Monatsarchive: Juni 2013

Passend zur Filmkritik

Seit vorgestern steht die Wanne vor dem „Neuen Off„. Heute lese ich beim Kollegen Rainer Pohlen im Strafblog eine Filmkritik, passend zum Parkplatz der Wanne:

ThePlaceBeyondThePines

Da man dem Rat eines Strafverteidigers immer befolgen soll 8-) , werde ich wohl im Laufe der Woche mal wieder ins Kino gehen. Danke für den Tip!

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Helmpflicht für Radler durch die Hintertür?

Das Schleswig-Holsteinische OLG entschied am gestrigen Tag, dass ein Radfahrer, der im öffentlichen Straßenverkehr mit einem anderen – sich verkehrswidrig verhaltenden – Verkehrsteilnehmer (Kfz; Radfahrer usw.) kollidiert und infolge des unfallbedingten Sturzes Kopfverletzungen erleidet, die ein Fahrradhelm verhindert oder gemindert hätte, sich grundsätzlich ein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms anrechnen lassen müsse. Schon rauscht es durch den Blätterwald, dass damit quasi die Helmpflicht für Radler eingeführt sei.

Die Radfahrerin im konkreten Fall war gegen die sich unvermittelt öffnende Fahrertür eines am rechten Fahrbahnrand parkenden Pkw gefahren. Sie fiel auf den Hinterkopf und zog sich schwere Schädel-Hirnverletzungen zu, die u.a. einen zweimonatigen Krankenhausaufenthalt nach sich zogen. Da die ärztliche Behandlung und die berufliche Wiedereingliederung noch nicht abgeschlossen waren, verlangte die Fahrradfahrerin vor Gericht zunächst die Feststellung, dass die Halterin und deren Kfz- Haftpflichtversicherung verpflichtet sind, ihr alle aus dem Unfall entstandenen und zukünftig entstehenden Schäden zu ersetzen, insbesondere ihr auch ein Schmerzensgeld zu zahlen.

Das Gericht nahm ein anspruchsminderndes Mitverschulden der Radlerin an, da nach den Feststellungen eines gerichtlichen Sachverständigen der Umfang der Kopfverletzung mit einem Fahrradhelm zwar nicht hätte verhindert, in einem gewissen Umfang doch aber hätte verringert werden können.

Fahrradfahrer sind heutzutage jedoch im täglichen Straßenverkehr einem besonderen Verletzungsrisiko ausgesetzt. Der gegenwärtige Straßenverkehr ist besonders dicht, wobei motorisierte Fahrzeuge dominieren und Radfahrer von Kraftfahrern oftmals nur als störende Hindernisse im frei fließenden Verkehr empfunden werden. Aufgrund der Fallhöhe, der fehlenden Möglichkeit, sich abzustützen (die Hände stützen sich auf den Lenker, der keinen Halt bietet) und ihrer höheren Geschwindigkeit, z.B. gegenüber Fußgängern, sind Radfahrer besonders gefährdet, Kopfverletzungen zu erleiden. Gerade dagegen soll der Helm schützen. Dass der Helm diesen Schutz auch bewirkt, entspricht der einmütigen Einschätzung der Sicherheitsexperten und wird auch nicht ernsthaft angezweifelt. Die Anschaffung eines Schutzhelms ist darüber hinaus wirtschaftlich zumutbar. Daher kann nach dem heutigen Erkenntnisstand grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass ein verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens beim Radfahren einen Helm tragen wird, soweit er sich in den öffentlichen Straßenverkehr mit dem dargestellten besonderen Verletzungsrisiko begibt.

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 05.06.2013., Aktenzeichen: 7 U 11/12

Auch wenn es allgemeine Empfehlungen zum Tragen eines Fahrradhelmes gibt und die Eignung des Tragens von Schutzhelmen zur Vermeidung bestimmter Kopfverletzungen wissenschaftlich belegt ist, es gibt keine Helmpflicht für Radfahrer.

In der bisherigen Rechtsprechung begründete das Radfahren ohne Schutzhelm – zumindest bei Erwachsenen – bislang auch nicht den Vorwurf des Mitverschuldens (so z.B. OLG Hamm NZV 2001, 86; OLG Hamm NZV 2002, 129; OLG Stuttgart VRS 97, 15; OLG Nürnberg DAR 1991, 173; OLG Nürnberg DAR 1999, 507; OLG Karlsruhe NZV 1991, 25; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Januar 2003, Az.: 1 U 110/02; OLG Celle, Urteil vom 11.06.2008, Az: 14 U 179/07).

