Ganz wichtige Unterbeschäftigung

Wir verteidigen einen Kollegen, über den sich ein (ehemaliger) Mandant unter anderem bei der Rechtsanwaltskammer beschwert hat. Selbstverständlich ist die „Ermittlungsakte“ notwendige Voraussetzung für eine adäquate Verteidigung. Auch (und gerade) in berufsrechtlichen Verfahren.

Deswegen haben wir bei der Rechtsanwaltskammer um Akteneinsicht nachgesucht und um Übersendung der Beschwerdeakte gebeten. Das klappt in Mord- und Totschlagsverfahren ganz gut, die Schwurgerichtskammern schicken uns die Akten problemlos zu. So eine Beschwerde, die ein querulatorischer Mandant erhoben hat, ist damit aber nicht vergleichbar. Überhaupt nicht. Diese Akte kann nicht versand werden, meint der Vorsitzende der Kammer-Abteilung, die die Beschwerde zu bearbeiten hat:

Der Kollege, der uns um Verständnis dafür bittet, ist Zivilist. Ich bin mir nicht sicher, wie er seinen beruflichen Alltag strukturiert. Aber offensichtlich hat er reichlich Zeit dafür, mir mehr oder minder sinnvolle Briefe zu schreiben, anstatt mal eben die 10 oder 15 Seiten der Akte durch einen Scanner zu schieben. Mir fehlt jedenfalls die Zeit dazu, mir einen halben Tag bei diesen Wichtigtuern in der Littenstraße um die Ohren zu schlagen.

Und zum Laufburschen lasse ich mich von so einem unterbeschäftigten Zivilisten auch nicht machen …

Dieser Beitrag wurde unter Rechtsanwälte veröffentlicht.

13 Antworten auf Ganz wichtige Unterbeschäftigung

  1. 1

    Für einen Antrag, den Herrn Vorsitzenden wegen mangelnder Sachkenntnis seines Amtes zu entheben, sollte es aber doch noch reichen. Oder?

  2. 2

    … und außerdem wünscht der Kollege ganz dringend, endlich mal „dienstlich“ bestätigen zu können, dass er Verständnis dafür hat, dass nachhaltige Behinderung der Verteidigung die Besorgnis auslösen kann, dass …

  3. 3
    eborn says:

    „der Menge der hier geführten Verfahren.“ Das wirft ja keine gutes Licht auf die Anwaltszunft.

  4. 4
    Kilian says:

    Nanana.. ruhig Blut der Herr

  5. 5
    Deutsche Gabbana says:

    Hat man als Verteidiger denn einen Anspruch auf Abschrift oder nur Einsicht in die Akte? Falls ja, woraus ergibt sich das? § 147 StPO?

  6. 6
    Altmann says:

    Die Beiträge zur Kammer sind einfah zu niedrig um für ausreichend Personl und die entsprechende Technik zu sorgen.

  7. 7
    Neumann says:

    Normalerweise bekommt doch der Kollege eine Kopie der Beschwerde zur Stellungnahme.

  8. 8
    BV says:

    Und nun?

    • Was schlagen *Sie* vor? crh
  9. 9
    theo says:

    „…Der Herr ist Zivilist…“
    Was soll uns das sagen? Sind Rechtsanwälte seit neustem keine Zivilisten mehr?

  10. 10
    JJPreston says:

    Berufsrechtliche Beschwerde gegen den Kammervorsitzenden?

  11. 11
    meine5cent says:

    So viel mehr Arbeit hat der Abteiliungsvorstand sicher nicht mit dem Schreiben gegenüber dem Scannen von 10-15 Seiten. Denn das Schreiben dürfte einen Standardtext enthalten. Die gescannten Seiten auf CD brennen, die CD verschlüsseln (wegen Ziff. 4 Anlage zu § 9 BDSG) und versenden ist wohl teurer und aufwendiger für die RAK.
    Auch was Neumann Nr.5 schreibt, stimmt, deshalb frage ich mich, was die Akteneinsicht zusätzlich bringen soll.

  12. 12
    NaNu says:

    Was genau soll in diesem Zusammenhang „Zivilist“ bedeuten?

  13. 13
    Lexus says:

    @NaNu:

    Vermutlich soll es Juristen beschreiben die sich lieber mit Einwendungsdurchgriff beschäftigen als mit Mord und Totschlag.