Monatsarchive: Mai 2013

Wer hat eigentlich Schuld hier?

Ein Klassiker unter den Unfällen mit Beteiligung von Moppedfahrern: Die Pressemeldung der Polizei Berlin ist überschrieben mit „Motorradfahrer übersehen“.

Bei einem Verkehrsunfall in Britz wurden in der vergangenen Nacht ein 19-jähriger Motorradfahrer, sein ebenfalls 19-jähriger Sozius sowie vier Männer im Alter von 17, 19, 26 und 43 Jahren leicht verletzt. Der 19-Jährige fuhr mit einer „Kawasaki“ gegen 2.45 Uhr auf dem Buckower Damm in Richtung Britzer Damm und wurde nach ersten Erkenntnissen von einem 43-jährigen Taxifahrer übersehen, der in gleicher Richtung fuhr und wenden wollte. Es kam zum Zusammenstoß beider Fahrzeuge, in dessen Folge der Kradfahrer und sein Sozius stürzten.

Soweit, so klar. Auf diese Art hat mich auch schonmal ein Taxifahrer vom Mopped geholt. Wenn dem Kawasaki-Treiber keine überhöhte (was auch immer das sein mag) Geschwindigkeit nachzuweisen ist, liegt die Verschuldensquote zulasten des Berufskraft-RowdiesFahrers bei 100%. Zu schnell oder Fehler beim Bremsen bzw. Vorbeifahren könnten aber zu einer anderen Haftungsverteilung führen.

Aber nun beginnt das unfallregulatorische Hochreck:

Ein 19-jähriger „VW“-Fahrer, der in gleicher Richtung fuhr, machte eine Ausweichbewegung, um nicht mit den gestürzten Männern des Motorades zu kollidieren. Dabei stieß er gegen das Taxi. Durch den Aufprall wurden der 19-Jährige, seine beiden Insassen und der Taxifahrer verletzt. Rettungswagen brachten sie zur medizinischen Behandlung in umliegende Krankenhäuser, wo sie nach ambulanter Behandlung entlassen wurden.

So, und jetzt? Sind die herumliegenden Kradfahrer nicht schnell genug von der Straße gehumpelt? Hat der VW-Fahrer zu spät gebremst, d.h. ist er nicht rechtzeitig zum Stehen gekommen? Welche Aktien hat der Taxidriver an der Kollision des VW mit der Droschke?

Das wird sicherlich einige Diskussionen mit dem Haftpflichtversicherer des Taxiunternehmens und dem des VW geben. Bis dahin: Gute Besserung an die Verletzten!

Dank an die Donnerkatze für den Hinweis auf die PM.

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Ein freundlicher Anruf

Leider viel zu selten ist der Anruf eines Polizeibeamten Grund zur Freude. Am Tag nach dem Ersten Mai gab es für unseren Mandanten Grund, ein Kerzlein anzuzünden:

Unschuldig

Bei zwei offenen Bewährungen – wegen Ladendiebstahls – hing seine Freiheit am seidenen Faden. Er hat Glück gehabt, daß sich die Vorurteile der Detektive und dann der professionellen Ermittler nicht nur nicht bestätigt haben, sondern auch noch widerlegt wurden. Denn wenn einmal so ein Vor-Urteil im Raum steht, ist ein Nach-Urteil schnell mal verhängt.

Auf diesem Wege besten Dank an den Polizeibeamten, der die frohe Botschaft auf dem kurzen Dienstweg geliefert und damit die heißen Kohlen gelöscht hat, auf denen der Mandant seit geraumer Zeit saß.

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Gastbeitrag: Hauptamtliche Komplizenschaft

Immer wieder werden Strafverteidiger gefragt: Wie kannst Du „so einen“ eigentlich verteidigen? Diese (Party-)Frage wird oft mit grauseligen Taten illustriert, für die es – nach Ansicht des Fragenden – eigentlich nur eine Lösung geben könnte:

„Einsperren und Schlüssel wegwerfen“, wie es der ehemalige (in den 1980er Jahren) Verteidiger von Horst Mahler einmal vorgeschlagen haben soll.

