Monatsarchive: Juni 2013

Die Weltreise der besorgten Verwandtschaft

Kommen-Bleiben-GehenEs war nicht ganz einfach, einen Termin zu finden, zu dem der Vater und der Bruder meines inhaftierten Mandanten auf einen Caffè in unsere Kanzlei kommen wollten. Das enge Zeitfenster war schließlich gefunden, gestern Abend um 17:30 Uhr wollten die beiden kommen. Es ging nur um Informationen über den Verfahrensstand und die weiteren Aussichten.

Um 17:35 Uhr rief der Bruder an und teilte ein paar Minuten Verspätung mit. Um 18:10 Uhr hat ihn unsere Mitarbeiterin zurück gerufen und mitgeteilt, daß ich um 18:30 Uhr zu einem auswärtigen Termin die Kanzlei verlassen müsse, und gefragt, ob nicht besser ein neuer Termin vereinbart werden soll. Nein, daß sei nicht nötig, man sei gleich in Kreuzberg.

Um 18:35 Uhr klingelte es und vor der Tür standen vier Erwachsene und zwei Kinder, die sich Sorgen machten um Ihren Sohn, Bruder, Neffen und Vater: Es sei doch wohl eine Unverschämtheit, daß der Anwalt nicht da sei, sie seien schließlich extra aus Tempelhof nach Kreuzberg gefahren.

Bei Caffè, Tee, kalten Getränken und – für die Kids – Keksen haben sie sich dann von unserer Mitarbeiterin informieren lassen. Um kurz nach 20 Uhr sind sie dann beruhigt und zufrieden wieder zurück nach Tempelhof abgereist.

Bild: Pilger

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Nicht fleischlich

Ich muß schon sagen, Phantasy haben sie keine.

Aber es juckt mir dann doch mal in den Fingern, den armen Waisen zu antworten, um zu erfahren, wie sich die Sache dann weiter entwickelt. Na, vielleicht beim nächsten Mal.

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Erstmal Strafanzeige, dann sehen wir weiter …

Es ging angeblich um eine geplatzte Lastschrift. In einer Apotheke hatte jemand irgendwelche Verhütungsmittel gekauft und mit einer EC-Karte bezahlt. Die Apotheke hat eine so genannte Zahlungsausfallversicherung abgeschlossen, die dem Versicherten …

… trotz missbräuchlich benutzter oder nicht gedeckter EC-Karten sein Geld …

… zahlt. So jedenfalls lautet die Einleitung einer Strafanzeige.

Der Versuch der Apotheke, den Kaufpreis vom angegebenen Konto einzuziehen, scheiterte wegen mangelnder Kontendeckung. Die Apotheke nahm den Versicherer in Anspruch, der dem Apother „sein Geld“ zahlte.

Dann folgte ein netter Brief des Versicherers an die nächstgelegene Polizeidienststelle, der den Grund seiner Anzeige mit diesen Worten substantiierte:

Wir stellen vorsorglich Strafantrag wegen aller in Betracht kommenden Tatbestände. Bedauerlicherweise sind wir nicht im Besitz von Unterlagen, die zur Aufklärung des Vorfalles beitragen könnten. Wir haben auch keine unmittelbare Kenntnis über den Hergang.

Die Informationen kann sich die Staatsanwaltschaft ja gefälligst selbst besorgen; erstmal raus mit der Strafanzeige, dann haben die Versicherungsfritzen das Zeug vom Tisch. Und wenn die Ermittler dann was herausgefunden haben, werden sie sicherlich dem Versicherer „sein Geld“ hinterher tragen.

Ich bin auf die Nasen gespannt, die irgendwann von dem Versicherer als Zeugen in die Beweisaufnahme geschickt werden.

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Wider das Vergessen

Mit fortschreitendem Alter wird man zunehmend vergeßlich. Und damit mir nichts durchrutscht, schreibe ich es auf. Als vielbeschäftigter Strafverteidiger ist das auf die Dauer natürlich eine Menge Zeug, was sich im Laufe eines Tages so ansammelt. Damit für die täglichen Notizen ausreichend Platz vorhanden ist, gibt es nun entsprechenden Speicherplatz in unserem Netzwerk:

QNap

Und wenn dann mal eine etwas längere Verteidigungsschrift ansteht – auch dafür reicht’s dann noch. Bei fünf mal 1.863,02 GB dürfte noch genug Platz für andere Spielereien sein.

