Der Revisor und das klappernde Fenster

Es gibt Berufsgruppen, die nur für eine ganz besondere Sorte Menschen mit ganz speziellen Eigenschaften geeignet ist. Eine solche Berufsgruppe ist die der Bezirksrevisoren.

Wir haben beim Amtsgericht Königs Wusterhausen am 17. Januar 2013 beantragt, die Kosten für die Dienste, die wir im Auftrag des Landes geleistet haben, festzusetzen. Die Kostenfestsetzung ist notwendige Voraussetzung für die Auszahlung.

Wohlgemerkt: Wir haben erst gearbeitet; und danach dann haben wir darum gebeten, diese Arbeit zu vergüten.

Da weder die Festsetzung und deswegen erst Recht nicht die Vergütung hier eingetroffen ist, haben wir das Gericht daran erinnert, daß das noch was offen sei. Noch am selben Tag bekommen wird die Rückmeldung:

Revisor

Da liegt nun die Akte seit zwei Monaten auf der Fensterbank dieses Revisors beim Landgericht Cottbus und hat vielleicht die Funktion übernommen, das Bürofenster offen zu halten, damit er beim Büroschlaf nicht durch klappernde Fensterflügel gestört wird. Oder so.

Dieser Revisor – oder derjenige, der dafür zuständig ist, die Arbeit dieser Kontrollorgane zu organisieren – bekommt sein „Honorar“ monatlich am Ersten im Voraus. Bekäme er es nicht (oder nicht vollständig), weiß ich ganz genau, was er machen würde.

Ich bedauere es ernsthaft, daß mir das Strafgesetzbuch (und nur das!) verbietet, das zu hier schreiben, was ich von sowas halte.

Dieser Beitrag wurde unter Behörden, Justiz veröffentlicht.

10 Antworten auf Der Revisor und das klappernde Fenster

  1. 1
    ???? says:

    Ganz entspannt bleiben.
    Und einen Wodka trinken.
    Oder Balalaika spielen.

    Und dann ins Theater gehen.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Revisor

  2. 2
    Matthias says:

    Nur Mut Herr Hoenig.
    Für Organe der Rechtspflege gilt: verbrechensqualifizierte Verstösse gegen das Strafgesetzbuch heißen jetzt „Vollzugsdefizit“ (2 BvR 2628/10).

  3. 3
    Joachim Breu says:

    Leider sind sich die Kommentatoren wieder darin einig, dass es keinen Zinsgrund für die Gebühren des beigeordneten Anwaltes gibt. In der Anfangszeit ließ sich hier und da noch ein Achtungserfolg mit § 286 Abs. 3 BGB erzielen, von dem die Landeskassen nicht ausgenommen sind. „Entgelt“ schließt auch die dem Pflichtverteidiger geschuldete Opfergabe ein (sonst stünde da „Honorar“, „Lohn“ oder „Gewinn“).

    Aber keine drei Jahre nach Inkrafttreten des „Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen“ (er)kannte leider jeder Rechtspflegel den Trichter, dass die „Fälligkeit“ nicht mit Eingang der Berechnung, sondern erst mit der (konstituierenden) Festsetzung herbeigeführt wird. Solche Fälle gibt’s selten – meist nur bei Beschwerden des Bezirks-Kassenwartes.

    Also, liebe Gesetzgeberin, bitte bringe dich selbst in den Schutzbereich der Norm ein und stelle klar, dass die Landeskassen bei rechtsstaatswidriger Verzögerung von Festsetzungen über 30 Tage / 1 Monat hinaus wie jeder andere auch Verzugszinsen von 8% über Basiszinssatz schulden – Verbraucher sind hier nämlich nicht beteiligt, und eure Umsatz- und Einkommensteuer wollt ihr doch auch überpünktlichst, am besten noch vor Fälligkeit haben. Um weitere Gesetze und -entwürfe drucken zu können.

  4. 4
    le D says:

    Ich bin mir sicher, dass sich das BMJ über die Anregung zu der Verzinsung 30 Tage nach Antragstellung freuen wird… Kopie der Anregung an die BRAK wäre wohl nicht verkehrt. ;)

  5. 5
    RA Walter says:

    Ob der Bezirksrevisor genauso nachsichtig ist, wenn sein Beihilfe- oder Reisekostenantrag monatelang nicht bearbeitet wird?

    Im hiesigen Bezirk läßt man sich nicht nur alle Zeit der Welt mit der Festsetzung. Nein, es kommen auch Fälle vor, in denen das – bekanntermaßen unparteiische und neutrale – Gericht beim Bezirksrevisor „anregt“ Rechtsmittel gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse einzulegen, wenn bei nochmaliger Durchsicht der Akte festgestellt wurde, daß dem Pflichtverteidiger eventuell 20,00 Euro zu viel bezahlt worden sein könnten. Nun ja, das ist verständlich. Schließlich liegt das im öffentlichen Interesse.

