Beratungs-Resistenz

Ein Kollege berichtete mir gestern von einem Fall, den er vor einem kleinen Amtsgericht zu verteidigen habe.

Der Mandant, Wilhelm Brause, habe eine offene Bewährungsstrafe. Er sei vor etwa 2 Jahren wegen Mißbrauchs von Titeln (§ 132a StGB) zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nun sei er erneut angeklagt worden. Wegen Mißbrauchs von Titeln. Die Tatzeit falle wunderbar in die Bewährungszeit.

Dem Doktortitel, den Brause sich irgendwann einmal zugelegt hat, fehlte jede Grundlage. Unter anderem auch die allgemeine Hochschulreife. Kurz vor seinem Abitur habe der Wilhelm Brause bereits ein Gewerbe angemeldet und mit Immobilien gehandelt. Der Doktortitel sei dabei wohl auch sehr hilfreich gewesen.

Der Strafverteidiger ist – wie wohl jeder seiner Gattung – Optimist. Und zwar durch und durch. Sonst könnten wir diesen Job nicht machen. Er hat die Verteidigung vorbereitet mit dem Ziel, doch noch einmal eine Bewährungsstrafe für seinen Mandanten zu „erkämpfen“. Dazu habe er allerlei Anstrengungen und Gespräche mit seinem Mandanten geführt. Die Staatsanwaltschaft habe signalisiert, daß es diesmal ausnahmsweise noch klappen könne. Der Richter wolle sich nicht sperren, wenn der Staatsanwalt und der Verteidiger sich mehr oder minder einig sind. Und deswegen werde er, der Kollege, heute gut gelaunt aufs Land fahren.

Heute morgen kurz nach fünf beim Frühstück ist mir beinahe die Caffè-Tasse aus der Hand gerutscht. Über Nacht hatte ich eine Kontaktanfrage bei Xing erhalten. Von eben diesem Mandanten des Kollegen, der sich wohl auch gleich auf den Weg zum Gericht machen düfte. Unterzeichnet mit „Dr. Wilhelm Brause“, verbunden mit der Einladung, mir auch seine Website – Dr. Brause Immobilien – anzuschauen.

Ich fürchte, daß der Optimismus des Kollegen einen heftigen Dämpfer bekommen wird, wenn sich der Richter und der Staatsanwalt mit einem Blick ins Internet auf die Beweisaufnahme vorbereitet haben …

Dieser Beitrag wurde unter Mandanten, Strafverteidiger veröffentlicht.

6 Antworten auf Beratungs-Resistenz

  1. 1
    RA Anders says:

    Da musste Herr (Dr.) Brause wohl vor der Verhandlung noch ein paar Immobilien verkaufen, damit er den Verteidiger bezahlen kann. Dass das mit dem Titel besser geht, hatte er ja schon gesagt…
    Ja als Verteidiger kann man an einigen Ecken in einem Verfahren etwas bewegen, gegen die Sturheit und manchmal auch die Begriffsstutzigkeit der Mandanten hilft das leider nicht.

  2. 2
    Willi says:

    Also ehrlich, das kann doch gar nicht sein … ist der Wilhelm Brause nicht erst letztens wegen anderer Delikte eingefahren? Der kann doch noch gar nicht wieder draußen sein.

  3. 3

    Hinweis an Herrn RA Hoenig:

    In Ihrem verlinkten Xing-Profil befindet sich unter der Rubrik „Über mich“ ein Link mit dem Anchortext „Strafverteidiger in Berlin“, der zurück auf Ihre hiesige Homepage verlinkt, allerdings ins Leere führt, da die entsprechende Seite offenbar nicht (mehr) existiert. Dies sollten Sie ändern.

    Ihr HARTZ4-Rechner

  4. 4
    ???? says:

    Hätte Wilhelm auf uns, die autonome Frauengruppe im spirituellen Zirkel, gehört und wäre er mit uns wandern gegangen, dann wäre das alles gar nicht erst so weit gekommen.

    Wir wollten uns ehrenamtlich um ihn kümmern und über Umweltschutz sprechen.
    Ich habe es doch geahnt.

    Renate und Marianne haben es auch befürchtet.
    Aber uns Frauen fragt ja keiner.

  5. 5
    ct says:

    „I’m a criminal defense lawyer. Optimism is not in my DNA.“ (John Gisham)

  6. 6