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Lügt der Polizeipräsident?

Der Mandant übermittelt uns den Anhörungsbogen, nachdem er ihn ausführlich kommentiert hat.

Lüge

Dann schauen wir uns mal an, was sich der Polizeipräsident da zusammen gelogen hat. ;-)

Allerdings hat der Mandant bereits eine vorgefestigte Ansicht vom Herrn Polizeipräsidenten:

Spießer

Ob das allerdings einem klassischen Beweis zugänglich ist, werden wir noch einmal gewissenhaft überprüfen. Und dann zur gegebenen Zeit einen entsprechenden Beweisantrag stellen.

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Geschlossene Gesellschaft

Das Anwaltszimmer im Kriminalgericht Moabit hat seine eigene Atmosphäre. Es geht das Gerücht, die Ursache könne irgendwie mit dem Charakter der Strafverteidiger zu tun haben. Ohrringe bei Männern, Tätowierungen bei Frauen, Kostümträgerinnern und dreiteilige Seidenanzüge an schliptstragenden Männern … dieser Zirkel ist bunt. Genauso bunt wie die Mandantschaft.

Als Berufsanfänger vor vielen Jahren war ich bestrebt, diesem illustren Kreise anzugehören. Erste gemeinsame Verteidigungen mit erfahrenen Kollegen, das wiederholte Sehen und Gesehenwerden (vulgo: Schaulaufen) mit dicken roten Akten, atmosphärische Erzählungen davon, wie man den Polzeizeugen geknackt hat … und vieles mehr war für den Integrationsprozeß hilfreich.

Äußeres Zeichen der Zugehörigkeit war seinerzeit der Besitz eines Schließfachs im Nebenraum des Anwaltszimmers. Die Fächer waren knapp und ich mußte darauf warten, bis ich die Auszeichnung „Strafverteidiger mit Schließfach“ bekam. Erst mit der Schlüsselübergabe fühlte ich mich als vollwertiges Mitglied dieser verschworenen Gemeinschaft.

Schließfach

Seitdem sind lange Jahre vergangen, in dem ich meine Akten, meine Helme und Hüte in Schließfach Nummer 109 abgelegt habe, wenn ich sie (zwischendurch mal) nicht brauchte.

Im vergangenen Monat ist diese Aera nun zu Ende gegangen. Ich habe den Mietvertrag gekündigt und den Schlüssel an Frau Jacobs zurück gegeben. Die monatliche Miete spare ich für den Fall an, daß mir vielleicht irgendwann einmal der Hut geklaut werden sollte, der nun unverschlossen dem Zugriff Dritter preisgegeben in der Garderobe herumliegt.

Ich hoffe auf die Loyalität der Berliner Strafverteidiger, die mich hoffentlich deswegen nicht zwangsexmatrikulieren.

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Armer Strafverteidiger

Mit dem Mandanten hatte ich vereinbart, daß nach getaner Arbeit das vereinbarte Honorar fließen soll. Ich hatte die Hoffnung, daß diesmal nichts schief geht und auf den sonst üblichen Vorschuß verzichtet. Schließlich hat der Mandant einen ehrenwerten Beruf.

Irgendwas scheint aber abgestürzt zu sein. Deswegen habe ich dem Mandanten eine kleine Nachricht zukommen lassen:

Sehr geehrter Herr Wilhelm Brause.

Hier ist ein Schreiben der Staatsanwaltschaft eingegangen, das ich Ihnen gern übermitteln möchte. Leider fehlen mir die finanziellen Mittel für den Kauf einer Briefmarke.

Sobald die seit März offene Schlußrechnung ausgeglichen ist, werde ich zum Postamt gehen.

Bitte lassen Sie nicht allzu viel Zeit verstreichen, da in dem Brief der Staatsanwaltschaft irgendwas vom 15.06.2013 steht, was ich nicht so genau lesen kann. Ich wollte mir schon vor längerer Zeit mal ne neue Brille kaufen, aber auch dafür fehlen mir die Mittel.

Dank und Gruß aus Kreuzberg von
Carsten R. Hoenig
– Rechtsanwalt –

Vielleicht hat der Mandant ja Erbarmen mit seinem verarmten Strafverteidiger.

