Leichte Tötung eines Polizeibeamten

Der Verteidigers beantragt seine Bestellung zum Pflichtverteidiger. Das Amtsgericht lehnt den Antrag ab:

Die Voraussetzungen einer Bestellung gemäß § 140 Abs. 1 StPO liegen nicht vor. Auch die Bestellung eines Ptlichtverteidigers gemäß § 140 Abs. 2 StPO kommt vorliegend nicht in Betracht. Die Tat ist nicht als schwer im Sinne dieser Norm einzustufen. Auch im Falle der Verurteilung des Angeklagten ist keine derart hohe Strafe zu erwarten, dass diese allein eine Bestellung bedingt. Die Sach- und Rechtslage ist leicht überschaubar und entsprechend einzustufen. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass der Angeklagte nicht in der Lage wäre, seine Interessen in der Hauptverhandlung selbst vertreten zu können. Eine solche Annahme resultiert nicht allein aus der vorliegenden Tat.

In Stichworten: Keine schwere Tat, keine hohe Strafe, überschaubare Sach- und Rechtslage, kein Überforderung mit der eigenen Verteidigung.

Der Vorwurf: Ladendiebstahl? Beleidigung? Ohrfeige?

Nein. Fahrlässige Tötung eines Polizeibeamten durch einen über 70-jährigen Autofahrer, der sich – ärztlich attestiert und glaubhaft – an den Verkehrsunfall nicht mehr erinnert.

Dieser Beitrag wurde unter Richter veröffentlicht.

17 Antworten auf Leichte Tötung eines Polizeibeamten

  1. 1
    Pflchti says:

    EKELHAFT ! Arroganz der Macht?

  2. 2
    alter Jakob says:

    Ist so eine universelle Textbausteinbegründung überhaupt zulässig? Bei der Begründung wird ja mit keinem Wort auf den tatsächlichen Tatbestand eingegangen, sondern nur die entsprechenden Passagen aus dem Gesetzestext wiederholt.

  3. 3
    klabauter says:

    So makaber es klingt: je nach Schwere des Fahrlässigkeitsvorwurfs kommt bei fahrlässiger Tötung sehr häufig nur eine Geldstrafe heraus. Der Strafrahmen ist übrigens der gleiche wie beim Ladendiebstahl und bei der Ohrfeige.
    In dem Punkt Straferwartung stimmt die Begründung vermutlich.

    Aber der Rest stimmt wohl eher nicht. Eine Pflichtverteidigerbestellung dürfte notwendig sein, wenn die Verteidigungsfähigkeit wegen der Erinnerungslücke eingeschränkt ist und wenn der Unfallhergang vermutlich durch ein Gutachten zu rekonstruieren ist.

  4. 4
    Deutsche Gabbana says:

    § 222 StGB: bis zu fünf Jahre. Also einem einfachen Diebstahl (§ 242 StGB) oder einer einfachen Körperverletzung (§ 223 StGB) vom Strafrahmen her durchaus vergleichbar. Kommt wahrscheinlich maximal 2 Jahre auf Bewährung raus (falls keine Vorstrafen), durch bloßes Verteidigen durch Schweigen, was er von der Homepage http://www.kanzlei-hoenig.de weiß, dass man´s so machen soll.

  5. 5

    @ alter Jakob: Rechtspfleger können nur Textbausteine. Sie sollten mal die Stellungnahmen zu Kostenfestsetzungsanträgen sehen!

  6. 6
    RpflNiedersachsen says:

    Vorsicht Textbaustein:

    Zuständig für die Bestellung nach § 140 StPO ist der Richter, nicht der Rechtspfleger.

    In Sachen Reisekosten habe ich (für die Unbelehrbaren) in der Tat eine umfangreiche Sammlung an Tetbausteinen. Seien sie froh, es sind ihre Steuergelder! Beste Grüße

  7. 7
    Ben says:

    @Gabbana: DIe zu erwartende Strafe sollte schon unter einem Jahr liegen (was aber auch der Fall sein dürfte), sonst ist nach einhelliger Meinung der Rechtsprechung ein Pflichtverteidiger zu bestellen.

    @Nebgen: Beantragen Sie die Pflichtverteidigerbestellung beim Rechtspfleger?

  8. 8
  9. 9
    Bürger says:

    Da ich von sowas keine Ahnung habe eine Frage. Wenn der Richter entscheidet es braucht keinen Pflichtverteidiger wegen geringer zu erwartender Strafe. Ist der dann daran gebunden auch unter einem Jahr zu verurteilen? Oder wird dann flugs doch ein Verteidiger eingeschaltet? Oder hat der Rentner dann einfach Pech gehabt? Kann der Rentner gegen die Entscheidung keinen Pflichtverteidiger zu bekommen Beschwerde einlegen?