Altkanzler Schröder hatte bei diesem seinem Vorschlag seinerzeit Sexualstraftaten zu Lasten von Kindern im (leeren?) Hinterkopf. So ähnliche Gedanken werden (heute) aber auch bei politisch motivierten Straftaten geäußert.

Im Juli 2012 hatte ich in diesem Zusammenhang über ein Rückhaltloses Charakterschwein berichtet, auf die eine Gegenrede der GAF erfolgte.

Der Kollege Roland Hermann aus Wien stellt mir dankenswerter Weise aus seinem aktuellen, stets lesenswerten Newsletter das bemerkenswerte „Editorial: Hauptamtliche Komplizenschaft“ zur Veröffentlichung zur Verfügung.

In einer der vielen UVS-Verhandlungen nach der Traiskirchen-Razzia hat sich einer der beteiligt gewesenen Beamten über die Art und Weise unserer Befragung so geärgert, daß er sich zur Aussage hinreißen ließ, wir – also die Vertretung der beschwerdeführenden Opfer dieser Razzia – seien „doch ohnehin hauptamtliche Komplizen der Dealer“.

Das wurde protokolliert und einige Wochen später hat er – wohl zähneknirschend – eine schriftliche Ehrenerklärung beim UVS eingereicht, um wohlfeile zweieinhalbtausend Euro an tarifmäßigen Kosten unseres Vertreters; seinen eigenen hat wahrscheinlich die Gewerkschaft bezahlt, vielleicht den unsrigen auch, wer weiß ….

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „juridikum“ findet sich, verpackt in einen unscheinbaren Bericht über den Leipziger Kongreß des Bundesarbeitskreises kritischer Juragruppen vom Vorjahr, folgende Episode:

Eine dem Freiburger Arbeitskreis nahestehende Anwältin hatte ihren Kanzleikollegen bei der Verteidigung eines bekannten Rechtsextremen unterstützt; selbiger hatte Linksaktivisten, die sich auf ihn zubewegten, mit dem Auto niedergefahren, die Verteidigung hatte erfolgreich auf Notwehr plädiert.

Entrüstung in der linkskritischen Ethikküche: Rechtsextreme dürfe man höchstens verteidigen, wenn Mangel an Verteidigern herrsche, aber dies freiwillig und ohne Not zu tun, laufe auf die Verteidigung einer rechtsextremen Handlung hinaus, sei eine Verbündung mit dem Gegner.

Ergebnis: Der Freiburger Arbeitskreis wurde wegen seiner Weigerung, die Zusammenarbeit mit dieser Anwältin aufzukündigen, aus dem Bundesarbeitskreis ausgeschlossen.

Na holla, da hat aber jemand die Funktion des Anwalts im Rechtsstaat ziemlich gründlich mißverstanden. Ich sag’s gleich: Die Verteidigerin, um die es da ging, war es nicht. Die hat nämlich genau das getan was dem Selbstverständnis des anwaltlichen Berufsstandes entspricht: Die Interessen ihres Klienten bestmöglich vertreten.

Seine Komplizin ist sie deshalb aber noch lange nicht geworden. Sie hat lediglich den Gegenpol zur staatlichen Anklage eingenommen, was einen Kräfteausgleich zwischen den einander in jedem Prozeß naturgemäß widerstreitenden Interessen und damit ein faires Verfahren überhaupt erst ermöglicht.

Daß ein jeder Anspruch auf ein faires Verfahren hat, egal was ihm angelastet wird, sollte eigentlich unbestritten sein. Die Alternative wäre ja hinlänglich bekannt: Man würde sich qua Vorverurteilung unweigerlich auf das Niveau der Tat begeben, deren (durch Erweislichkeit bedingte) Verwerflichkeit ja gerade den Anlaß zum Verfahren gibt.

Siehe dazu trefflich den großartigen Spencer Tracy ab 5.30: (der Oscar ging übrigens trotzdem an die Verteidigung).

