Was hat er sich dabei gedacht

Es war sicherlich nicht ganz einfach, dem Angeschuldigten morgens um drei Uhr verständlich zu machen, daß er nun kein Bier mehr bekommt und er jetzt die Kneipe besser verlassen sollte. Der Wirt hat es jedenfalls nicht geschafft.

Deswegen haben es die herbeigerufenen Polizeibeamten noch einmal versucht. So richtig ist ihnen das aber auch nicht gelungen.

Es hat dann eine Kommunikation stattgefunden, die im nächtlichen Neukölln an sich gar nichts Ungewöhnliches ist.

Eine Staatsanwältin – vermutlich wohl erzogen – hatte anschließend Gelegenheit, das Geschehen mit gesetzten Worten zusammen zu fassen und sich Gedanken darüber zu machen, was sich der völlig besoffene Neuköllner gedacht hat, als er sich mit den Polizeibeamten unterhielt:

Dabei äußerte der Angeschuldigte an die Polizeibeamten gerichtet: „ich ficke dich – ich ficke euch alle in den Arsch – wenn ich dich nicht ficke, dann fick ich deine Freundin … . ihr Arschlöcher – leck / leckt mich doch am Arsch“, um ihnen gegenüber seine Missachtung zum Ausdruck zu bringen.

Auf dem Boden liegend nahm der Angeschuldigte Blickkontakt zum Zeugen Bullmann auf und äußerte an diesen gerichtet: „Du bist tot!“. Er wählte diese Wörter, damit der Zeuge Angst um sein Leben empfinde.

Was muß das fürchterlich sein für eine Tochter aus gutem Hause, sich mit solchen unappetitlichen Sachen beschäftigen zu müssen. Die Formuierungen, die ihr dazu eingefallen sind, erinnern mich an weiße Kaffeetassen aus Meißener Porzellan und Sahntorte bei einem Damenkränchen im Villenviertel Grunewald.

Bild: Templermeister / pixelio.de

Dieser Beitrag wurde unter Neukölln, Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

15 Antworten auf Was hat er sich dabei gedacht

  1. 1
    Michael Neufeld says:

    Interessante Formulierung: „…dann ficke ich deine Freundin.“ Aus meiner Erfahrung heraus eigentlich unüblich. Mittlerweile sollte sich doch endlich, auch in Neukölln, in solchen Situationen die Ankündigung: …dann ficke ich deine Mutter“ durchgesetzt haben. Freundinnen gibt es viele, eine Mutter ist einzig. Vielleicht ein Umstand, der sich strafmildernd auswirken könnte. ;-)

  2. 2
    RA Neldner says:

    Ich habe noch nie eine Anklage gesehen, in der die Beschreibung der Beleidigung nicht an Realsatire grenzt oder diese Grenze spielend überschreitet.

    Bei Bedrohung ist das etwas seltener. Ich kann mir schon lebhaft vorstellen, wie der Zeuge Bullmann vor Angst wochenlang nicht einschlafen kann.

  3. 3
    cepag says:

    Ich verstehe die Aufregung nicht. Hier in der Provinz werden bereits viel harmlosere Polizistenbeleidigungen zur Anklage gebracht worden; z.B. aus meiner Praxis:
    – „Dummkopf“ oder auch ein äußerst harmloses
    – „Pfeife“.

    Polizei stellt regelmäßig wacker Strafantrag, StA klagt regelmäßig mindestens genauso wacker an (Anklageschrift, kein Strafbefehl), und Amtsgericht stellt dann regelmäßig gegen einen „Hunni“ Auflagenzahlung ein…

    • Provinz eben. Hier in Neukölln und Kreuzberg sind wir weniger empfindlich. Oder großzügiger, je nach Blickwinkel. ;-) crh
  4. 4
    Anonym says:

    Ich durfe als Vertreterin der Staatsanwaltschaft auch schon solche netten Anklageschriften verlesen. Das Schlimme dabei ist: man kann sich ein Schmunzeln fast nicht verkneifen. DIese Formulierungen sind einfach immer wieder herrlich, wenn man versucht eine Beleidigung sachlich darzustellen und die „schlimmen“ Wörter laut verlesen muss.

  5. 5
    RA Gorig says:

    Polizeibeamte sind sehr ehrempfindlich. Dann wird auf Seite 1 des Berichts festgestellt, daß der Beschuldigte 3,8 Promille Alkohol im Blut hatte und auf Seite 2 wird Strafantrag wegen Beleidigung gestellt, weil der besinnungslose Beschuldigte gelallt habe: „Du A….loch.“

    Sowas muß natürlich dringend:

    a) zur Anzeige gebracht
    b) angeklagt
    c) abgeurteilt

    werden. Am besten noch mit einem aus der nächsten Universitätsstadt (Entfernung 120 km) herbeigekarrten Rechtsmediziner, der sich zur Schuldfähigkeit äußern soll.

