § 25a StVG
– § 31a StVZO
– § 7 StVG
– §§ 1004 iVm 823 BGB
– §§ 862, 863 BGB
– nicht zu vergessen, die dogmatisch komplett verfehlte Mindermeinung in der Rechtsprechung, die § 25a StVG auch im Zivilrecht für Parkverträge anwenden will (!)
Im gewerblichen Rechtsschutz ist es sogar noch irrer. Vgl. nur die jüngste Entscheidung des AG München, wonach eine Rentnerin, die zum Zeitpunkt einer Urheberrechtsverletzung keinen PC lag und im Krankenhaus lag, dennoch haften soll!!
Ähhhhh, wie konnten die überhaupt die IP abfragen? Die Vorratsdatenspeicherung ist ja ausgesetzt. Hört man auch am regelmässigen Jammern der CSU.
Wenn die also ausgesetzt ist, darf diese dann genutzt werden wenn der Provider diese dennoch illegel gespeichert hatte? Wird so ein Beweismittel zugelassen?
Ansonsten: Wenn die Polizei so gut in der Lage ist auf IPs zuzugreifen brauchen wir doch keine Vorratsdatenspeicherung ;-)
[…] Quelle: http://www.kanzlei-hoenig.de/blog-kategorie/motorradrecht/ […]