Monatsarchive: März 2013

Billige Polemik und der bellende Staatsanwalt

GenStA DresdenDie faire Routine war wohltuend und das Selbstbewußtsein, mit dem der sächsische Kriminalbeamte zwischen unserem Mandanten und mir vermittelte, war ein gesundes.

Der Beamte hatte den Auftrag, in Norddeutschland eine Wohnung zu durchsuchen und den Inhaber – unseren Mandanten – zu verhaften. Weil ich nicht sofort erreichbar war, hinterließ er seine Handynummer. Wir konnten etwas später dann in professioneller Atmosphäre das Übliche klären: Ich habe dem Mandanten zum Schweigen und im übrigen zur Kooperation geraten; der Kriminale hatte nichts daran auszusetzen und übermittelte meinen Rat an den Mandanten.

Dann gab er mir noch die Durchwahl der Geschäftsstelle der Staatsanwaltschaft in Sachsen, damit ich dort um Übersendung des Durchsuchungsbeschlusses und des Haftbefehls bitten konnte. Wenige Minuten später hatte ich eine über 30 Seiten starke Datei im PDF-Format im Postkasten. Ein paar Stunden später stand der Termin für die Vernehmung vor dem zuständigen Haftrichter (§ 115a Abs. 3 StPO) und mündliche Haftprüfung (§ 117 StPO) fest, die Frist des § 118 Abs. 5 StPO war hier – trotz Verschubung – kein Thema. Die Ermittlungsakten – eine zweistellige Anzahl an Bänden – bekomme ich im Laufe dieser Woche wohl auf DVD.

Soweit ein professionell geführtes Verfahren, das gegen eine höhere zweistellige Zahl von Beschuldigten geführt wird und bei dem auf Auslandskonten Millionenbeträge gesichert wurden. Unsere Kanzlei vertritt weitere Beschuldigte in diesem Verfahren. Die Kommunikation mit der Generalstaatsanwaltschaft verläuft auch dort auf dem selbem hohen Niveau. Es geht flott voran.

446095_web_R_K_by_Ivan Slezak_pixelio.deGanz anders im Lande Brandenburg. Dort wird auch in einer umfangreichen Sache gegen mehrere Beschuldigte ermittelt, von denen ein paar noch flüchtig sind; andere sind bereits in Haft und einige sind von der Haft verschont.

Anfang Juli 2011 hatte ich Haftbeschwerde gegen einen Haftbefehl aus April 2011 erhoben. Irgendwann ist es mir gelungen, daß der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt wurde. Im September 2012 habe ich beantragt, den Haftbefehl ganz aufzuheben. Ich reklamierte unter anderem einen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot. Offenbar habe ich mit dem Vorwurf, die Staatsanwälte kämen mit ihrer Art der Ermittlungsarbeit nicht in die Puschen, einen Nerv getroffen.

Was die Verdunkelungsgefahr betrifft, übt sich die Verteidigung in eher billiger Polemik. […] Wenn die Verteidigung meint, spotten zu sollen, die Staatsanwaltschaft müsse ja wohl inzwischen alle Beweise „gesichert“ haben, will sie die einfache Tatsache durch aggressive Rhetorik vernebeln, dass Kollusion durch Absprachen zwischen Beschuldigten hinsichtlich eines einheitlichen Aussageverhaltens oder durch Einflußnahme auf Zeugen letztlich bis zum Ende der Hauptverhandlung der letzten Tatsacheninstanz möglich bleibt.

Die Aussagen all dieser Mitbeschuldigten, gesondert Verfolgten und Zeugen durch flächendeckende ermittlungsrichterliche Vernehmungen vorab zu „sichern“, ist vorliegend u.a. wegen der Masse dieser Aussagen und weil die Auskunftspersonen teils im Ausland wohnhaft sind nicht praktikabel.

Wenn man, wie dieser Potsdamer Staatsanwalt, nicht bereit ist, auf seine lieb gewordenen Kreidetafeln zu verzichten und die Digitalisierung von Ermittlungsakten als ein Werk des Teufels betrachtet, kommt man in einer Sache, die sich nahezu vollständig im Internet abspielt, natürlich nicht voran. Dann muß man auch wie angestochen auf den Vorwurf der Verteidigung reagieren, daß das alles viel zu lang dauert.

Ich mag getroffene Hunde Staatsanwälte, die schon bei Kleinigkeiten die Contenance verlieren.

Hundebild: Ivan Slezak / pixelio.de

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