Selbst eine Unterscheidung zwischen herkömmlichen Freizeitradfahrern, die sich im Straßenverkehr ohne sportliche Ambitionen bewegen, und Rennradfahrern, setzte sich nicht so recht durch.

Das OLG Düsseldorf entscheid zwar mit Urteil vom 12.02.2007, Az: I-1 U 182/06), dass bei einem Radrennfahrer – ungeachtet der Tatsache, dass eine gesetzlich normierte Pflicht zum Tragen eines Fahrradhelms nicht besteht – ein erhebliches Mitverschulden darin gesehen werden muss, dass der Rennradfahrer zum Unfallzeitpunkt keinen Schutzhelm trug. Eine Selbstgefährdung werde durch die Rechtsordnung regelmäßig nicht verboten; gleichwohl sehe § 254 BGB als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben eine Anspruchsminderung des Geschädigten vor, wenn er vorwerfbar die eigenen Interessen außer Acht lässt und ihn insofern ein “Verschulden gegen sich selbst” treffe.

Das Urteil wurde wohl rechtskräftig und das OLG Düsseldorf blieb bei seiner Linie und nahm bei einem weiteren Radsportler die Obliegenheit zum Tragen eines Schutzhelmes an (Urteil vom 18.06.2007, Az: I-1 U 278/06). Der BGH hob das Urteil dann aber auf und verwies die Sache zu neuer Entscheidung an das OLG Düsseldorf zurück (BGH, Urteil vom 6. 11. 2008 – VI ZR 171/ 07). Ein Mitverschulden des Radfahrers sei zwar anzunehmen, allerdings – darauf wies der BGH hin – nicht wegen des nicht getragenen Fahrradhelms.

Ob das Schleswig-Holsteinische OLG hier die Revision zugelassen hat, ist der Pressemitteilung nicht zu entnehmen. Selbst wenn das Urteil rechtskräftig wird, eine generelle Helmpflicht gibt es damit nicht. Außer in Schleswig-Holstein vielleicht.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Schleswig Nr. 9/2013 vom 17.06.2013

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Immer schön lächeln

In der Justizvollzugsanstalt Straubing wird am 19. Juni die Einrichtung für die Sicherungsverwahrung feierlich eröffnet. Beate Merk, die Justizministerin in Bayern, freut sich; jedenfalls sieht sie ganz danach aus:

Fröhliche Frau Merk

Zur Erinnerung:

Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ist grundsätzlich unbefristet […].

Mindestens alle zwei Jahre, beginnend mit dem ersten Tag der Unterbringung, muss geprüft werden, ob weiterhin die Gefahr besteht, dass der Täter außerhalb des Vollzugs rechtswidrige Taten begehen wird. […]

Nach zehn Jahren kann die Unterbringung beendet werden, sofern nicht die Gefahr besteht, dass vom Untergebrachten infolge seines Hanges erhebliche Straftaten begangen werden, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. […]

Der Verwahrte kann auch vom Gericht in ein psychiatrisches Krankenhaus oder in eine Entziehungsanstalt überwiesen werden, wenn dies seine Resozialisierung besser fördert. […]

Zitiert aus Wikipedia, Stand vom 18.06.13

Ein Grund, mal wieder richtig fröhlich zu sein!

An dieser Stelle fällt mir ein, daß Frau Merk vor ein paar Tagen ganz anders ausgesehen hat. Aber das hatte ja mit Sicherungsverwahrung nichts zu tun. Da gings ja um ihre Glaubwürdigkeit. Und außerdem ist sie für in Unterbringung von Herrn Mollath in dem bayerischen psychiatrisches Krankenhaus gar

nicht zuständig.

Offenbar fehlt Frau Merk jedes Gespür dafür, wann der Moment und der Zusammenhang gekommen ist, sich besser nicht mehr in der Öffentlichkeit zu zeigen. Jedenfalls nicht mit einem Grinsen, wenn es um die SV oder die Klappse geht, in die in ihrem Land immer mehr Menschen bis zum St. Nimmerleinstag weggeschlossen werden.

