Auch wenn nach einem Unfall klar ist, dass der Gegner komplett haftet und Schwierigkeiten bei der Regulierung eigentlich nicht zu erwarten sind, muss man sich nicht selbst mit der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung herumplagen.
Das in Berlin für Unfallstreitigkeiten zuständige Amtsgericht Mitte meint daher zu Recht, dass so eine Regulierung eines Unfallschaden keinesfalls eine „einfache Sache“ ist. Oder wissen Sie auf Anhieb, dass Sie sich einen Kfz-Sachverständigen aussuchen können und nicht den von der Versicherung vorgeschlagenen nehmen müssen, wann ein Totalschaden wirklich ein Totalschaden und was ein merkantiler Minderwert ist oder ob und in welcher Höhe Sie Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung haben?
„In Anbetracht der Vielzahl zu beachtender Rechtsfragen scheint auch bei einem Verkehrsunfall, wo die Haftungsfrage eindeutig ist, inzwischen ein einfach gelagerter Schadensfall kaum noch denkbar, da die Geltendmachung des Schadens als solche mit einer Vielzahl von Rechtsfragen verknüpft ist und damit keineswegs einfach ist. Dies gilt insbesondere, als die Versicherer auf dem Gebiet der Schadensabrechnung spezialisierte Mitarbeiter beschäftigen, so dass ein Geschädigter ohne rechtsanwaltliche Inanspruchnahme nicht einschätzen kann, ob er seinen Schaden zutreffend berechnet und geltend gemacht hat.“ (AG Mitte, Urteil vom 17.02.2009, Az: 3 C 3385/08)
Nach einem Verkehrsunfall darf und sollte man anwaltliche Hilfe gleich in Anspruch nehmen und nicht erst selbst „herum regulieren“, die Kosten hierfür hat im Rahmen der Haftung die Versicherung des Unfallgegners zu tragen.
dem kann man nur zustimmen. Die Versicherungen suchen alles zu eigenen Nutzen, nie den des Gegners.
So ist es. Was mich besonders wundert: Sogar MIT Vertretung durch einen Anwalt versuchen Versicherungen zu tricksen und wollen einen über den Tisch ziehen. Die Regulierung wird endlos verzögert. Selbst erlebt, trotz klarer Sachlage. Erst als die Klageschrift des Anwalts kam, wurde ohne weitere Fragen bezahlt.
Tja, scheint aber noch genug Leute geben, die eine Ablehnung einfach hinnehmen
Das Urteil ist natürlich gut, aber leider steht dort nicht, um wieviel Geld es ging. Bei Sachverständigenkosten weiss ich, dass man die erst ab einem bestimmten Wert beauftragen darf. Wie ist es bei Anwälten?
Das Urteil des AG Berlin-Mitte ist relativ alt, und es bezeichnet vor allem eine klare Minderheiten-Position.
Anders entschied z.B. vor ein paar Wochen AG Stuttgart v. 15.10.2012 – 41 C 5500/11; abweichend entschieden ferner u.a. AG Stuttgart v. 12.11.2010 – 41 C 2946/10; LG Frankfurt v. 27.01.2010 – 2-16 S 162/09; LG Itzehoe v. 05.08.2008 – 1 S 22/08; AG Frankfurt v. 06.03.2006 – 32 C 3458/05.
Wer sich auf den Ratschlag von RA Kümmerle verlässt, riskiert deshalb, am Ende auf den Anwaltskosten sitzen zu bleiben (zumindest außerhalb Berlins, und ob der eine Abteilungsrichter aus Berlin-Mitte, der das Urteil von 2009 gesprochen hat, für alle Zivilabteilungen seines Gerichts repräsentativ ist, ist füglich zu bezweifeln).
Einem Geschädigten allerdings dazu zu raten, sich lieber dem gegnerischen Haftpflichtversicherer anzuvertrauen als einem unabhängigen Anwalt, setzt ihn dem Risiko aus, auf einen (oft nicht unerheblichen) Teil seiner Schadensersatzansprüche verzichten zu müssen.
Zumindest dem rechtschutzversicherten Verkehrsteilnehmer dürfte das Kostenrisiko gleichgültig sein.
Gestatten Sie die Frage: Stammen Sie aus dem Lager der Versicherer? Diese und deren Anwälte sammeln nämlich auch gern kartonweise für sie günstige Urteile und argumentieren in vergleichbarer Diktion. crh
Herr stud. jur. Bartholdy. Sie haben die von Ihnen zitierten Entscheidungen aber schon vorher gelesen?
die in dem Blogbeitrag geschilderte Auffassung ist nahezu einhellige Meinung. Sind die anwaltlichen Rechtsverfolgungskosten auch bei einem vermeintlich „klaren“ Schadensfall mit unbestrittener 100-%-Haftung natürlich erstattungsfähig. Was der Kommentator Bartholdy schreibt ist – die deutlichen Worte seien mir nachgesehen – Unfug. Die von ihm geannnten Fundstellen tragen das auch nicht, was er schreibt. Aber bitte, jeder kann hier seinen Senf verzapfen….
„Im Rahmen der Haftung“ sind hier die entscheidenden Worte. Soll heißen: Soweit man (Mit-)Schuld hat, bleibt man auf den (anteiligen) Kosten sitzen. In nahezu allen Fällen bekommen jedoch beide Parteien einen Teil der Schuld zugesprochen. Es ist eher selten, daß einer allein die Schuld hat.
Je nach Schadenshöhe kann es also durchaus sinnvoll sein, auf einen Anwalt zu verzichten, gerade wenn es um Bagatellen geht. Leider.
Das fast in jedem Fall die Haftungsfrage ungeklärt ist und somit jede Partei eine gewisse Schuld zugesprochen wird ist Blödsinn. Es gibt genug Auffahrunfälle sowie Vorfahrtsverstöße u.a., wo die Haftung eindeutig ist. Egal ob der Schaden 300 € oder 5.000 € betragen könnten, die Anwaktskosten sind bei 100%Ufer Haftung immer vom gegnerischen Haftverpflichtversicher zu zahlen. Und gerade die Frage zu beantworten zu können, ob Gutachten oder Kostenvoranschlag sollte immer ein Verkehrsanwalt eingeschaltet werden. Wenn die Haftungsfrage nicht eindeutig sein sollte, hat der Anwalt hier zu informieren! Und ob die Haftungen eindeutig geklärt sind oder nicht, liegt nicht an Berlin oder an irgendeinem anderen Bundesland, sondern an dem Sachverhalt der dem Unfall zu Grunde liegt.
Hier noch ein Beispiel:
http://www.welt.de/finanzen/ratgeber-recht/versicherungsrecht/article111504906/Einfacher-Versicherungsfall-Anwalt-unnoetig.html
(AG Bochum, Urteil v. 17.09.2012, Az.: 75 C 128/12)