Haben die nichts Besseres zu tun?

Ja, ich weiß. Das ist eine Frage, die man sich besser verkneifen sollte. Man macht sich nicht beliebter damit. Aber manchmal funktioniert die Selbstbeherrschung eben nicht:

Geladen sind zwei Zeugen, erscheinen werden ein Protokollführer, ein Richter, ein Ober(!)Amtsanwalt und ein Verteidiger. Ein paar Wachtmeister werden sicherlich auch noch Zeit haben, sich um den Saal zu kümmern.

Und dann hören wir alle: Wenn das jeder machen würde, wo kämen wir denn dann hin? Noch so eine Frage, die man besser nicht stellt.

Dieser Beitrag wurde unter Justiz veröffentlicht.

28 Antworten auf Haben die nichts Besseres zu tun?

  1. 1
    Ö-Buff says:

    Hehe, tja.

    Da drängt sich natürlich die Frage auf, wie viele Packungen Duplo es denn hätten sein müssen für eine Gerichtswürdigkeit der Angelegenheit. ;)

  2. 2
    Engywuck says:

    und in Ergänzung zu O-Buff, was man dem Herrn Verteidiger denn alles klauen darf, ohne dass eine Anzeige folgt :-)

  3. 3
  4. 4
    Stephan says:

    …und wie viel alte Brötchen eine Servicekraft essen darf bevor sie gekündigt wird.
    Ich denke der Hoenig hat recht, nicht alles was Unrecht ist muss unbedingt mit dem ganzen Wucht der Staatsmacht gahndet werden. Ein bisschen Augenmaß wäre oft wünschenwert.

  5. 5
    Ö-Buff says:

    Die Frage ist, was man mit so einer Sache machen soll. 1,99 Euro an den Geschädigten zurückzahlen und die Sache ist erledigt? Pauschal annehmen, dass die Tat begangen wurde und mit 50 Euro Strafe belegen? Durchgehen lassen?

  6. 6
    Caron says:

    Genau. Wir setzen Strafbarkeit einfach auf 50€ und Herr Hoenig erklärt dann dem kleinen Supermarktbetreiber, warum sich heute der 4 Junkie Kaffee für 40€ unter den Arm geklemmt, frech gegrinst und gesagt hat: „Du kannst mir gar nix!“.

  7. 7
    PH says:

    Kommt es bei sowas wirklich zu einer richtigen Verhandlung? Wird sowas nicht eingestellt? Wenn nein, dann dürfte doch ein erhebliches Vorstrafenregister bestehen oder? Wird sowas nicht zumindest durch einen Strafbefehl geregelt? Was sagen denn die Strafrechtler, warum sowas tatsächlich angeklagt und verhandelt wird?

  8. 8
    Netzstachel says:

    Wie war das gleich nochmal mit der geringen Schuld und dem öffentlichen Interesse?

    Manchmal fragt man sich schon was so in den Köpfen vorgeht…

  9. 9
    Franzl says:

    Herr H verschweigt geflissentlich, dass sein Mandant eine Vorstrafenlatte von Friedrichshain nach Spandau hat, denn sonst wäre a) keine Anklage erhoben worden und b) Herr H nicht as Pflichtverteidiger beigeordnet worden.

  10. 10
    ???? says:

    An Duplo ist was Leichtes dran.
    Es schmeckt und regt zum Mausen an.

    Oder müßte es heißen:
    Es schmeckt und regt zum Klagen an…..

  11. 11
    T.H., RiAG says:

    Manchmal hilft ein Blick in das BZR, und schon wird relativ leicht erklärbar, warum auch bei Kleinstdiebstählen Anklage erhoben wird. Alte Faustregel: ist der BZR-Auszug dicker als der restliche Akteninhalt, kommen §§ 153, 153a StPO in der Regel nicht mehr in Betracht. ;-)

    • Das ist nachvollziehbar. Aber warum beschweren sich die Staatsanwaltschaft und das Strafgericht, wenn ich den Mandanten dann aktiv verteidige. Muß ich mir den Vorwurf gefallen lassen: „Wegen 1,99 wollen Sie eine Beweisaufnahme mit Zeugen, Sachverständigen und dann auch noch Ihre Bestellung zum Pflichtverteidiger?!“ Oder darf ich dann ausfallend werden? ;-) crh.
  12. 12
    ra kuemmerle says:

