Monatsarchive: September 2013

Der Strafverteidiger empfiehlt – 52

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S&K – Schlägt nun die Stunde der geprellten Anleger?

Am 10.09.2013 veröffentlichte die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main im Bundesanzeiger eine illustre Liste (PDF, 46 Seiten) der in dem Verfahren gegen die schrillen Immobilienbetrüger vorläufig sichergestellten Vermögenswerte.

Bundesanzeiger

Geprellte Anleger der S&K Unternehmensgruppe können nun hoffen, doch noch zumindest einen kleinen Teil der in sicherem Betongold geglaubten Investitionen zurück zu erhalten. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, haben die Anwälte der Geschädigten eine gute Ausgangsposition, um die Verwertung der Überreste des großspurigen Auftretens der Märchenonkel in Angriff zu nehmen.

Vielleicht ruft die Meldung auch noch einige Anleger auf den Plan, die ihr Geld bislang als Totalverlust abgeschrieben hatten. In diesem Zusammenhang beauftragte „Inkassoprofis“ und zumeist rein zivilrechtlich tätige Anlegeranwälte sollten spätestens jetzt auch mal einen Blick in die StPO werfen und prüfen, ob man sich dem Verfahren als Adhäsionskläger anschließt oder zu diesem Zweck besser einen strafrechtlich versierten Kollegen hinzuziehen sollte.

Für Anleger, die durch die Tat von besonders schweren Folgen (z.B. wirtschaftlichen Existenzbedrohung) betroffen sind, besteht grundsätzlich sogar die Möglichkeit, als Nebenkläger zugelassen zu werden, um dann sogar Einfluss auf die Beweisaufnahme nehmen zu können.

Auf den Spuren von Hochstaplergrößen wie Jürgen Harksen, Jürgen Schneider, Gebrüder Schmider etc. wurde mit grellem Prunk und übertriebenem Luxus geblendet. Die Masche mit der Mischung aus dem zur Schau gestelltem Erfolg einerseits und vermeintlicher Seriosität durch aufgeblähte vom „TÜV zertifizierte Wertgutachten“ sowie schicken Immobilienfotos in durchgestylten Hochglanzprospekten andererseits funktionierte offenbar prächtig und lockte unbedarfte Anleger zur Finanzierung des Schneeballsystems an. Ein paar Einzelheiten sieht man hier im Spiegel-TV:

Die protzige Fassade verdeckte die Widersprüche und vermied kritische Nachprüfungen. Vollmundige Renditeversprechen zerstreuten die Zweifel nach dem Prinzip „Gier frisst Hirn„. Das vorläufige Ergebnis ist die nicht abschließende Liste der eingefrorenen Vermögenswerte.

Die Vorteile für geschädigte Anleger, ihre Ansprüche in einem strafrechtlichen Adhäsionsverfahren geltend zu machen, liegen auf der Hand. Wie das am besten funktioniert, kann auf unserer Website hier und hier noch einmal nachlesen.

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Witzige Bewachung durch den Hilfspolizisten

Arbeitsrecht gehört nun nicht gerade zum Kernangebot unserer Kanzlei. Eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg (27 Ca 207/13) hat es trotzdem verdient, hier vorgestellt zu werden.

Es gibt da einen humorvollen Polizisten, dessen Arbeitsplatz in einem Container liegt. Böse Zungen sprechen von einer „Wachtel“. Denn er soll als Angestellter im Polizeidienst aufpassen, daß der Schule der Jüdischen Gemeinde in Rotherbaum nichts passiert. Das ist nun nicht gerade ein abwechslungsreicher Job: Tagein, tagaus die Vögelchen zu zählen, die ihre Runden über das Schulgelände ziehen. Da kommt man schon mal auf andere Gedanken.

Um – natürlich nur in den Pausen – für Ablenkung zu sorgen, hat der Wachtmeister ein Spielzeug in den Container mitgebracht. Einen Totenkopf. Damit der Schädel nicht friert, hat er ihm seine Mütze aufgesetzt. Das Arrangement wird – mit der jüdischen Schule im Hintergrund – abgelichtet und den „Freunden“ bei Facebook zur Verfügung gestellt.

Die Freie und Hansestadt Hamburg nahm dies zum Anlaß, den Wachmann vor die Tür zu setzen. Zu Unrecht, wie die Witzbolde beim Arbeitsgericht nun meinten. Die Richter folgten der Argumentation des Polizeidienstlers: Der Totenkopf mit Polizeimütze vor einer Jüdischer Schule stehe in überhaupt keinem Bezug zu den SS-Totenkopfverbänden. Es sei nur ein Scherz-Foto gewesen.

