Die „Sanktionsschere“ war einmal mehr Thema beim Bundesgerichtshof. Die Staatsanwaltschaft hatte dem angeklagten Steuerhinterzieher ein Angebot gemacht: Vier bis fünf Jahre für ein Geständnis. Für den Fall des Bestreitens, also für den Fall, daß sich der Angeschuldigte gegen die Vorwürfe verteidigen will, hatten die Ankläger eine Freiheitsstrafe zwischen acht und neun Jahren angedroht.
Ich habe ein massives Problem damit, ein solches Verhalten als noch vereinbar mit dem nemo-tenetur-Grundsatz zu sehen.
Die Freiheit der Willensentschließung des Angekl. muß gewahrt bleiben. Er darf weder durch Drohung mit einer höheren Strafe noch durch Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils – und hierzu gehört auch die schuldunangemessen milde Strafe – zu einem Geständnis gedrängt werden …“.
hatte vor knapp fünf Jahren der 3. Senat des BGH (14.08.2007 -3 StR 266/07) noch formuliert.
Der Kollege Burhoff berichtet über den Beschluß des BGH vom 22.03.2012 – 1 StR 618/11; der 1. Senat des BGH hat heute offenbar kein Problem damit, diese Geständnis-Erpressung noch in den grünen Bereich eines rechtsstaatlichen Verfahrens zu platzieren.
Anhand solcher Entscheidungen wird deutlich, welche Auswirkungen Auswüchse die Legalisierung einer Pest durch formelles Recht hat.
Bild: Uschi Dreiucker / pixelio.de
Ähm, die „Androhung“ erfolgte doch nicht im Rahmen der Verständigung, sondern vorher. Und solche Drohungen mit Anträgen der StA gab es schon immer, ob mit oder ohne gesetzliche Deal_Regelung. Als „die Pest“ noch nicht legalisiert war, war es doch eigentlich noch schlimmer, weil das Verbot des Rechtsmittelverzichts nicht galt und willfährige Dealer-Verteidiger gleich nach dem Urteil alles wasserdicht gemacht haben.
Mehr als Anträge ankündigen kann die StA mit der Drohkulisse sowieso nicht. Die Verständigung selbst war mE nicht daneben, zumal die Untergrenze verhängt wurde.
Sie sollten vielleicht nicht unerwähnt lassen, dass nicht die Staatsanwaltschaft sondern das Gericht die Strafen festsetzt. Welche Drohung soll also schon von den Vorstellungen eines StA ausgehen, die sich das Gericht ausdrücklich nicht zu eigen gemacht hat.
Rainer Pohlen schreibt im „Strafblog“ auch Interessantes zu dem Thema. Halte ich für lesenswert, hier der Link: http://bit.ly/I7nvLz