    Das geht wesentlich innovativer. :) „Der Angeschuldigte griff mit seinen verschmutzten Händen in der SB-Abteilung der K.-Filiale in Berlin in die Auslage und entwendete eine Olive. Die restlichen Oliven im Gesamtwert von 50,00 Euro mussten anschließend entsorgt werden.“ Die Sache wurde zum Glück verbunden mit anderen Diebstählen und nach 154 eingestellt.

  13. 13
    MarcK says:

    Dann sollte man doch mal einen Kaufmann fragen, wie zum Beispiel ihn hier:
    http://www.shopblogger.de/blog/

    Manchmal berichtet er mehrmals wöchentlich über Ladendiebe, deren Personalien aufgenommen wreden, aber das wars dann auch und er bekommt irgendwann mitgeteilt, dass das eingestellt wird.

    Er berichtet auch über Leute, die zum 2ten und 3ten Mal bei ihm gefasst werden… ohne dass etwas passiert. Es geht nicht um einmal 1,99 von einer Person.
    Es geht um Personen, die lernen, dass das keinerlei Konsequezen hat und immer wieder lange Finger machen.

    Es geht um Kaufleute, bei denn sich diese nicht verfolgten Einzelfälle in die Tausende pro Jahr addieren.

    Und wenn die Diebe dann noch auf Staatskosten einen Pflichtverteidiger bekommen, dann funktioniert der Sozialstaat ja doch noch, oder wie?! ;-)

  14. 14
    Mirco says:

    @crh
    Der Anwalt macht das doch wegen des Tatvorwurfs und der Strafbarkeit, nicht wegen der 1,99. Die Verhältnismäßigkeit kann immer nur die Anklage treffen.

  15. 15

    Vielleicht sollte man den alten Spruch, „Vor Gericht bekommen Sie kein Recht, sondern ein Urteil“, um den Zusatz erweitern: „… und einen Kostenbeschluss“.

  16. 16
    ???? says:

    Natürlich ist es nicht in Ordnung.
    Natürlich hat der Einzelhandel jedes Jahr Diebstahlverluste in Millionhöhe. In der Kalkulation ist der Diebstahlverlustausgleich inzwischen höher als die Transportpauschale.

    5-10 % aller Sachen werden mit Fünf-Finger-Rabatt eingekauft.

    In diesem Fall ist die Frage, ob 13jährige rumänische Kinder nicht doch verfolgt werden sollten, auch ein abendfüllendes Thema.
    Doch wir schweifen ab.

    Für den einen ist es Duplo und für den anderen der wahrscheinlich längste Prozess der Welt.

    Was mich aber interessiert:
    Da hatte doch einer vor nicht allzulanger Zeit Schokolade im Wert von 50 Cent „weggefunden“.

    Was wurde daraus?
    Sitzt der Lump in Moabit?
    Sind die Akten in Karlsruhe?

  17. 17
    Johannes says:

    je nach znk und reg.auszug klingelst halt auch mal bei Kleinigkeiten. ich kann mich an einen Erinnerung, der hat für 2 Wiener Würstchen 3 Mon auf Bewährung bekommen.

  18. 18

    Tja, ist auf jeden Fall eine schwierige Frage, wie geht man mit Vergehen um, der Verfolgung sich wirtschaftlich nicht lohnt, deren allgemeine Straffreiheit aber eben auch nicht funktioniert? Ich persönlich hab da keine gute Idee.

  19. 19
    T.H., RiAG says:

    @crh

    Ausfallend sollten Sie erst dann werden, wenn der Hinweis „wer A(nklage) sagt muss auch B(eiordnung) sagen nicht fruchtet… ;-)

    Bei Dauerkunden sind die Voraussetzungen des § 140 Abs.2 StPO sehr häufig gegeben, irgendeine Straf- oder Strafrestaussetzung zur Bewährung ist fast immer offen. Und wenn nicht liegt oft langjähriger Alkohol- und/oder BtM-Missbrauch vor, so dass man die Leute auch deshalb nicht alleine zu Gericht schicken kann (was allerdings nach meiner Beobachtung in der Praxis leider nicht selten vorkommt).