Nach Auffassung des Arbeitsgerichts hat die Polizei nicht dargelegt und nachgewiesen, dass Herr W. das Foto aufgrund einer rechtsradikalen Gesinnung aufgenommen und in das Internet gestellt hat. Maßgeblich sei, dass der fotografierte Totenschädel nicht zwangsläufig Ausdruck einer rechtsradikalen Gesinnung ist, sondern dass der Totenschädel vielfach auch in anderen Zusammenhängen, etwa bei einem Fußballverein, als Symbol verwendet werde. Auch sei nicht ersichtlich, dass es einen Zusammenhang mit dem Totenschädel und der nur im Hintergrund zu sehenden Schule gäbe, die auf dem Foto nur Ortskundige erkennen könnten.

heißt es in einer Pressemitteilung des Arbeitsgerichts (via Juris)

Ja, klar. Und Käse ist ein witziges Gemüse.

Hinweis auf diese Entscheidung gefunden bei der Kanzlei Dr. Bahr, auch kein Arbeitsrechtler.

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Der Vorstand der ARAG lässt mitteilen,

dass unsere u.a. wegen diesem Blödsinn erhobene Beschwerde geprüft wurde, eine unkorrekte Bearbeitung aber auch nur in diesem einen Fall festgestellt werden konnte.

Natürlich erstrecke sich die Deckungszusage auch auf die Verteidigung gegen den Bußgeldvorwurf an sich. Die zuständige Mitarbeiterin, also Frau Assessorin D., sei irrtümlich davon ausgegangen, dass unsere Deckungsanfrage sich nur auf die Akteneinsicht bezog.

Zm besseren Verständnis. Wenn wir die Verteidigung gegen einen Bußgeldvorwurf übernehmen, teilen wir das der Polizei mit einem kurzen netten, stets gleichlautenden Anschreiben mit. Selbstverständlich beantragen wir mit dem Schreiben auch, dass uns die Akte übersandt wird und kündigen gegebenenfalls eine spätere Stellungnahme zum Vorwurf an.

Die Polizei versteht unsere Schreiben. Da arbeiten ja auch Profis. Man wird als Verteidiger notiert und bekommt die Bußgeldakte. Noch nie ist jemand bei der Polizei auf die Idee gekommen, dass wir nach der Akteneinsicht nicht mehr weiter mitspielen wollen. Nur Frau Assessorin D. von der ARAG denkt das.

Es gibt ein Sprichwort. „Dümmer als die Polizei erlaubt!“ Wer hier einen Zusammenhang findet, darf ihn für sich behalten.

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Zimmerservice beim LG Aachen

Ich dachte bisher, die Suche nach den Gerichtssälen und Zimmern im Kriminalgericht Moabit sei kompliziert. Bis ich in der vergangenen Woche das Justizzentrum in Aachen besucht habe.

Dort gibt es vier Häuser (A bis D) und vier Etagen (Erdgeschoß bis 3). Und eine Anordnung der Räume, die sich einem Nichtmathematiker (Avocatus non calculat.) auch auf den dritten Blick nicht erschließt.

Aber dort sitzen auch findige Mitarbeiterinnen in der Information, die wissen, daß die Besucher, insbesondere engagierte (und deswegen vergeßliche) Strafverteidiger, sich lange Zahlenreihen nicht merken können.

Auf meine Frage, ob und gegebenenfalls wo ich mir denn einen Robe ausleihen könne, bekam ich zunächst die Antwort:

Im Haus D, 1. Obergeschoß, Zimmer 1.319

Meinen verzweifelten Blick erkennend griff die Mitarbeiterin flugs zum Filzstift und notierte mir die endlos erscheinende Ziffernfolge auf einem sorgsam ausgeschnittenen Zettelchen:

Zimmerservice-2

Ich habe mich dann auch sofort getraut, nach der Geschäftsstelle der 1. Großen Wirtschaftsstrafkammer zu fragen. Schwups, da hatte ich auch schon das zweite Zettelchen in der Hand.

Zimmerservice

Nach ein paar Fragen auf dem Weg zu den beiden Zielen an drei oder vier Wachtmeister, die ich auf meiner Suche dann getroffen hatte, habe ich den Sitzungssaal A 1.019 auch ohne Zettelchen gefunden: Sofort hinter der Rezeption rechts …

Das nenne ich doch mal einen guten Service. Vielen Dank aus Kreuzberg nach Aachen!