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Hals- und Beinbruch?

Bei den Trainings auf Rennstrecken wünschte der Veranstalter den teilnehmenden Moppedfahrern stets:

Und immer schön sitzen bleiben!

In den überwiegenden Fällen hat dieser Wunsch auch geholfen; nur wenn es sich nicht vermeiden ließ, war manchmal z.B. eine neue Felge vonnöten.

Deswegen haben ich mich über diesen Aufkleber doch sehr gewundert:

sitzenbleiben-2

Aber der klebte ja auch nicht auf einer abgesperrten Rennstrecke. ;-)

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Wir haben doch bezahlt!

Die Versicherung, die uns mit einem verspäteten Aprilscherz erfreute, sorgt sogar im Juni noch für Erheiterung. Nachdem ich die Klage auf die Reise in die Littenstraße geschickt hatte, meldete sich unser Mandant. Hoch erfreut berichtete er, dass der noch fehlende Betrag auf seinem Konto gutgeschrieben worden war. Da freuten wir uns natürlich mit und ich berichtete auch dem Amtsgericht Mitte von diesem freudigen Ereignis.

In einem solchen Fall muss man nämlich die Klage entweder zurücknehmen oder aber den Rechtsstreit für erledigt erklären, je nachdem, ob die Klage der Gegenseite schon zugestellt wurde oder nicht. Außerdem muss das Amtsgericht noch darüber entscheiden, wer die Kosten zu tragen hat. Steht alles in der Zivilprozessordnung.

Da die Klage tatsächlich bei der Versicherung noch nicht zugestellt worden war, nahm ich die Klage über den Zahlbetrag zurück und stellte, da noch ein paar Euro an Zinsen fehlten und auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten nicht bezahlt waren, den Klageantrag um. Keine große Sache. Die Versicherung rechnet einfach nach und zahlt. Rechtsstreit insgesamt erledigt. Nicht so diese Versicherung.

Erst kam ein Brief. Wir sollen die Klage nach Zahlung doch bitte zurück nehmen. Ja lesen die denn ihre Post nicht? Habe ich gemacht, fehlt aber noch was. Dann rief eine Schadensachbearbeiterin an, ich solle umgehend zurück rufen. Man soll ja gleiches nicht mit gleichem vergelten. Dass ist eine ganz schlechte Charaktereigenschaft, ich weiß. Aber da man mich auf meine Bitten hin vorher auch nie zurück gerufen hat, war ich nicht in Stimmung. Dann bekam das Gericht auch einen Brief, man habe doch gezahlt und die Klage sei von diesem unkommunikativen Anwalt endlich zurück zu nehmen.

Die zuständige Richterin hat nun ihrerseits darauf hingewiesen, dass da noch ein paar Euro offen sind und dieser Brief der Versicherung nicht unterzeichnet war. Letzteres ist etwas misslich, weil die Zivilprozessordnung vorsieht, dass man ausdrücklich erklären muss, wenn man sich gegen eine Klage verteidigen will und das auch noch innerhalb einer ziemlich kurzen Frist. Verpasst man dies, kann das Gericht auf Antrag ein Versäumnisurteil erlassen. Und genau ein solches habe ich beantragt.

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Sehr geehrte Frau Anne Losensky

Sie schreiben am 6. Juni 2013 in der BZ, daß der „Prozess um den Tod von Jonny K. (20) mit zwei neuen Schöffen von vorn“ beginnt. Und berichten, daß am vergangenen Montag „der Prozess geplatzt“ sei. Als als Grund dafür geben Sie an:

… die „Besorgnis der Befangenheit“ eines der alten Schöffen.

Das ist so nicht richtig, zumindest nicht vollständig.

Es waren die BZ und das Schandmaul Ihr Kollege Schreibfink Thore Schröder, die hier die Ursache für die Notwendigkeit gesetzt haben, das Verfahren auf Null zu setzen. Das wissen Sie.

Deswegen ist es schäbig und scheinheilig – von Ihnen und Ihresgleichen -, nun die durch diese Art der Berichterstattung mittelbaren, aber vorhersehbaren Belastungen der Hinterbliebenen in Ihrem neuerlichen Artikel zu verwursten.

Um Ihren Duktus aufzugreifen: Widerlich, was Sie da veranstalten! Sie sollten sich schämen, Frau Losensky!

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