  20. 20
    Pascal says:

    Wenn die Durchsetzung von Recht in Bagatellfällen nur durch die Beschränkung von Freiheitsrechten möglich ist, sollte man die Rechtslage der gesellschaftlichen Notwendigkeiten anpassen und Diebstahl geringwertiger Sachen zum nichtkommerziellen Gebrauch legalisieren.

    ;)

  21. 21
    pro sekution says:

    die vorkommentatoren haben alles wesentliche gesagt: mit dem knappen blog-eintrag ist nicht viel gewonnen, da er insbesondere keine angaben dazu enthält, wieviele und welche vorstrafen der mandant hat.

    im übrigen ist Ihr eintrag aber auch unerhört populistisch, herr hoenig, und er ist geeignet, den fachunkundigen bürger gegen die justiz in position zu bringen. denn jeder (!) wird erstmal mit dem kopf schütteln über die achso mit geweheren auf tauben schießende böse staatsmacht.

    was Sie indes gekonnt unterschlagen (frei nach dem motto: information ist macht), ist der umstand, dass das deutsche strafrecht (und mit ihr die deutschen polizeien und staatsanwaltschaften) auf solche bagatellen durchaus angemessen zu reagieren weiß:

    – für diebstähle in dieser höhe (= geringwertiger sachen) gibt gemäß § 248a StGB es ein (zwar relatives, aber immerhein ein) antragserfordernis
    – selbst im (ausnahme!-)fall eines antrags oder der bejahung des besonderen öffentlichen interesses besteht noch in der hauptverhandlung die möglichkeit, das verfahren nach § 153 oder § 153a StPO wegen geringer schuld einzustellen.

    dass es hier sogar zu einer anklage gekommen ist, zeigt nichts weniger, als dass Ihr mandant in der tat wesentlich und einschlägig vorbelastet sein muss. mit einer beschäftigungstherapie hat das nichts zu tun. wahrscheinlich hat er die tat begangen, als er, gerade erst aus dem knast entlassen, auf dem nachhauseweg hunger bekam…

  22. 22
    Der Gouvernator says:

    @Pascal: Prima Idee. Nur wer bestimmt, was „geringwertig“ ist?

    Wollen Sie wirklich im Supermarkt für alle „geringwertigen“ Waren das Doppelte bezahlen, weil die andere Hälfte so mitgenommen wurde?

    Vermutlich würde dann keiner mehr bezahlen und es wäre für alle billig. Dumm nur, wenn dann die Läden schließen.

    Anders wäre die Sachlage, wenn man die „geringwertigen“ Waren in beliebiger Menge und fast ohne Kosten herstellen könnte. Dann würde es in der Tat reichen, wenn einige wenige bezahlen oder alle eine Minimalgebühr bezahlen und somit in den Genuss der Sachen kämen. Solange die Hersteller davon leben können und sich nicht mit Reichtum „vollsaugen“ oder Dritte ohne Eigenleistung sich bereichern… Da wäre ich dann sofort Ihrer Meinung. Ganz ernst gemeint.

  23. 23
    Subsumtionsautomat says:

    @Pascal:
    Kann man so machen… Dann müsste man es aber IMHO auch dem Bestohlenen überlassen, für die – notwendigen – Konsequenzen zu sorgen. Ist ein Schlag ins Gesicht dann noch angemessen oder ein Tritt in die Magengegend? Mit welcher Stärke darf dieser geführt werden? Oder soll der Geschädigte darauf verwiesen werden, einen zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch unter Einbeziehung von eigenen Kosten geltend zu machen, der bei den üblichen Tätergruppen ohnehin nicht durchsetzbar sein dürfte? Vielleicht ist es dann doch besser, wenn sich der Staat um die Verfolgung von Straftaten kümmert. Auch in Bagatellfällen…

  24. 24
    Pascal says:

    der ;) war übrigens ein Zeichen der Ernsthaftigkeit. Beim Flilesharing diskutiert man das ja genauso.