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HipHop Kafka – Der gerappte Process

Kafka_Der_Prozess_1925Als ich vor gefühlten 100 Jahren Kafkas Roman „Der Process“ lesen mußte, hätte mir der Autor (und mein Deutschlehrer) nicht im Dunkeln begegnen dürfen. Es war eine fürchterliche Quälerei, diesen Text zu lesen – und zu verstehen.

Ich habe den Roman dann viel später, nach meinem Jura-Examen, noch einmal durchgearbeitet (!) und entdecke heute, bei meiner Tätigkeit als Strafverteidiger, immer wieder aktuelle Parallelen zu dem Verfahren, mit dem man Josef K. überzogen hatte.

Diesen Text habe ich in verschiedenen Varianten immer mal wieder von meinen Mandanten gehört:

Ich wache auf und werd von Wächtern ohne Grund verhaftet
Sie selbst wissen nicht, warum, ich kann es nicht verkraften
Sag, wer sind die Leute und wer hat sie geschickt,
denn ohne dass ich was getan hätte, ham sie mich erwischt.

Damals, in den siebziger Jahren, in der Unterprima, war ich gezwungen worden, eine schriftliche – ungereimte – Inhaltsangabe abzuliefern, die mich und den Herrn Oberstudienrat nicht wirklich überzeugt hat.

Ich glaube das hier, was Tobias Stoll aus der gleichen Aufgabe gemacht hat, die man mir seinerzeit gestellt hatte, hätte mir auch damals schon wesentlich besser gefallen:

Applaus, Applaus!


Gefunden auf SPON
Bild: Verlagseinband 1925 via Wikipedia
Danke an HU für den Hinweis.

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Mal sehen, wer nachher noch fahren kann

Zwei Studenten fuhren zu einer Erstsemesterfete. Nicht zum wissenschaftlichen Erfahrungsaustausch, sondern mit dem Ziel, kräftig zu feiern und viel Alkohol zu trinken. Der eine hatte ein Auto und kaufte das Bier, der andere trank fleißig mit und feierte noch weiter, als der mit dem Auto schon längst in dem selbigen schlief. Einen Plan wann und vor allem wie man wieder nach Hause kommt, gab es nicht.

Irgendwann als der Morgen graute, verging dem übrig gebliebene Partygast die Feierlaune. Er weckte den im Auto schlafenden und fragte, ob man jetzt nicht mal langsam nach Hause fahren wolle. Schlaftrunken übergab der die Autoschlüssel, schnallte sich an und los ging die wilde Fahrt. Bis zur Kurve einer Autobahnauffahrt, wo der Fahrer das Auto zu Schrott fuhr.

Der mit dem Auto hatte auch eine Vollkaskoversicherung, die sollte nun den Wiederbeschaffungswert und die Bergungskosten zahlen. Die Versicherung lehnte das ab. Wer Besoffene fahren lässt, kann ja wohl nicht verlangen, dass die Versicherung dann die Zeche zahlt. Das Landgericht Bonn sah das ein wenig anders, vernahm den Fahrer als Zeugen und sprach dem mit dem Auto zumindest 25 Prozent des Schadens zu.

Der Versicherungsfall sei zwar grob fahrlässig herbeigeführt worden, da mit gegenseitiger Kenntnis viel Alkohol getrunken wurde und man einem erkennbar erheblich Betrunkenen eben nicht die Schlüssel zu seinem Pkw übergeben sollte. Unter Anwendung des zum Schadenszeitpunkt bereits geltenden neuen Versicherungsvertragsgesetzes müsse man aber eine dem Grad des Verschuldens entsprechende Quote bilden. Gegen eine komplette Leistungskürzung sprach nach Auffassung des Gerichts, dass nicht der Versicherte selbst im alkoholisierten Zustand den Wagen gefahren hat, sondern sein mindestens ebenso betrunkener Bekannter.

Hätte zum Unfallzeitpunkt das alte Versicherungsvertragsgesetz Anwendung gefunden, wäre der mit dem Auto leer ausgegangen. Es galt das „Alles oder Nichts“ Prinzip. Das hat der Gesetzgeber bei der Neufassung des Versicherungsvertragsgesetzes abgeschafft. Jetzt kommt es darauf an, welches Maß an Verschulden einem Versicherungsnehmer angelastet werden kann.

Nachlesen kann man das Urteil des Landgericht Bonn vom 31.07.2009, Az: 10 O 115/09 hier.

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Kein Multitasking beim Richter

Die mit Abstand schwierigsten Mandanten eines Rechtsanwalts sind – nein, nicht Lehrer, sondern – Juristen. Aber auch innerhalb dieser Kategorie läßt sich differenzieren. Spitzenreiter sind hier – na? – Richter.