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Augen auf im Rechtsverkehr!

Mal eben auf dem heimischen Rechner den Virenschutz auf den Stand bringen. Die Installation des Upgrates erforderte den Neustart des Rechners, dann erschien dieser Hinweis, ich möge auf den Button „Beenden“ klicken. Den gibt es nicht, dafür aber den Button „Fertigstellen“.

Avast

Dieses Bild erinnert mich an einen Fall, den ich mal in Hamburg verteidigt habe. Obwohl mein Mandant einen deutlich lesbaren Hinweis darauf gegeben hat, daß die angebotene Leistung Geld kostet, wurde ihm vorgeworfen, er hätte vorgespiegelt, die seine Leistung sei kostenlos. Das gipfelte in dem (unzutreffenden) Anklagevorwurf, es habe gar keinen Kostenhinweis gegeben.

Frage an den Leser: Was passiert, ich jetzt auf „Fertigstellen“ klicke?

Nein, das ist kein Betrug, was der Softwarehersteller da macht; aber unschön ist es allemal, wenn man was auf’s Auge gedrückt bekommen soll, was man nicht bestellt hat.

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Der Frühlings-Troll

Es gibt oft Gründe, warum man sich mit den Gegebenheiten nicht abfinden möchte. Dann versucht man sie zu ändern. Gelingt das nicht, dann ist es eben so. Und dann gilt der hier:

Glücklich ist, wer vergißt, was nicht mehr zu ändern ist.

Ist zwar ein wenig hohl, das geflügelte Wort; es hilft aber schonmal über die blauen Flecke weg, die der kleine Geist bei seinen zahlreichen Versuchen bekommen hat, ständig mit dem Kopf gegen Beton anzustinken.

Vielleicht trägt jener Spruch und nun zusätzlich dieser Troll-Award dazu bei, es dem seit vielen Monaten schon schwarzgelisteten Leser leichter zu machen, seine notdürftig als Kommentare getarnten Abwasserrohrbrüche künftig z.B. in ein eigenes Blog zu schreiben. Oder eben sonstwo. Oder ganz woanders, aber nicht hier,

lieber Scharnold Warzenegger
(oder wie auch immer Sie sich schreiben mögen).

Ich gratuliere häßlichst! ;-)

Übrigens:
Für den Sommer-Troll-Award können die Bewerbungen bereits abgeben werden: Seien Sie so mutig und schreiben Sie freundliche Kommentare!

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Bild: © Georg Schemainsky / pixelio.de

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Auswahl eines Pflichtverteidigers

Der Beschuldigte wurde in flagranti erwischt. Er war kein Unbekannter, Einbruchdiebstahl scheint der Sicherung seines Lebensunterhaltes zu dienen. Deswegen wurde auch ein Haftbefehl verkündet und vollstreckt; da der Beschuldigte keinen festen Wohnsitz in Deutschland hat, gehen Staatsanwaltschaft und Haftrichter davon aus, daß er sofort abhauen wird, wenn man ihn laufen läßt Fluchtgefahr besteht.

Die freundliche Strafprozeßordnung (StPO) sieht für solche Fälle die Bestellung eines Pflichtverteidigers vor, § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO. Da der Haftrichter mit dem Ehemann der Rechtsanwältin befreundet ist, bekommt diese einen Anruf:

Ich habe Dich soeben in einem besonders schweren Fall des Diebstahls zum Pflichtverteidiger bestellt. Dein Mandant ist jetzt auf dem Weg in die Untersuchungshaftanstalt.

Die Rechtsanwältin ist aktive Gewerberechtlerin; nebenher hat sie auch sehr gute Mandanten aus Vermieterkreisen, die sie berät. Deswegen ruft sie bei einem Strafverteidiger an und fragt, was denn nun zu tun sei:

Wie komme sie denn in die Haftanstalt? Was sei denn, wenn der Mandant gar kein Deutsch spreche? Wann fände denn jetzt die Gerichtsverhandlung statt? Und wenn sie dann verhindert sei? …

Die Auswahl des Verteidigers, der einem Beschuldigten bestellt wird, liegt im freien Ermessen des Richters. Richterlicher Unabhängigkeit, die keiner Weisung unterliegen darf. Und wenn diese Unabhängigkeit dazu genutzt wird, um das Privatleben angenehmer zu gestalten, kann man dem Richter nicht in die Suppe spucken.

