Auf dem Fels der Geisler-Gruppe hat Reinhold Messner das Laufen gelernt. Als Fünfjähriger hat er dann den ersten Dreitausender bestiegen. Einige Jahre später war er dann auf den versammelten Achtausendern unterwegs und ist in ein paar kalten und heißen Einöden spazieren gegangen. Die Lebenswege „vernünftiger“ Zeitgenossen sehen anders aus.
Dieser Extremist, was die Abwägung zwischen Risiko und Spaß angeht, äußerte sich zu einer anderen Risikogruppe unter den menschlichen Lebewesen:
Wer mit seinem PKW bei uns auf schmalen Paßstraßen fährt, sollte … ganz rechts bleiben. … Wenn Ihnen dann in einer Kurve ein Motorradfahrer auf der falschen Seite entgegen kommt, ist dies meist nur der erste einer ganzen Kolonne von Verkehrsteilnehmern, die einem seltsamen Hobby frönen: Risk for fun.
Im Pulk, alle im Lederdress, mit Helm, […] rasen sie durch ein Ferienland, das mehr und mehr zum Friedhof zu werden droht. Ich habe in den Dolomiten mehr tote Motorradfahrer als abgestürzte Kletterer gesehen.
Übertrieben? Kann die Landstraße durchs Pustertal oder die Paßstraße am Reschen gefährlicher sein als die Ortler Nordwand?
[…]
Aggressive Autofahrer gibt es überall, aber Motorradfahrer, die im Kollektiv Staus, Überholverbote und Sperrlinien ignorieren, sind vor allem auf unseren Paßstraßen eine Gefahr. Auch für andere Verkehrsteilnehmer. Und zudem nicht nur eine Gutwettererscheinung. Vor allem bei Regen wird um die Wette gefahren. Mann gegen Mann. Leider landen die Kontrahenten öfter auf dem Friedhof als im Krankenhaus.
Diese Friedhöfe sind allerdings einen Besuch wert …
Quelle: Reinhold Messner, Gebrauchsanweisung für Südtirol, 2. A. 2007, S. 51 f
Als Messner diese Zeilen geschrieben hat, war er 62 Jahre alt. Bereits ein paar Jahre vorher ist er zuhause von einer Leiter gefallen und hat einen bleibenden Schaden erlitten. An den Füßen. Er ist nun nicht mehr Felskletterer, Höhenbergsteiger, Grenzgänger, Forscher und Politiker, sondern versucht sich als Ratgeber. Wohl auch für das Volk der Motorradfahrer. Ob das jetzt aber vernünftig ist?
Ich schaue mir heute mal an, was Messner zu den Bergvölkern der Erde zu sagen hat. Mit diesen Völkern kennt er sich jedenfalls aus.
Nunja, ein paar Motorradfahrer gibt es schon, die vergessen, dass sie mit dem Kopf und Oberkörper im Gegenverkehr hängen, wenn sie an der Mittellinie durch Linkskurven fahren.
So ganz an den Haaren herbeigezogen hat Messner das Thema m. E. nicht.
Passt hierzu nicht wie wunderbar der heutige Peter Glaser?
via Glaserei
Egal ob man MOtorradfahrer mag oder nicht. Recht geben muss man ihm leider.
Auch wenn ich seine Passstraßen nicht kenne. Im Schwarzwald sieht es ähnlich aus.
Im Schwarzwald muss man nur mal die Straße nach Todtnau fahren… Bergab sind die Radfahrer nicht weniger gefährlich.
Wow, die haben einen Gipfel nach mir benannt (siehe Foto).
In Sachsen sollte man mal zur Augustusburg hinauffahren. Da oben gibt es ein schönes Motorradmuseum und die Anfahrt ist mit Serpentinen gespickt.
http://www.die-sehenswerten-drei.de/motorrad-augustusburg-museum.html
P.S. Berliner und Brandenburger können oftmals nur geradeaus schnell fahren. (Rennstreckentrainierte motorradfahrende Anwälte natürlich ausgenommen.) Wehe, es kommt eine Kurve. Die vielen Kreuze an den Straßen sprechen leider eine deutliche Sprache.
Messner spricht von einem spezifischen Problem seiner Heimat und hat wohl recht. Früher kannten sich die Mopedtouristen im Kurvenfahren aus und hatten einen Bezug zu Südtirol. Man fragt sich als Radfahrer heute schon, was die deutschen Flachland-Mopedfahrer rudelweise z.B. auf dem Stilfserjoch machen – eine gänzlich ungeeignete Mopedstrecke. Und ohne ABS würden die mit ihren BMWs reihenweise auf die Nuss fallen.
> Vor allem bei Regen wird um die Wette gefahren.
Gerade das habe ich noch nie erlebt.
Mal ab davon, dass ich die Bedenken auch teilweise teile, aber die Regengeschichte is herrlich absurd. Ich fahr seltenst und ungern bei Regen, aber wenn, dann is mir noch nie aufgefallen, dass da „vor allem“ um die Wette gefahren wird. Da siehste auf 100km ein Moped und das war’s.
Als jemand, der täglich das fährt, das der Flachlandtiroler gemeinhin „Paßstraße“ nennt: Vielleicht etwas übertrieben, aber tendentiell durchaus zutreffend und ich wundere mich echt, daß da nicht mehr passiert: Richtig knapp wird’s nämlich richtig oft.
Im Gegensatz zu Motorradfahrern bringen die Bergsteiger aber weder Unbeteiligte in Gefahr noch gehen sie diesen akustisch auf die Nerven – an manchen Wochenenden werden die deutschen Mittelgebirge als Erholungsgebiet nahezu unbrauchbar, weil das Knattern der Motorräder noch in jedes Seitental dringt.
Einfach mal rund um die Sella fahren, da weiß man das Messner schon Recht hat was die Risikobereitschaft der Motorradfahrer angeht.
Die Rettungssanitäter in der Eifel oder im Pfälzerwald könnten da auch einiges berichten.
Der Herr Messner übertreibt möglicherweise, aber im Kern sagt er viel Wahres.
Gerade dass Herr Messner daheim mit einer Leiter verunglückt und nicht in GanzWeitWeg von einer Wand oder in eine Schlucht gerutscht ist spricht dafür, dass er kein Draufgänger ist sondern jemand, der Extreme einzuschätzen weiß.
Die Füße hat sich Herr Messner in der Rupalwand verletzt. Gut, für Ihn zählt das als Wohnzimmer.
Da oben steht
„Bereits ein paar Jahre vorher ist er zuhause von einer Leiter gefallen“
glaubte ich das. Auf die Schnelle konnte ich (bei Wikipedia) keinen Beleg dafür/dagegen finden.
Das nennt man dann wohl journalistische Sorgfalt (des Beitragverfassers). ;)