Beleg gefällig? Bitteschön:

Er wolle keine Extrawurst, ihm sei auch nicht langweilig und er sei schon gar kein Querulant, verteidigte ein Amtsrichter aus dem Breisgau … seinen Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid.

Hmm. Der Küchenpsychologe zieht bei so einer Verteidigungsstrategie sofort eindeutige Schlüsse. Das aber erstmal beiseite; was ist denn nun passiert?

Es geht um eine Geschwindigkeitsüberschreitung von netto 7 km/h, die der Richter – aus eigener Tasche! – mit 25 Euro büßen soll. Das geht ja nun gar nicht. Vor allem deswegen, weil die Straßenverkehrsordnung den vollen Juristen massiv überfordert.

In einer Tempo-30-Zone müsse er stets mit Kleinkindern und Omas mit Rollatoren rechnen. Deswegen sei er verpflichtet, permanent auf die Straße zu schauen. Wenn er aber den Rentner- und Kinder-Verkehr beobachtet, könne er nun mal nicht den Tacho im Blick behalten.

Ja, er halte es schlechterdings für gefährlich, das kleine rote Tacho-Strichlein wie eine Schlange zu fixieren. Genau so passierten nämlich Unfälle.

berichtete die Badische Zeitung.

Das Verfahren wurde ausgesetzt, damit – zum Beweis der Tatsache, daß Richter nicht multitaskingfähig sind – ein Physiker feststellen kann, daß die StVO für Richter nicht anwendbar ist, wenn sie mit dem Auto an Altersheimen und Kindergärten vorbeifahren.

Danke an Tobias Andrae für den Hinweis.

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Seltsame kollegiale Werbung

Der Versicherer des Unfallgegners wollte den Schaden unseres Mandanten nicht regulieren. Wir haben daher geklagt. Und zwar erfolgreich.

Der Kollege, der den Versicherer vertreten hat, gehört einer großen und bekannten Berliner Kanzlei an, die sich auf die Regulierung von Verkehrsunfällen spezialisiert hat und auch stets gute Arbeit leistet. Nur mit dem Kanzlei-Marketing scheinen es die Strategen nicht so zu haben.

Sie reagieren nach Abschluß des gerichtlichen Verfahrens mit einer eMail auf unsere Mahnung:

Sehr geehrte Kollegen,

in vorbezeichneter Angelegenheit nehmen wir Bezug auf Ihr Schreiben vom 06.09.2013 und haben dieses umgehend an unsere Mandantschaft weitergeleitet. Wir gehen davon aus, dass nunmehr umgehend Zahlung erfolgen wird.

Von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bitten wir zunächst abzusehen und bitten Sie, uns zu informieren, sollte bis zum 13.09.2013 wiederum kein Geldeingang festgestellt werden können.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen
gez.
Rechtsanwalt

Wenn wir Sie künftig monatlich über für Sie Wissenswertes aus dem Verkehrs- und Arbeitsrecht informieren dürfen, können Sie auf unserer Homepage unser

Rechtsjournal bestellen.

Einen Vorgeschmack bekommen Sie auf unseren Seiten www.facebook.com/***oder www.***.com.

Es geht ja völlig in Ordnung, wenn eine Kanzlei auch mit eMails Werbung macht. Aber im Zusammenhang mit der Bearbeitung eines Mandats eine solche Werbung an die Gegenseite zu richten, mutet schon ein wenig seltsam an. Vor allem auch deswegen, weil man in diesem Fall unterlegen war.

Ich hoffe für die Kollegen, daß das nur ein einmaliger Ausrutscher war.

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TrackBack per NSA

Dem US-Geheimdienst NSA sei es möglich, mit den Nutzern von iPhones, Android-Smartphones und BlackBerry-Geräten auch dann zu kommunizieren, wenn sie diese Geräte gerade mal nicht nutzen. So berichtete es gestern heise online unter Berufung auf einen Artikel im Spiegel.

Danach seien die geheimen Diensthabenden imstande, nahezu alle Inhalte, die sich auf den ständigen Begleitern befinden, auszulesen, und zwar nicht nur die Standards wie Kontaktlisten, Notizen und SMS-Verkehr, sondern beispielsweise auch die Aufenthaltsorte des Handy-Besitzers.

Na prima, wenn ich mich das nächste Mal im Wald verfahre, rufe ich einfach in Washington an, und die sagen mir dann, wie ich wieder nach Hause komme. Wenn es dem NSA dann noch gelänge, rechtzeitig vor meinem Eintreffen die Caffè-Maschine einzuschalten, wäre es perfekt.

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