Die richterliche Unabhängigkeit soll den Beschuldigten schützen; so jedenfalls lautet der Ansatz. In diesem Fall sieht es danach eher nicht aus.

Der um Rat gebetene Verteidiger hat seiner Kollegin dann geraten, sofort einen Haftprüfungsantrag zu stellen, Beiordnung eines Dolmetschers und Akteneinsicht zu beantragen, dann Kontakt mit der Staatsanwaltschaft aufzunehmen und den Mandanten in der Haftanstalt zu besuchen … und vielleicht zu überlegen, ob das Mandat nicht besser bei jemandem aufgehoben ist, der sich mit Gewerbe- und Mietrecht nicht auskennt.

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Steuerrecht – wie es leibt und lebt

Ein Kollege berichtet über ein steuerrechtliches Problem, das er im Zusammenhang mit einer Schachtel Pralinen bekommen hat.

Er hat ein paar Nettigkeiten mit einem Schweizer ausgetauscht. Höflich, wie unsere Nachbarn aus der Oase nun einmal sind, bedankt sich der EU-Ausländer für die informelle Beratung und schickt dem Kollegen ein Packeli hochwertige Süßigkeiten.

Der Zoll schätzt den Wert der Leckereien auf knapp 70 Euro und fordert von dem Kollegen runde 10 Euro Einfuhrumsatzsteuer.

Ich kann mir gut vorstellen, daß das rechtlich alles seine (gesetzliche) Ordnung haben wird; diesen Steuerrechtlern traue ich ja mittlerweile alles zu, nur nichts Gutes.

Aber unappetitlich (um nicht ein schlimmeres Wort zu nutzen) ist sowas allemal. Was denkt ein verbeamteter Zöllner eigentlich, wenn er so einen Steuerbescheid rausschickt? Denkt der überhaupt? Oder ist sowas rein reflexgesteuert, weil man für diese Arbeit eigentlich sein Gehirn abschalten muß?

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Die Super Bar in der Kanzlei

Mal wieder etwas Neues für die wichtigste Maschine unserer Kanzlei:

SuperBar01

Damit unseren Mitarbeiterinnen die kunstvolle Fertigstellung der Verteidigungsschriften locker von der Hand geht. 8-)

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Staatsanwaltserschreckung als Sondernutzung

Es war knapp. Parkplätze dienen dem öffentlichen Straßenverkehr. Wenn man sie zu lange belegt, parkt man nicht mehr, sondern nutzt sie. Zu anderen, also besonderen Zwecken; zum Beispiel, um Staatsanwälte zu erschrecken, wenn sie auf dem Weg zum Gericht sind. Und dafür braucht man eine Erlaubnis.

Also, um es kurz zu machen: Wenn eine Wanne wochenlang an einer Stelle herumsteht, um Staatsanwälte zu erschrecken, ist das eine erlaubnispflichtige Sondernutzung.

Goldelsenwanne

Deswegen schnell hier noch ein Abschiedsbild von der Else, nachdem die Wanne dort seit gut zwei Wochen ihrer Bestimmung nachgegangenstanden ist. Bevor die geballte Ordnungsmacht antanzt, um die nicht erlaubte Staatsanwaltserschreckung zu unterbinden.

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Die Inaugenscheinnnahme durch einen Polizeibeamten

Es gab ein Problem im Straßenverkehr. Irgendwas im Zusammenhang mit einem Überholmanöver.

Die beiden Verkehrsteilnehmer haben sich nebeneinander stehend an der nächsten Ampel getroffen und der Mercedesfahrer Gottfried Gluffke hat aus dem offenen Seitenfenster heraus dem Moppedfahrer Wilhelm Brause ein Jagdmesser „vorgeführt“. Spontan hat Brause dem Gluffke eins auf’s Ohr gegeben.

Der Polizeibeamte schreibt nun in die Ermittlungsakte:

Das in Augenschein genommene linke Ohr des Geschädigten wies minimale Rötungen auf. Diesbezüglich werde der Geschädigte selbstständig und unaufgefordert ein Attest nachreichen.

Sätze, die das Leben ein Polizeibeamter schreibt.

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