Der Preis des fairen Verfahrens ist, daß das gesprochene Recht dem gebrochenen nicht immer gerecht wird. Auch im Rechtsleben gewinnt der Stärkere. Derjenige, der eben die besseren Argumente parat hat oder manchmal auch nur den besseren Vertreter. Alles andere wäre aber schon von vornherein bloße Makulatur, hätte mit einem rechtsstaatlichen Verfahren kaum mehr viel zu tun.

Sich als Vertreter die Klientel aussuchen zu können, je nachdem ob man sich mit deren Rechtsstandpunkt identifizieren kann oder nicht, ist ein seltener Luxus. Gerade Strafverteidiger wäre dann eine einigermaßen brotlose Angelegenheit, da ginge sich maximal hie und da mal ein kleiner Gauner aus, weil wer ist das selber nicht eh auch oder wärs zumindest gern ?

Aber sonst – Kinderschänder, Mörder, Rechtsextreme … alle ab in die Verfahrenshilfe, ins Glücksradl ?!

Oder überhaupt nur Unschuldige verteidigen ?

Aber selbst wenn einen der Klient vorab von seiner Unschuld überzeugen kann – was tun wenn sich die Sache im Zuge der Hauptverhandlung dann doch ganz anders darstellt und plötzlich muß man einen Schuldigen weiter verteidigen ?

Bei notwendiger Verteidigung einfach mitten in der Verhandlung das Mandat niederzulegen ist disziplinär, sagte die OBDK schon einmal (aus Anlaß der „Operation Spring“ – der Disziplinarbeschuldigte hatte damals aber weniger seinen Klienten satt als vielmehr die Umstände des Verfahrens).

Also gar net erst an sowas anstreifen, von vornherein nur ideologisch einwandfreie „gerechte“ Sachen übernehmen ? Aber wer legt die fest? Eine „kritische Juragruppe“ vielleicht ?

So was – also so ein institutionelles Gutmenschtum – gibt es nur in Freiburg oder Wien? Nein, das haben wir hier in Berlin auch. Und zwar an besonders empfindlicher Stelle, wie ich meine:

Bei den letzten Wahlen zum Vorstand der traditionell „linken“ (??) Vereinigung Berliner Strafverteidiger e. V. wurde der bisherige Vorstandvorsitzende, Rechtsanwalt Peter Zuriel, durch zwei in Ehren ergrauter Strafverteidiger(!), von denen sich einer als „Menschenrechtsanwalt“ bezeichnen läßt und der andere auch presserechtlich sowie als „Opferanwalt“ unterwegs ist, heftig dafür kritisiert, daß er einen Polizeibeamten verteidigt, dem man vorwirft, einen Demonstranten verprügelt zu haben (siehe taz vom 14.07.2010).

Rechtsanwältin Anja Sturm wurde bei ihrer Bewerbung um die Wahl in den Vorstand der Berliner Strafverteidiger u.a. von eben diesen beiden Strafverteidigern aufgefordert, sich dafür zur rechtfertigen (sic!), daß sie in dem NSU-Verfahren vor dem OLG München die Hauptangeklagte, Beate Zschäpe, verteidigt.

Wir leben in einer sonderbaren Welt.

(Anm.: Die Verlinkungen, auch innerhalb des Gastbeitrags, stammen von mir. crh)

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Phantasyvolle Nacht- und Nebelaktion

AdvoserviceEs hat funktioniert! Und es war von „unseren“ IT-Profis eigentlich auch nicht anders zu erwarten.

Donnerstagabend habe ich gegen 19 Uhr den Platzverweis bekommen: Abmelden aus dem Kanzlei-Netzwerk und Finger weg bis Freitagmittag! Unsere Anwaltssoftware war schon ein wenig angegraut und verlangte nach einem grundlegenden Relaunch.

Dann hat Ingo Winter den Schalter umgelegt und sich die Nacht an seinem Rechner um die Ohren geschlagen. Ich habe noch ein kleines Kerzlein angezündet, damit die DSL-Leitung der Telekom stabil bleibt und mich mit Spargelschälen beschäftigt.

