Alles nur ausgedacht?

notguiltyImmer wieder gern schaue ich mir die kurzen Berichte über Strafprozesse beim Kollegen Dr. Böttner aus Hamburg an. Anders als (wie?) hier berichtet der Hanseat eher sachlich, gleichwohl nicht weniger informativ.

Aufmerksam geworden bin ich kurz vor Weihnachten bei einem Bericht über eine „ausgedachte Vergewaltigung„, und im Anschluß an die Lektüre auf die Fußzeile darunter („Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch… „), in der Herr Dr. Böttner an ähnliche Fälle anknüpfte:

Ich habe an dieser Stelle aufgehört, nach weiteren Freisprüchen in dem Archiv des Kollegen zu suchen; er hat noch über weitere berichtet. Vielleicht ist es nur ein Zufall, daß sich in all diesen Verfahren die Vorwürfe nicht bestätigt haben und der Hamburger Strafverteidiger sich genau diese Fälle herausgepickt hat.

Es könnte aber auch sein, daß viel zu oft der Vorwurf der Vergewaltigung erhoben wird, um damit andere Interessen zu verfolgen. Die Verfahren gegen die beiden Promis in jüngerer Vergangenheit hat eben dies wohl eher bestätigt.

Ich weiß es nicht, aber es scheint keine absurde Idee von Strafverteidigern zu sein, einer Anklageschrift mit viel Engagement entgegen zu treten, wenn der Vorwurf maßgeblich auf der Aussage der (angeblich) Geschädigten beruht und ein mögliches Motiv für eine Falschbelastung nicht völlig neben der Sache liegt.

Es ist und bleibt ein ganz schwieriges Terrain, auf dem sich die Strafjuristen – Richter, Staatsanwälte und Verteidiger – dort bewegen.

Dieser Beitrag wurde unter Justiz, Strafverteidiger veröffentlicht.

11 Antworten auf Alles nur ausgedacht?

  1. 1
    Kollege Familienrecht says:

    Ich erlebe immer wieder, dass Frauen, die sich ihrer Männer „entledigen“ wollen, zur Waffe der häuslichen Gewalt greifen. In unserer Ecke (Hessen) kommt es dann zu einer Wegverfügung des Mannes und die Frau bleibt wieter im Haus, ohne die Behauptete Gewalt wenigstens zu plausibilisieren. So hatte letzt eine Frau der Polizei den Haarbüschel gezeigt, den der Mann ihr ausgerissen haben soll. Mag sich jeder sein eigenes Bild zu machen.
    Der Mann hatte auch noch einen Schultergipsarm und durfte dann im Hotel nächtigen.
    Übrigens auch immer wieder gerne von aussereuropäischen Frauen just nach 3 Jahren Ehezeit behauptet…

  2. 2
    tapir says:

    Das Terrain ist und bleibt schwierig. Soweit, so richtig. Auch ich möchte niemals Opfer einer Falschaussage und -verdächtigung werden. Inwiefern aber zwei Promiverfahren Gesetzmäßigkeiten in die eine oder andere Richtung aufdecken oder bestätigen können, erschließt sich mir nicht. Die Frage, ob ein interessensgesteuerter Hamburger Stafverteidiger durch mehrere Blogverlinkungen nun die Liste der führenden Kriminologen anführen soll, würde ich mit Nein beantworten. Der erste Kommentar unter ihrem Beitrag bestätigt die Gefahr einer unsachgemäßen Behandlung des Themas.

  3. 3
    alfred says:

    Weil Sie so fragen: ’s is doch ganz einfach: genauso _wie_, anders _als_, Heißt man Klinsmann, darf man auch anders/genauso _ als wie_ sagen.
    Ein frohes neues Jahr, Gesundheit und Erfolg. Und danke für die kritischen Beiträge.

  4. 4
    Heinz says:

    „Es könnte aber auch sein, daß viel zu oft der Vorwurf der Vergewaltigung erhoben wird, um damit andere Interessen zu verfolgen.“

    Das ist sogar so – gibt genug Fälle in den der Vorwurf erwiesenermaßen erfunden wurde – viele wurden trotzdem verurteilt.

    „wenn der Vorwurf maßgeblich auf der Aussage der (angeblich) Geschädigten beruht“

    gerade deshalb ist die Verleumdung in dem Bereich ja so beliebt, weil die Aussage des angeblichen Opfers vielen Richtern schon für eine Verurteilung reicht, oder zumindest für ein Jahr U-Haft.

    Und selbst wenn die Unschuld nachgewiesen werden kann werden die angeblichen Opfer grundsätzlich nicht bestraft.
    In diesem Zusammenhang besonders heftig ist der Fall des Rektors, der nach 5 Jahren Gefängnis nicht mal seinen Beamtenstatus zurück bekam, da die Schulrätin ihn ihm einfach verwehrte, so musste er von Harz4 leben.
    Das angebliche Opfer dagegen hat keinerlei Schwierigkeiten bekommen.

  5. 5
    RAUnbekannt says:

    Dass nicht nur Frauen zu solchen erfundenen Anzeigen fähig sind, durfte ich als Anwalt am eigenen Leib gerade erleben. In einem Sorgerechtsstreit hinsichtlich des gemeinsamen 9-jährigen Sohnes behauptete der Kindesvater, ich als neuer Lebensgefährte der Kindesmutter hätte:

    1. Nacktbilder von dem Sohn gemacht zu haben;
    2. Nacktbilder der Mutter auf das Handy des Sohnes geschickt zu haben;
    3. dem Kind Nacktbilder auf meinem PC gezeigt zu haben;
    4. vor dem Sohn mit seiner 21-jährigen Schwester Strip-Poker gespielt zu haben.