  10. 10
    Kai says:

    #6 RpflNiedersachsen:
    Mit der Begründung, Steuergelder einzusparen führt dazu, dass legitime Anliegen ohne sachbezogene Begründung abgelehnt werden. Beschwerden lehnen Amtsgerichte doch inzwischen im blindflug ab, so wie ich es sehe.

    Wir sollten Ihren Job einsparen, das spart Steuergelder, seien Sie froh, es wären ihre!

  11. 11
    ra kuemmerle says:

    Lassen Sie mich raten, AG Tiergarten… Da komme ich gerade her und bin auch wieder mal kurz vor einem Anfall. *I took the red pill to…*

    • Nein, AG Neuruppin. crh
  12. 12
    RpflNiedersachsen says:

    Ach Kai, nun verstehen sie doch Ironie. Auch wenn das bashing so viel Spaß macht. Und nein, legitime Einwendungen werden auch Freitext bearbeitet.

    In Sachen Reisekosten gibt es allerdings seit nunmehr fast 10 Jahren eine ständige (fortgeführte) Rechtsprechung des BGH, das betrifft aber Zivil und sollte hier außen vorbleiben.

    Was mich wundert: Hat Berlin die Kostenfestsetzung f. Pflichtvert. nicht auf den mittl. Dienst übertragen?

  13. 13
    asta says:

    Naja, man glaubt es kaum, aber auch Richter und Staatsanwalt haben Ahnung von Jura und – auch wenns zumindest Herr Vetter immer anders erzählt – kein gesteigertes Interesse an der Verfolgung Unschuldiger. Unerträgliche Rechtsfolge der wie immer stets verfehlten Entscheidung des AG: Mandant zahlt Anwalt selbst.

    • Die Frage, ob ein Pflichtverteidiger zu bestellen ist – also, ob ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt – oder nicht, hat mit der Finanzierung der Verteidigung nichts zu tun, siehe § 140 StPO, in dem von der Honorierung keine Rede ist.

      Die Vergütung des Pflichtverteidigers streckt die Justizkasse lediglich vor; am Ende hat der Verurteilte die Kosten des Verfahrens zu tragen, und zu diesen Kosten gehört dann auch das Honorar des Pflichtverteidigers.

      Weitere Informationen über das Wesen der Pflichtverteidigung habe ich hier – hoffentlich allgemein verständlich – beschrieben. crh

  14. 14
    Schwierigkeitsfaktor says:

    Was plädiert man denn eigentlich als Anwalt in so einer fahrlässigen Tötungssache?

    85 Tagessätze? Weil die Schuld des Mandanten ja gar nicht so groß war?

    Wo sind dann die Voraussetzungen der Pflichtverteidigung?

  15. 15
    alter Jakob says:

    @Schwierigkeitsfaktor:
    So kann man zum Beispiel plädieren. Und weil es aufgrund der Sach- und Rechtslage so schwierig war die Begründung für die geringe Schuld des Mandanten zu finden, sind dann auch die Voraussetzungen des §140 (2) StPO erfüllt.

  16. 16
    asta says:

    @ crh: Ich habe auch nichts anderes behauptet. Für Sie und die anderen Kollegen dürfte es aber in der Regel schon einen Unterschied machen, wer nun die Rechnung zahlt.

    • Ja. Die Vergütung des Pflichtverteidigers durch die Justizkasse liegt 30% unter der Mittelgebühr, die ein Wahlverteidiger nach dem RVG abrechnen könnte. Aber in meinem Beitrag geht es auch darum nicht; es ist nicht das Geld, es ist die Unverschämtheit, mit der hier dem Fehlen der Voraussetzungen des § 140 StPO das Wort geredet wird, die mir gegen Strich geht. Eben weil die Richterin nur ans Geld denkt. Wie Sie offenbar auch. crh

    Auf das Insolvenz- und Delkredererisiko sei verwiesen….

    • Ein Verteidiger, der sich bei der Übernahme eines Mandats ein Insolvenzrisiko einhandelt, macht grundlegend etwas falsch. crh

    Festzuhalten bleibt: Der Beschuldigte darf sich in jeder Lage des Verfahrens eines Verteidigers bedienen. Daran ändert die ablehnende Entscheidung des AG nichts.

    • Das ist richtig. Hat aber nichts mit meiner Kritik an der Entscheidung der Richterin zu tun. crh
  17. 17
    mindamino says:

    Mittellose Bürger, die sich strafbar machen, wenn diese sich in einem Zivilverfahren von einem Anwalt vertreten lassen und dann im Amtsgericht in Handschellen abgeführt und inhaftiert werden.