Freitagmorgen um 8 Uhr erreichte mich dann das erste Lebenszeichen des Technikers: Die Umstellung habe einwandfrei funktioniert, ich müsse jetzt wieder arbeiten.

Lieber Ingo, auch auf diesem Wege herzlichen Dank – an Dich und das Team am Tauentzien!

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Zustellungsprobleme

Diese eFox-Shop-Spammer haben echt Humor:

eFox-Shop

Die eMail-Adresse „efox-shop [service@efox-shop.com]“ habe ich gern zu meinen Kontakten hinzugefügt. Die ich zu den anderen Werbetreibenden im Orkus des Internets habe.

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Ein ganz starker Staat

An Händen und Füßen gefesselt, vorher zur Kontrolle nackt ausgezogen, erst dann soll sie der Meute zum Fraß vorgeworfen und in das Gericht geführt werden. Der (bayerische) Rechtsstaat muß Stärke zeigen! Wenigstens jetzt noch.

Es bestehe „Fluchtgefahr“. Deswegen sei die martialische Vorführung in dieser Form notwendig. Liest man derzeit in den aufgescheuchten Medien.

Ich sehe mit Grausen dem entgegen, was die bayerischen Richter da noch alles veranstalten, um zu zeigen, daß sie zu einem souveränen Verfahren gegen eine mutmaßliche Straftäterin nicht geeignet, sondern eher hoffnungslos überfordert sind. Das ist doch armselig, was dort mit der Frau passieren soll, die seit dem 8. November 2011 isoliert in Untersuchungshaft sitzt.

Wovor haben die Richter eigentlich noch Angst?

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Höllenengel in allen Himmelsrichtungen

Die Berichterstattung aus dem Hause Springer ist nicht unbedingt ein leuchtendes Beispiel für Qualität im Bereich der Printmedien. Ich rede jetzt nicht nur von dem mit übergroßen Lettern und Brüsten bedruckten Papier aus der Rudi-Dutschke-Straße. Auch die anderen Blätter aus dieser Ecke scheinen es nicht so ernst zu nehmen mit dem Anspruch an saubere Berichterstattung.

Schauen wir uns mal ein Beispiel aus der Berliner Morgenpost vom 2. Mai 2013 an.

Der 1. Mai lieferte den Krawallmachern aus Kreuzberg kein Material; also den Reportern, meine ich. Dann müssen sie eben an anderer Stelle suchen, um das Blatt zwischen der Werbung voll zu kriegen.

Die starke Polizeikonzentration auf Grund der vielen Demonstrationen am 1. Mai haben Rocker der Hells Angels und Red Devils zu einer Demonstration der Stärke ausgenutzt.

[…]

Die Rocker haben es offenbar ausgenutzt, dass Tausende Polizisten bei den großen Demos in Schöneweide und Kreuzberg waren

Könnte es sein, daß der arbeitsfreie Tag von den Motorradfahrern offenbar genutzt wurde, um eine gemeinsame Ausfahrt zu machen? Nein, kann es nicht; denn dann könnte man ja darüber nicht berichten.

Die etwa 70 Rocker waren bei ihrer Ausfahrt auf schweren Harley-Maschinen sowie in teuren Autos und Vans unterwegs.

Kommt hier etwa der Neid eines freien Journalisten zum Ausdruck, der sich von seinem schmalen Zeilenhonorar lediglich eine Zwiebacksäge wie die Peugeot 103 oder das vierrädrige Modell 105 aus dem selben Hause leisten kann? Ja, Harleys sind schwer, es sind ja auch keine Sportmaschinen. Welchen Informationsgehalt hat dieser Satz sonst noch?

Ein starker Verband von Hells Angels und Mitgliedern von Unterstützer-Klubs hatte sich am Maifeiertag von 12.45 Uhr im Zehlendorfer Ortsteil Nikolassee auf der Spinnerbrücke getroffen.

Nun, an einem sonnigen Feiertag treffen sich an der Spinnerbrücke in aller Regel mehrere Hundert Zweiradfahrer, auf schweren Harley-Maschinen, auf leichten Supersportlern und manchmal auch auf Zwiebacksägen. Ein paar davon tragen Kutten, andere Schleifpads an den Knie und ein paar wenige auch Badelatschen (der Wannsee ist in der Nähe!).