    Das Ermittlungsverfahren gegen mich lief über 9 Monate, bis es endlich nach § 170 Abs.2 StPO eingestellt wurde. Die Akte ist natürlich hier auf dem Dorfe gerichtsbekannt, da sie von Wachtmeisterei zu Wachtmeisterei offen rumgetragen wurde. Neben dem Umstand, dass der eigene Ruf als Anwalt angekratzt sein mag, weiss man nicht mehr, wie man sich zu Hause unbefangen familiär benehmen kann, ohne das eine neue Anzeige droht.

    PS. geschockt über das Verhalten von Anwälten war ich nach gehabter Einsicht in „meine“ Ermittlungsakte. Die „werte Kollegin“, die den Kindesvater vertritt, ist höchstpersönlich zu einer Polizeidienststelle gefahren, um gegen mich im eigenen Namen Strafanzeige zu erstatten

    PPS. Strafanzeige wegen falscher Verdächtigung etc. gegen die „werte Kollegin“, Kammerverfahren und Schadensersatzklage sind anhängig

  6. 6
    Zero the Hero says:

    Interessanter Fall, dieses Jahr passiert:
    Prozeß wegen Vergewaltigung/sexueller Nötigung.
    Mutmaßlicher Täter saß wohl in U-Haft.
    Mutmaßliches Oper rückt im Prozeß plötzlich von der ursprünglichen Aussage ab und behauptet Einvernehmlichkeit.
    Staatsanwalt läßt das mutmaßliche Opfer noch im Gerichtssaal verhaften[!!!], Verhandlung wird unterbrochen.
    Bei hochnothpeinlicher Befragung des mutmaßlichen Opfers (wohl nicht im Gericht) kam raus, das daß mutmaßliche Opfer wohl vor/während des Prozesses massiv aus dem Dunstkreis des Angeklagten bedroht wurde.
    Hier endet leider meine Kenntnis über die Evolution der Sache. Man könnte den Fortgang aber nachrecherchieren.

  7. 7
    Kand.in.Sky says:

    Wenn die Ermittlung jedoch zu beherzt, weil ausgehend von Täuschung, durchgeführt werden ist damit dem Opfer auch nicht geholfen.
    Dazu gab es eine Doku in WDR5 (die auch auf anderen Sendern laufen wird/lief), Manuskript als PDF inkl.
    http://www.wdr5.de/sendungen/dok-5/s/d/16.12.2012-11.05.html
    mit google entdeckt man zwar viele Hinweise zu dieser Sendung aber leider keinen Podcast
    https://www.google.de/search?q=%22Als%20ob%20ich%20noch%20einmal%20vergewaltigt%20w%C3%BCrde%22
    Jedenfalls konnte man sich der Beschreibung des Opfers nach nicht dem Eindruck erwehren hier wollten Polizei und StAw undbedingt eine vorgetäuschte Straftat entlarven (was sie nicht war).

    #k.

  8. 8
    tapir says:

    Was wäre denn die Alternative? Indische Verhältnisse? Es hilft kaum weiter, aufgrund von – zugegebenerweise krassen – Einzelfällen pauschal die Handhabung einer möglichen Vergewaltigung zu kritisieren. Es gibt umgekehrt auch eine Dunkelziffer nicht angezeigter Delikte, weil das weibliche Opfer an der Beweisführung scheitern könnte, Angst hat oder sich schämt. Ich sehe als einzigen Ausweg aus dem Dilemma eine höhere Anerkennung für die männlichen Opfer der Falschverdächtigungen anzustreben und eine verstärkte moralische Ächtung und ggf. höhere Strafbarkeit der Täterinnen anzuvisieren …

  9. 9
    RA Will says:

    Leider leide nehmen es die meisten Gerichte mit dem „Im Zweifel für den Angeklagten“ nicht so richtig genau. Es heißt eher im Zweifel, weshalb sollte die Zeugin Lügen…auch wenn nahe liegt weshalb…

  10. 10
  11. 11
    doppelfish says:

    Um Ihren Kollegen, RA Klose aus Regensburg zu zitieren:

    Fast genauso häufig wie Verurteilungen im Bereich von sexueller Nötigung und Vergewaltigung sind aber auch Vortäuschungen und Falschbezichtigungen. So erklärte etwa ein Kommissariatsleiter im Zusammenhang mit einer vom Bayerischen Staatsministerium des Innern in Auftrag gegebenen Studie ausdrücklich: “Alle Sachbearbeiter von Sexualdelikten sind sich einig, dass deutlich mehr als die Hälfte der angezeigten Sexualstraftaten vorgetäuscht werden” (Elsner, Steffen: Vergewaltigung und sexuelle Nötigung in Bayern, München 2005, 1. Auflage, S. 177).

    Ihr Kollege RA Barduhn aus Frankfurt a. M. zitiert

    Boakes, Janet, Complains of sexual misconduct, in: Analysing witness testimony, A. Heaton-Armstrong, E. Sheperd, D. Wochover, David (Editors), Blackstoen Press Limited, 1999, S. 108 ff.

    mit Falschbezichtigungsraten von 41% und, in einem speziellen fall sogar 50%.

    Die Studie von Burgheim und Friese findet immerhin heraus,

    dass die konfabulierten Darstellungen insgesamt betrachtet auffällig unauffällig bleiben […].

    Und es heißt „Anders als“. „Anders wie“ sagen nur Schwaben. Gell.