    Ebenso wie es im öffentlichen Interesse liegt, den Vertreter der Staatsgewalt unverzüglich über Rechtsmittel des Beschuldigten (oder im Verwaltungsrecht: des klagenden Bürgers) zu informieren, dies umgekehrt aber nicht zu tun. Ich habe trotzdem weiterhin volles Vertrauen in die völlige Unparteilichkeit unserer Gerichte.

  6. 6
    T.H., RiAG says:

    @RA Walter

    Deswegen legt man als zumindest halbwegs geübter Verteidiger seine Rechtsmittel nicht am Tag der Urteilsverkündung ein, sondern am letzten Tag der Frist irgendwann nach 17.00 Uhr ….

    Und wenn man ein besonderes Interesse daran hat, möglichst frühzeitig zu erfahren, ob die StA Berufung eingelegt hat, genügt ein einfacher Anruf bei der Geschäftsstelle, sie werden selbst von einer vermeintlich oder tatsächlich überlasteten Geschäftsstellenbediensteten ein „ja“ oder „nein“ als Antwort erhalten.

    Dass Beihilfeanträge monatelang nicht bearbeitet werden ist übrigens, anders als Sie anzunehmen scheinen, alles andere als eine Seltenheit („mein LBV nimmt den Hinweis auf „derzeitige“ Überlastung schon gar nicht mehr von seiner Website), auch wenn es im Einzelfall um ein paar Euro mehr geht als um Pflichtverteidigergebühren für ein einstündiges Einzelrichterverfahren, und auch dort gibt man sich dann alle Mühe, überzahlte 20 Euro zurückzuholen, was im Grunde ja auch ok ist, hat doch weder der kranke Beamte noch der quietschfidele Pflichtverteidiger Anspruch auf mehr als das, was im Gesetz steht. Auch wird in beiden Fällen gerne vergessen, dass auf dem Schreibtisch des Sachbearbeiters halt nicht nur der eigene Antrag liegt, sondern auch noch ein paar andere.

  7. 7
    RA Walter says:

    @ T.H.

    Es ging mir allein um die Frage der Neutralität, die nach meinem Dafürhalten gesetzlich geschuldet ist und zum beruflichen Selbstverständnis gehören sollte, wenn man rechtsprechende Gewalt ausübt.

    Vor diesem Hintergrund ist es ein unmöglicher Zustand, wenn Richter eine Partei bevorzugen, indem sie ihr Tipps geben oder gar anregen, Rechtsmittel einzulegen. Im Straf- und Verwaltungsrecht ist die richterliche Neutralität nicht besonders ausgeprägt. Neulich berichtete mir in einem Verwaltungsgerichtsverfahren der Vertreter der Behörde stolz, daß die Verwaltungsrichter immer bei ihm anriefen, um ihm Tipps zu geben, wie er die angegriffenen Verwaltungsakte nachbessern könne, um die Klagen der Bürger scheitern zu lassen. Als ich mich hierüber beim Präsidenten des VG beschwerte, zuckte dieser nur mit den Achseln und sagte, das sei doch im öffentlichen Interesse… Welches Bild haben solche Menschen von ihrem Beruf?

    Gleiches gilt für Anregungen gegenüber dem Bezirksrevisor, Rechtsmittel gegen KFBs einzulegen. Ich will mich nicht auf Kosten der Staatskasse rechtswidrig bereichern. Aber wie kommt ein Gericht dazu, Partei zu ergreifen und – natürlich gegenüber dem Staatsvertreter – anzuregen, Rechtsmittel einzulegen, über das das Gericht dann im Sinne der ausgegebenen Empfehlung selbst entscheidet?

    Ich lege übrigens Rechtsmittel immer erst am Tag des Fristablaufs nach 18.00 Uhr ein. Aber ist es nicht traurig, daß ich das machen muß, weil ich anderenfalls zu befürchten habe, ein Richter könne die StA darüber informieren und empfehlen, ebenfalls Rechtsmittel einzulegen? Was ist das überhaupt eine Empfehlung von Ihnen, man könne als Verteidiger ja bei der Geschäftsstelle anrufen, um sich über Rechtsmittel der StA zu informieren? Weshalb muß der Verteidiger die Initiative ergreifen, während die StA eiligst von Amts wegen informiert wird? Unparteilichkeit? Ihr Statement belegt das Gegenteil.