Der Überschrift des Artikels ist zu entnehmen, daß der Haupteingang nach Berlin komplett dicht war:

Hells-Angels-Rocker blockieren die Berliner Avus

Der Unsinn wird allerdings im Text korrigiert:

Nach Angaben von Augenzeugen blockierten die Rocker dabei die Avus-Zufahrt Spanische Allee.

Es handelt sich also nicht um die komplette Autobahn, sondern schlicht um die Auffahrt, die an sonnigen Feiertagen (s.o.) von den Besuchern der ehemaligen Pommesbude auf „der Brücke“ genutzt wird.

Rocker ignorierten sämtliche Verkehrsregeln …

Das muß jetzt nicht weiter kommentiert werden, oder?

… wobei andere Verkehrsteilnehmer behindert und besonders auf der Avus stadteinwärts zum Teil genötigt wurden.

Wenn man sich vergegenwärtigt, was sonntags Nachmittags stadteinwärts auf der AVUS abgeht, braucht man keinen einzigen Rocker, um von „Behinderungen“ und „Nötigungen“ zu sprechen. Bei Lichte betrachtet sieht es doch so aus, daß ein paar Moppedfahrer nach einem Imbiss auf die Autobahn gefahren sind und ein paar Autofahrer kurzzeitig den rechten Fuß lupfen mußten, um sich anschließend ungehindert (?) weiter im zähflüssigen Verkehr in die Stadt hinein zu quälen.

Das Finale der AVUS, es naht der Ku’damm:

Im Konvoi verließen die Hells Angels aus Berlin und Potsdam die Autobahn am Funkturm und fuhren über Halensee auf den Kurfürstendamm. Dort missachteten die Rocker nicht nur massiv rote Ampeln.

Wir haben in unserer Kanzlei jedes Jahr eine hohe zweistellige Anzahl von Autofahrern, denen man einen massiven Rotlichtverstoß vorwirft. Das sind alles keine Verbrecher, sondern oftmals gut situierte Schlipsträger, teils mit Kutte (vulgo: Weste eines Dreiteilers) und gar nicht so wenige Journalisten, die mal eben schnell noch bei Dunkelgelb über die Fußgängerampel …

Eine im Amtsdeutsch genannte Verbundfahrt wäre anmeldepflichtig gewesen.

Eine spontane Fahrt von „der Brücke“ in die Stadt ist selbstverständlich nicht anmeldepflichtig, aber an sich – auch wenn es so wäre – auch nicht der Rede wert. Wenn es denn ein werthaltiger Bericht werden soll.

zudem sei das Tragen der sogenannten Rockerkutten eine Ordnungswidrigkeit.

Zum Thema „Wert“ noch eine Anmerkung: Wenn man keine Ahnung hat … Mir ist jedenfalls keine Vorschrift bekannt, nach der das Tragen einer Kutte verboten oder erlaubnispflichtig wäre. Von verbotenen Abzeichnen oder Colors („Berlin City“) berichtet hier niemand.

Erst eilig herbei gerufenen Polizeikräften gelang es, den Aufmarsch der Rocker in Schöneberg zu stoppen. Um sich beabsichtigten Kontrollen der Polizei zu entziehen, rasten die Höllenengel in alle Himmelsrichtungen davon.

Na, wenigsten ein bisschen Sprachwitz hat der Springer-Schreiber. :-)

Ich kann mir die Situation gut vorstellen. Da fahren ein paar Harleys – sagen wir mal zehn oder so – die Grunewaldstraße entlang, als die zufällig vorbeifahrende Besatzung eines Opel Corsa zur Kelle greift. Ein Teil der Kradler biegt nach links, ein anderer Teil nach rechts in die Martin-Luther-Straße ab, der Rest tuckert weiter in Richtung Kurfürstenstraße. Harleys und rasen? Also, nahörensiemal!