  25. 25
    RA Jochen says:

    Vorstrafenregister muß nicht immer sein, um aus einer Mücke einen Elefanten zu machen. Aktuell ist ein nicht vorbestrafter (BZR 0 Eintragungen) Mandant angeklagt des versuchten Diebstahls an einem Parfum (Wert 67,00 Euro). Er hat keinen festen Wohnsitz, wurde nach der Identitätsfeststellung entlassen, Monate später sodann mit allen Mitteln gesucht, bis man ihm schließlich irgendwo eine Anklage zustellen konnte. Der Mann spricht kein Wort deutsch, weshalb die Hauptverhandlung ausgesetzt und zunächst ein Dolmetscher organisiert werden mußte, der auch noch die wahnsinnig komplizierte (2 Sätze) Anklageschrift zu übersetzen hat. Nächster Termin: von Amts wegen. (Mal schauen, ob der Mandant dann immer noch dort wohnt).

    Ich will den Unrechtsgehalt von Ladendiebstählen nicht kleinreden. Weshalb man diese Delikte jedoch oftmals so konsequent verfolgt, während insbesondere Wirtschaftsdelikte mit 1000-fach höheren Schadenssumme großzügig nach § 153a StPO eingestellt werden, erschließt sich mir nicht.

    Klassenjustiz?

  26. 26
    Basti says:

    Ich hatte vor ein paar Monaten (dienstlich) einen Strafbefehlsantrag auf dem Tisch, bei dem es nicht mal um den Diebstahl der Packung Duplo, sondern nur um das Entfernen der an der Packung angebrachten Sammelmarken ging, die man, wenn man genug zusammen hatte, bei Ferrero gegen ein Werbegeschenk hätte einlösen können.

    Die Akte liegt mittlerweile beim LJPA – und zukünftige Referendare dürfen sich über ein paar interessante Rechtsfragen freuen…

  27. 27
    Man says:

    Mit der momentanen Gesetzeslage sollte man auch diese Kleindiebstähle verfolgen. Ich kann jeden Supermarktbetreiber verstehen, der auch geringwertigen Diebstahl zur Anzeige bringt, da sich diese aufsummieren und ins Geld gehen.
    Sinnvoll wäre es, wenn es eine Regelung wie im öffentlichen Nahverkehr geben würde. Wer klaut, der zahlt bei Erwischtwerden eine gewisse Summe pauschal oder es kommen die Cops.

    Diese Summe könnte man grob ermitteln durch die Formel: durchschnittler Lagerverlust geteilt durch Anzahl der erwischten Diebe. 200 Euro pro erwischtem Diebstahl dürften da ungefähr zusammen kommen und wären fair. Wer die Cops und das Gerichtsverfahren vermeiden möchte, kann gleich zahlen. Ansonsten geht das den Rechtsweg.

  28. 28
    Man says:

    Noch was: In fast jedem Geschäft hängen Schilder „Jeder Diebstahl wird zur Anzeige gebracht“. Wenn man das als Supermarktbesitzer dann aus purer Herzlichkeit nicht zur Anzeige bringen würde („Das war ja nur ein Duplo“), dann spricht sich das doch in entsprechenden Kreisen rum: Mit dem kann man es machen.

    Finde ich richtig, dass auch der Kleindiebstahl verfolgt wird, dafür wandert ja niemand in den Bau. Aber 10 Stunden Sozialarbeit können da als Strafe durchaus drin sein. Das erzieht die klauende Person und verdeutlicht ihr den Unterschied zwischen „mein“ und „dein“. In jugendlichen Kreisen ist es ja auch irgendwie peinlich, wenn man wegen nem Diebstahl Müll von der Strasse auflesen muss oder mal 10 Stunden sich um ältere Mitbürger kümmern muss und mal jemanden in einem Pflegeheim den „Arsch auswischen muss“. Hat mir als Zivi auch nicht geschadet. Man bekommt einen anderen Blick auf gewisse Dinge.