  8. 8
    Joachim Breu says:

    Ein letztes zum Ausgangs-Posting:
    §§ 23 ff., hier 27 EGGVG beim örtlich zuständigen OLG könnte Schwung in die Sache bringen. Die drei Monate waren am 18.04.2013 vorbei.

  9. 9
    T.H., RiAG says:

    @RA Walter

    Niemand zwingt sie, bei einer Geschäftsstelle anzurufen. Wenn Sie dazu keine Zeit haben oder keine Lust oder Ihnen der Anruf zu teuer ist, lassen Sie es einfach bleiben, niemand wird ihnen böse sein.

    Nur: wer wissen will, ob die „Gegenseite“ ein Rechtsmittel eingelegt hat oder nicht, muss halt entweder warten, bis ihm das auf dem vorgesehenen Weg mitgeteilt wird oder, wenn er es eilig hat, sich eben selbst informieren oder meinetwegen auch fristwahrend Rechtsmittel einlegen, wenn er meint, für das weitere Verfahren noch Verhandlungsmasse zu benötigen. Ich sehe nicht den geringsten Anlass, ohne entsprechende Anfrage Rechts- und/oder Staatsanwälten hinterherzutelefonieren, nur weil irgendjemand mein Urteil nicht passt, ich bin schließlich nicht die Auskunft. Weshalb Sie hierin einen Mangel an Unparteilichkeit sehen, ist erschließt sich mir nicht.

    Ich habe im Übrigen auch keinerlei Vorteil, wenn mehrere Beteiligte ins Rechtsmittel gehen. Ob nun eine Berufung kommt oder zwei ist doch vollkommen wurscht, schließlich macht schon die erste die Segnungen des § 267 Abs.4 oder Abs.5 StPO zunichte.

    Im Übrigen entscheide ich immer so, wie ich es im Einzelfall für richtig halte, so dass es für mich gar keinen Anlass gibt, irgendjemandem ein Rechtsmittel zu empfehlen. Wieso sollte ich denn mein eigenes, nach bestem Wissen und Gewissen gefälltes Urteil quasi selbst angreifen? Hierfür bin ich dann doch zu stolz (oder vielleicht auch zu eitel)Wenn es etwas am Urteil auszusetzen gibt wird mein Rechtsmittelgericht wissen, was seine Aufgabe ist und das Urteil aufheben, ein falsches Urteil wird aber doch nicht dadurch richtig, dass es von zwei Seiten angefochten wird.

    Davon abgesehen mache ich mir bei aller pflichtschuldigen Unterwürfigkeit auch vor dem OLG nicht in die Hose, so dass ich mir nicht die Blöße gebe, bei der StA um eine Sperrberufung zu betteln und so eine Sprungrevision auszubremsen. Sie werden es mir unbekannterweise glauben müssen, dass ich nur dann verurteile, wenn ich meine, dass die Entscheidung auch beim OLG hält. Dass es Sperrberufungenn gibt, die nur eingelegt werden, um den direkten Weg zum OLG zu blocken, bestreite ich nicht; ebensowenig den Umstand, dass es Richter gibt, die solche Berufungen bestellen. Das ist ohne Zweifel bedauerlich, schon weil man als Richter zu dem stehen sollte, was man entscheidet, aber letztlich leicht dadurch zu umgehen, dass man seine eigenen Rechtsmittel zum richtigen Zeitpunkt einlegt.

  10. 10
    RA Walter says:

    @ T.H.

    Ich erwarte nicht, daß ein Richter mit ungefragt mitteilt, ob die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel eingelegt hat. Ich erwarte nur, daß er alle Seiten gleich behandelt und es unterläßt, die StA sofort über Rechtsmittel der Verteidigung zu unterrichten (die kann nämlich auch selbst bei der Geschäftsstelle anrufen). Wie Sie das handhaben, weiß ich nicht. Ich weiß aber aus Erfahrung, daß viele Ihrer Kollegen sich insoweit nur der StA, aber nicht der Verteidigung verpflichtet fühlen. Ich halte das mit dem Bild, das dem Beruf des Richters zugrundeliegt, nicht für vereinbar. Der hat sich nämlich gar keiner Seite, sondern nur dem Recht verpflichtet zu fühlen. Daß manche Richter versuchen, ihrer Vorstellung von Recht dadurch Geltung zu verschaffen, daß sie unverhohlen eine Partei dazu auffordern, die „richtigen“ Anträge zu stellen, ist mit dem Wort „bedauerlich“ kaum zutreffend beschrieben.

    Natürlich haben sich die Verteidiger auf solche Mißstände in der Justiz eingestellt und reagieren entsprechend. Die Entwicklung von „Gegenmitteln“ ändert aber nichts am Vorhandensein des Mißstandes.