Dann endlich, ganz zum Schluß (genau wie in den alten Filmen mit Bud Spencer und Terence Hill) kommt es doch noch zu einer Keilerei:

An der Kurfürstenstraße wurden drei der Rocker gestoppt, wobei es zu einem Angriff auf einen Beamten kam. Ein Rocker leistete Widerstand und versetzte einem Beamten einen Kopfstoß, der dadurch leicht verletzt wurde. Der Angreifer konnte überwältigt, gefesselt und festgenommen werden.

Die Qualität der Berichterstattung bis hierher deutet darauf hin, daß man über diese Situation vielleicht auch anders berichten könnte. Wenn sie sich eben anders ereignet hat. Das wissen wir aber nicht, lieber Zeilenhonorarempfänger.

Nein, ich widerstehe nun der Versuchung, am Ende dieses Beitrags über einen Polizeiübergriff mit Quarzhandschuhen und Pfefferspray zu berichten. Ich will mir ja nicht nachsagen lassen, ich würde tendenziös und ohne jeden Sachverstand berichten.

Zusammenfassung:
Also was ist eigentlich am 1. Mai passiert? Ein Journalist hat einen Bericht geschrieben.

Danke an die Donnerkatze für den Hinweis auf diesen Bericht. crh

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Wer antiautoritär erzieht, darf nicht auf der Autobahn fahren

Ein Vater war mit seinem achtjährigen Sohn auf der Autobahn unterwegs. Bei der Abfahrt von der Autobahn stellte die Polizei bei einer Kontrolle fest, dass das Kind nicht angeschnallt war. Der Vater gab an, sein Sohn sei zuvor angeschnallt gewesen, aber da ihm sein Eis runtergefallen war, habe sich das Kind abgeschnallt, um das Eis wieder aufzuheben. Gerade in diesem Moment sei er in die Kontrolle geraten. Hierfür könne er nichts. Doch fand das Amtsgericht Köln, verurteilte den Vater zur Zahlung einer Geldbuße von 40 Euro und gab gleich noch ein paar wertvolle Erziehungstipps.

Zum Schutz der Gesundheit von Kindern sowie der allgemeinen Verkehrssicherheit ist die strikte Einhaltung der Sicherungsvorschriften von Kindern erforderlich. Das leichte Gewicht eines Kindes führt bei Nichtsicherung im Fall von Kollisionen, plötzlichem starken Abbremsen, Ausweichmanöver oder Kurvenfahrten zu erheblichen Umher- oder gar Herausschleudern mit schwerstwiegenden Folgen für das Kind. Ferner besteht die Gefahr, dass das Kind hierbei auch gegen den Fahrer geschleudert wird, wodurch dieser die Kontrolle über das Fahrzeug verlieren kann mit entsprechenden gravierenden Unfallfolgen, in die auch noch weitere Verkehrsteilnehmer verwickelt werden könnten. Jeder Fahrer ist daher verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass ein mitfahrendes Kind während der gesamten Fahrt ausreichend gesichert ist und auch bleibt.

Soweit, so richtig. Dann wird der Amtsrichter konkret.

Der Sohn des Betroffenen war zur Tatzeit fast 9 Jahre alt. Einem Kind in diesem Alter kann man in der Regel verständlich machen, welche Gefahren und welche Folgen eintreten können, wenn es sich während einer Fahrt abschnallt. Ebenfalls ist ein Kind in diesem Alter in der Regel in der Lage, das deshalb ausgesprochene Verbot, sich während der gesamten Fahrt abzuschnallen und die Ankündigung ernstzunehmender Konsequenzen bei Mißachtung dieses Verbot zu verstehen, zu akzeptieren und zu befolgen. Vorliegend geht das Gericht davon aus, dass der Betroffene diese Maßnahmen unterlassen oder nicht mit dem genügenden Nachdruck, ein Abschnallen während der Fahrt verboten hat, wie sein Vorbringen zeigt, wie Kinder nun einmal seien, schnallen sie sich ab, wenn das Eis herunterfällt, dafür könne er nichts.

