Verräter-Dolmetscher

ÜbersetzerDas ist auch eine Abhör-Methode: Statt komplizierter Technik, die man wahlweise nicht versteht oder die nicht funktioniert, wird ein Dolmetscher in das Mandat eingeschleust. Dieser berichtet dann über das vertrauliche Gespräch zwischen Verteidiger und seinem inhaftierten Mandant.

Eine solche Vermutung formulierte gestern der Braunschweiger Strafverteidiger Werner Siebers in seinem Blog. Es gibt durchaus den einen oder anderen Kandidaten unter den Ermittlern, denen ich so ein – höchst riskantes – Manöver zutraue; die Regel ist das aber sicherlich nicht.

Dennoch sollte der Verteidiger stets vorsichtig sein und ein gesundes(!) Mißtrauen an den Tag legen. Es liegt in der Natur der Sache, daß er zum einen nicht in den Dolmetscher hineinschauen und zum anderen nicht kontrollieren kann, was er denn da übersetzt (bzw. nicht übersetzt).

Vor einiger Zeit hatten wir in unserer Kanzlei in Berlin eine Sache, in der es um so genannte „Bandenkriminalität“ ging. Insgesamt waren fünf Tatbeteiligte inhaftiert, deren Sprache selbst in Berlin recht selten gesprochen wurde. Entsprechend dünn war das Angebot an Dolmetschern.

Das Strafprozeßrecht schreibt vor, daß ein Verteidiger nicht gleichzeitig mehrere Beschuldigte verteidigen darf, wenn diese derselben Tat beschuldigt werden. Auch innerhalb eines Verfahrens gilt die Regel, daß ein Verteidiger nur einen Mandanten haben darf. Eine vergleichbare Vorschrift gibt es für Dolmetscher nicht.

In unserem Fall berichtete mir der Sprachmittler auf dem Weg in die Haftanstalt, er habe in dieser Sache auch schon für zwei andere Verteidiger übersetzt. Bereits bei der ersten Vernehmung der Beschuldigten durch die Polizei sei er dabei gewesen. Ich war entsprechend sensibilisiert und habe darauf verzichtet, mit dem Mandanten bei diesem ersten Gespräch gleich „zur Sache“ zu kommen. Diese Vorsicht war nicht übertrieben.

Auf dem Rückweg aus dem Besuchertrakt der Untersuchungshaftanstalt berichtete mir der Dolmetscher freimütig einige Details aus den Gesprächen der anderen Verteidiger mit ihren jeweiligen Mandanten. Es war nichts Wildes dabei; aber allein der Umstand, daß der Dolmetscher überhaupt solche Geheimnisse mit Dritten – also mit mir – teilte, war für mich – und dann auch für die anderen Berliner Strafverteidiger – Anlaß genug, uns für die weiteren Mandanten-Gespräche nach anderen professionell arbeitenden Dolmetschern umzuschauen.

Dies sind ganz gewiß Einzelfälle. Auf all die anderen Dolmetschern, mit denen ich in den vielen Jahren in Moabit zu tun hatte, konnte ich mich zu mehr als 100 Prozent verlassen. Ich erinnere mich an einen Fall, in dem der Dolmetscher in der Untersuchungshaftanstalt das Geständnis des Mandanten übersetzt hat; einige Wochen später in der Hauptverhandlung hat er dann dessen Bestreiten der Tatbeteiligung gedolmetscht. So und nicht anders geht professionelles und rechtsstaatskonformes Übersetzen.

Bild: Manfred Rose / pixelio.de

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5 Antworten auf Verräter-Dolmetscher

  1. 1
    Leipzig says:

    Die Schwierigkeit einen geeigneten Dolmetscher zu bekommen ist hier in Leipzig eklatant.Als „anerkannter“ Dolmetscher die dann von Gerichten akzeptiert werden steht immer eine Prüfung. Diese Dolmetscher-Prüfung wird von den Leuten durchgeführt die bereits etabliert sind. Soll heißen die lassen auch wenn man noch so gut und neutral ist, in den Prüfling jeden durchfallen.;-)Marktbereinigung:somit bekommen diese nicht nur die Aufträge zugetragen sondern es sind immer die gleichen die auch der Staatsanwaltschaft mit Rat und Tat beiseite stehen. Ich rede hier nur von der arabischen Sprache wohlgemerkt….

  2. 2
    Mirko says:

    Macht sich ein geschwätziger Dolmetscher nicht strafbar?

  3. 3
    Dolli says:

    Ja. 203 Abs 1 Nr 3, Abs 3 StGB. Der Dolmetscher ist Berufshelfer des Verteidigers im Sinne dieser Vorschrift.

    Herr Hoenig könnte dem Dolmetscher also durch die StA einen schönen Neujahrsgruß übermitteln lassen.

    • „könnte“: Ja. „wird“: Nein, das tut ein Verteidiger nicht. crh
  4. 4
    ??? says:

    Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.

    Heißt das, dass Ihr in Berlin auch an Weihnachten 25 Grad hattet?
    Hat dieses Bild eine holde Maid im knappen Bikini geschossen?
    Vielleicht Eure Tippse?
    Singt diese Dame:
    Am Sonntag will mein Süßer mit mir Segeln geh`n?

    Okay, bei der Zahlungsmoral der Mandanten heutzutage hat es dann zur Yacht nicht gereicht.

    Oder sagt uns dieses Bild, dass wir und die Dolmetscher alle im selben Boot sitzen?
    Wir sind alle Kinder dieser Erde und wir haben nur eine Erde usw…

    Oder steht dem Mandanten das Wasser bis zum Halse und der Anwalt kommt wie immer als Retter in letzter Sekunde?

    Vielleicht ist es auch ein Schnappschuss, auf dem Carsten gerade das Liedchen pfeift:

    Die Fischerin vom Bodensee…
    und denkt: Ihr könnt mich alle mal…..

  5. 5
    wanderer says:

    Was soll denn das Foto von unserer Urlaubs-Insel Rügen zu diesem Beitrag?

    In der Nähe vom Ostseebad Baabe verläuft ein schöner Wanderweg zum bewirtschafteten Aussichtspunkt Moritzburg und weiter durch hügelige Landschaft mit Seeblick zum Jagdschloss Granitz. Das abgebildete Fährboot (normalerweise mit Fahrgästen) ist seit Jahrzehnten Bestandteil dieser Wanderroute. Der Fährpreis beträgt z.Zt. 1 EUR p.P.

    In dieser Gegend ist nichts passiert, was einen gerichtlichen Dolmetscher erfordern würde.

    • Denken Sie ein wenig um die Ecke, lieber Wanderer. Das Bild zeigt einen „Fährmann“, der seine Fahrgäste an das andere Ufer … na? Ja: übersetzt …
      Und? Hat’s geklingelt?
      ;-) crh