    Wenn andere Berufsgruppen, z.B. Rettungssanitäter, Notärzte, Wachpersonal oder Anwälte so empfindlich wären, könnten die StAs und Strafgerichte bald wegen Überlastung schließen.

  6. 6
    Franz says:

    Wie bitte? Die Mutter eines Polizeibeamten wollte er nicht „ficken“? Wie ist das zu erklären, hat der gute Trinker keinen Migrationshintergrund?

  7. 7
    JJPreston says:

    @Franz
    Ich glaube eher, er war sich trotz Benebelung bewusst, dass er es mit Polizisten zu tun hat. Und mal ehrlich: Wenn man bedenkt, was schiefgelaufen sein muss, dass einer berufsmäßig zur Polizei geht – neee, da will man doch nicht mal damit drohen, dessen Mutter nackt sehen zu müssen. *brrr*

  8. 8
    ???? says:

    Vielleicht hatte er im Stress Goethe (Götz von Berlichingen) verwechselt.
    Es heißt natürlich: Leck mich und nicht…..

    Zudem wäre mir das alles extrem peinlich.
    Manche Rechtsanwälte versuchen Formulieren, wie
    …. er machte geschmacklosen Andeutungen in Richtung Analverkehr….später folgten weitere Beleidungen… er wählte Begriffe aus dem Genitalbereich…..

    Ich erlebte einmal (von den Zuschauerplätzen) einen älteren Richter, der sichtlich um Begriffe bemüht war….

    Der Gesundheitszustand des Zeugen Bullmann wurde durch den Gast des „Lokals zum dreckigen Löffel“ falsch eingeschätzt. Bullmann lebte.

    Jetzt muss ich einmal neugierig fragen, ob sich der Zeuge schriftlich, mündlich oder telefonisch in der Kanzlei gemeldet hat und was das eigentlich kostet.

  9. 9
    Egbert Sass says:

    Daran sieht man überdeutlich, dass wir in einer Demokratie leben. In vielen anderen Regionen dieser Welt hätte der Betreffende vermutlich ein Mündungsfeuer aufblitzen sehen. Und dann nichts mehr. Wirklich saublöd, einem Polizisten mit dem Tod zu drohen.

    P.S. Es muss ein Deutscher gewesen sein. Bestimmten Mitbürgern mit Migrationshintergrund ist Genuss von Alkohol strengstens untersagt.

  10. 10
    Julian says:

    Ich finde auch, dass sich manche dieser Beleidigungen bzw. die Schilderung des ganzen Geschehens unfreiwillig unterhaltsam anhören.

    Allerdings verstehe ich wirklich nicht, warum Sie so über die Staatsanwältin und deren mutmaßlichen Empfindungen spekulieren. Vielleicht war sie deutlich weniger schokiert, als Sie annehmen?.

  11. 11
    Basti says:

    Die Formulierungen, die die Dame gewählt hat, sind Standardsätze aus dem Vordruck und lassen sicher keinen Rückschluss auf den Verwender zu – im Gegensatz zu den Formulierungen des Angeschuldigten…

    • Ich bin mir noch nicht sicher, was schlimmer ist: Sich diese Sätze – mit Nachdenken – selbst auszudenken oder sie – ohne Nachdenken – aus einem Vordruck abzuschreiben. crh
  12. 12
    doppelfish says:

    An Stelle des Zeugen Bullmann hätte ich eher Angst davor, daß der inzwischen Angeschuldigte von seiner bodenlichen Position aus seinen Mageninhalt über mein Schuhwerk verteilt.

  13. 13
    Mirco says:

    „Du bist tot!“
    Dutzen und falsche Tatsachenbehauptung.

  14. 14
    Zwerg says:

    Mag der der Herr Verteidiger doch mal zeigen was er kann und die gezeigten Anklagesätze so umformulieren, dass sie immer noch die Tat konkretisieren, auch die Innere Tatseite,. aber wie von einem Proll aus dem Ghetto klingen.

  15. 15
    Flying Circus says:

    @13/Egbert Sass:

    Zum einen ist die Religionszugehörigkeit „Muslim“ mit der Deutschen Staatsbürgerschaft problemlos vereinbar (mir egal, was Sie da so gehört haben), daher kann der Täter problemlos Muslim und Deutscher gewesen sein. Denn letzteres macht sich an der Staatsbürgerschaft fest, nicht an den Vorfahren (meine kamen väterlicherseits vor 200 Jahren aus Österreich, ich würde mich dennoch als Deutscher bezeichnen …).
    Zum anderen wird das Alkoholverbot nicht von allen Muslimen so eng gesehen.

    So sehr es mich freut, daß Sie nicht gleich darauf hinauswollten, daß das wohl wieder so ein Muselmann gewesen ist, so bedenklich finde ich diese wenig subtilen Versuche, zu sticheln.