Sollte das Kind des Betroffenen jedoch nicht in der Lage oder Willens gewesen sein, das genannte Verbot und die Erklärung hierfür zu verstehen und zu befolgen, dann hätte der Betroffene nicht eine Autobahn benutzen dürfen, auf der er nicht jederzeit anhalten konnte, um seinen Sohn wieder ausreichend zu sichern oder aber es hätte einer Begleitperson bedurft, die hierfür Sorge getragen hätte. Keinesfalls hätte der Betroffene aber seinem Sohn ein Eis oder einen sonstigen für das Kind interessanten Gegenstand geben dürfen, wenn er nicht mit Sicherheit ausschließen konnte, dass das Kind bei Herunterfallen dieser Dinge sich abschnallt, um sie wieder aufzuheben.

AG Köln, Urteil vom 14.03.2005, Az: 809 OWi 723/04

Wir fassen zusammen. Ist man mit einem Kind im Auto unterwegs, darf man dem kleinen Quengelgeist weder Eis, noch andere interessante Gegenstände, wie z.B. ein Buch geben. Es könnte ja etwas herab fallen. Dass sich dann langweilende Kind wird es danken, still im Kindersitz verharrend die aufregende Umgebung beobachten und das Ende der Fahrt abwarten. Vor der Fahrt ist das Kind entsprechend zu belehren. Für den Fall der Missachtung, sind „ernstzunehmende Konsequenzen“ anzudrohen. Welcher Art diese sein sollen, teilt das Amtsgericht leider nicht mit, Prügel scheidet in jedem Fall aus. Alternativ könnte man androhen, Geburtstags-, Weihnachts- und sonstige Geschenke bis zum 18. Geburtstag zu streichen.

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Wieder zuhause

So, da isse wieder:

Wieder da

Nach der Winterpause wieder zurück in SO36, nach einer ruhigen Ersten-Mai-Nacht. Und zum ersten Mal seit Einführung dieser [censored] Umweltzone völlig legal. 8-)

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Das Auge der Vorsehung im Knast

Es gibt immer wieder etwas, das es noch nicht gegeben hat.

Im Bereich der Untersuchungshaftanstalt, die für die Besprechungen der Gefangenen mit ihren Verteidiger vorgesehen ist, warte ich auf meinen Mandanten. Die Anklage ist zugestellt, ich habe am Vortag die Termine für die Hauptverhandlung mit dem Vorsitzenden Richter abgesprochen.

Nun wollte ich dem Mandanten ein paar „Hausaufgaben“ stellen, mit denen er die Verteidigung unterstützen sollte. Auch die weitere Strategie – Schweigen? Einlassung? … – wollte ich mit ihm absprechen. Dazu hatte ich ihm auch den kompletten Kopiesatz der Ermittlungsakten mitgebracht und ein paar Ordnungsmittel (Heftlinge, Textmarker …).

Bei meinem letzten Besuch, etwa 14 Tage zuvor, hatten wir vorbesprochen, wie wir uns vor der Strafkammer aufstellen wollen. Zu dieser Zeit war der Mandant zwar auch nicht gerade fröhlich. Aber immer hatte ich den Eindruck, er ist motiviert.

200px-ChristianEyeOfProvidence.svgIch sah ihm sofort an, daß er sich total verändert hatte in den gut zwei Wochen. Er hatte massiv abgenommen und sah ziemlich zerzaust aus.

Mit einem völlig wirren Blick schaute er mich an, verlangte wortlos nach einem Stift und Papier, auf das er sehr unbeholfen das „Auge der Vorsehung“ aufmalte. Er forderte mich auf, mir seine Stirn anzusehen, auf der dieses Auge zu sehen sei.

„Ich brauche keinen Verteidiger!“ waren seine einzigen Worte, die er zu mir sprach. Dann verließ er die Besprechungszelle und ließ mich da sitzen.

Bei einer Straferwartung, die in diesem Falle durchaus zweistellig ausfallen könnte, sehe ich das mit der Notwendigkeit eines Verteidigers eher anders.

Und deswegen habe ich nun ein Problem, das hatte ich noch nicht.

Grafik: Wikipedia

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