    Vor ca. 3 Monaten erklärte mir eine Richterin in einem Verkehrsrechtsunfallfall :-) 2 mal, dass ich mich als nichtanwaltlich vertretene Partei rechtlich gar nicht auskenne und verweigerte mir daher das rechtliche Gehör.

    Am LG-Bückeburg und OLG-Celle erklärten mir 2 Richter, dass bei Eingaben von Bürgern bei Gericht hypothetisch anzunehmen ist, dass diese Fehlerhaft sind und man daher damit als Bürger ohne Anwalt keine Rechte begründen kann.

    usw. usw.

    Wer sich als Nichtjurist bei Gericht selbst oder Angehörige vertritt ist auf seinen Geisteszustand zu untersuchen ob ihm ein Betreuer bestellt werden muß
    Unglaublich, die Fälle häufen sich, ein Sozialgerichtsverfahren ist der Anlaß eine Anfrage an das örtliche Amtsgericht zu stellen ob ein rechtsuchender zivilcouragierter Bürger noch alle „Tassen“ im Schrank hat.

    Stahlbetonbau am Amtsgericht Minden, Der Bürger rein im Ansehen der Person als unzurechnungsfähiges und wertloses NICHTS bei Gericht, 1993/2004:
    Strafverfahren des Herrn L. gegen seinen Vermieter (3 Cs 24 Js 788/93 (861/93)):
    Herr L. stellte Strafantrag gegen seinen Vermieter, wegen Bedrohung, Beleidigung, Hausfriedensbruch und tätlicher Angriffe.
    Der von Herrn L. gestellte Strafantrag wurde abgelehnt, da kein öffentliches Interesse vorliegen würde. Ein Rechtsanwalt erklärte, daß dieses generell so gemacht würde, weil er kein Rechtsanwalt sei und daher eine solcher Antrag grundsätzlich viel weniger Ernst zu nehmen sei als einer von einem Rechtsanwalt eingereichter. Ein RA reichte dann für Herrn L. eine Beschwerde beim Oberstaatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft ein, so daß darauffolgend plötzlich selbstverständlich öffentliches Interesse vorlag und Herr L. in dem Verhandlungstermin über den von ihm gstellten Strafantag mit 4 weiteren von Ihm benannten Zeugen als Zeuge geladen war.
    Die Richterin erklärte: Herr L. ich habe mir Ihren Strafantrag durchgelesen, daß sieht mir ja ganz nach einem Rechtsanwalt aus aber in Ihrer Anschrift steht garnicht, daß Sie Rechtsanwalt sind?
    Herr L.: Ich bin auch kein Rechtsanwalt.
    Richterin: Sind Sie denn angehender Rechtsanwalt?
    Herr L.: Nein.
    Richterin: Studieren Sie denn Jura?
    Herr L.: Nein.
    Richterin: Was für einen Rechtsberuf haben Sie denn erlernt?
    Herr L.: Mh, Keinen.
    Richterin: Welchen Beruf haben Sie denn dann erlernt?
    Herr L.: Beton u.- Stahlbetonbauer und Hochbaufahrarbeiter.
    Richterin: Ja, dann ist das alles ja auch garnichts hier!!, wobei Sie in etwa 10cm Höhe durch die Luft mit dem Handrücken über die vor sich liegende Strafanzeige des Herrn L. fegte.

    Die Schriftsätze sind also tatsächlich dergestalt intellektuell wie von einem Rechtsanwalt. Die Person des Geschädigten ist jedoch gemäss Juristen nicht hochintelektuell, nein noch nicht einmal intellektuell, sondern noch schlimmer. Es wird rein im Ansehen der Person beurteilt.
    Gauleiter Koch: „Im vorchristlichen Rom waren die Sklaven den Haustieren untergeordnet. Das Nichts ist selbst noch den Sklaven untergeordnet.“

    Jahre später (2004/2005):
    Zwischenzeitlich erfolgen von Herrn L. Beschwerden über richterliche Verbrechen an denen auch Richter Husmann und Richter Eickhoff beim Abdecken beteiligt waren und andere Beschwerden mit richterlichen Belehrungen zB.:

    Beschwerde In der Strafsache: Beschuldigter L., 5 Gs 1029/04, Beschluß vom 09.12.2004 von Richter Wacker, Minden, den 01.02.2005
    Hiermit lege ich Beschwerde gegen den Beschluß von Richter Wacker vom 09.12.2004 ein.
    Ich beantrage den Beschluß von Richter Wacker vom 09.12.2004 aufzuheben, damit das Verfahren weiter ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.
    Richter Wacker hat am 09.12.2004 mit Beschluß des AG Minden eine von mir eingelegte Beschwerde wegen eines Durchsuchungsbeschlußes abgewiesen ohne eine Entscheidung von der Strafkammer am LG Bielefeld einzuholen (StPO §306 Abs. 2). Der Rechtszug ist damit ersichtlich nicht ordnungsgemäß behandelt worden.
    Richter Wacker hat damit aufgrund des Devolutiveffektes (GVG §73 Abs. 1) gegen Artikel 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen. Die Entscheidung verstößt somit auch gegen Artikel 20 Abs. 3 GG.
    Eine Rechtsmittelbelehrung lag dem Beschluß von Richter Wacker nicht bei.

    Richter Husmann vom AG-Minden und Richter Eickhoff vom AG-Minden schicken Herrn L. zu einer psychologischen Untersuchung, weil er vollständig unfähig ist bei Gericht vorzutragen und um ihm daher einen Betreuer zu bestellen.
    Die Psychologin erklärte, dass er den Juristen vertrauen müsse, weil diese jahrelang Jura studiert haben und einen Amtseid geschworen haben. Daher könnten diese auf keinem Fall jemanden Schaden und diese könnten das auch niemals mit Absicht machen. Selbst wenn diese jemanden Schaden wollten ginge das nicht, weil diese einen Amtseid geschworen haben und daher sei dass unmöglich.
    Psychologin: „Verstehen Sie Juristen haben Jura studiert! Was haben Sie denn gelernt?“
    Herr L.: „Ich habe einen Gesellenbrief als Beton- und Stahlbetonbauer“
    Psychologin: „Sehen Sie, daher können Sie das gar nicht verstehen was Juristen machen.“
    Herr L.:“Ich habe allerdings auch noch einen Gesellenbrief als Hochbaufacharbeiter.“
    Psychologin: „Und welchen Schulabschluss haben Sie?“
    Herr L.: „Hauptschulabschluss“.
    Psychologin: „Sie müssen verstehen, dass Juristen jahrelang studiert haben und diese haben ein Gymnasium besucht und dann viele Jahre eine Universität!“
    Herr L.: „Aber es geht doch um meine Schriftsätze und dass ich nicht fähig bin bei Gericht rechtlich vorzutragen. Was ist denn damit nicht in Ordnung?
    Psychologin: „Ihre Schriftsätze sind in Ordnung und die kann ich ja sogar verstehen aber das was dort rechtlich drin steht kann ja gar nicht stimmen, denn Sie haben nicht sutdiert und daher können Sie das selbst gar nicht verstehen was Sie da schreiben. Ihre Schriftsätze sind ja genau wie eine Doktorarbeit mit den ganzen Rechtsnachweisen und den Erklärungen und Erläuterungen. Aber da Sie das gar nicht verstehen können sieht man ja dass Sie sich da in einem Wahn in etwas hinneinsteigern, was Sie überhaupt gar nicht verstehen können.“
    Richter Eichhof telefonierte mit der Psychologing hochelitär und freundlich, damit unbedingt ein Betreuer bestellt wird, denn das sei zu seinem Vorteil dringend.
    Zweiter Termin bei der Psychologin nach ein paar Tagen mit einigen hier nicht genannten Vorfällen:
    Psychologin: „Ich habe dem Gericht mitgeteilt, dass ich den Fall nicht weiter bearbeiten werde, denn Sie kennen sich ja rechtlich bestens aus.“

    Nun wurde Herr L. aufgrund des Auftrages von einem weiteren Neurologen und Psychologen zu Hause besucht.
    Neurologe: „Wissen Sie was ich hier soll?“
    Herr L.: „Mh, ehrlich gesagt weiss ich das auch nicht.“
    Neurologe: „Ich soll beurteilen ob Sie im Stande sind bei Gericht rechtlich vorzutragen. Aber ich kenne mich doch rechtlich gar nicht aus und kann das daher doch gar nicht beurteilen. Ich kann doch nur beurteilen ob Sie in der Lage sind bei Gericht vorzutragen und dass Sie das können daran besteht ja nicht der geringste Zweifel. Und dass Sie sich entsprechend rechtlich hervoragend auskennen und entsprechend vortragen können, daran habe ich auch nicht den geringsten Zweifel. …“

    Ihm war nach dem Gutachten kein Betreuer zu bestellen.
    Herr L. bat bei Gericht um eine Kopie des Gutachtens. Das Gutachten ist Geheim.