Die Normalität der Kassenhüter

Als ich diese Nachricht heute morgen zwischen zwei Tassen Espresso gehört habe, ist mir das Schokoladen-Müsli beinahe im Halse stecken geblieben.

Die EU-Finanzminister feiern sich selbst. Sie haben sich nach „siebenstündigen Beratungen“ darauf geeinigt, daß nicht mehr der Steuerzahler (also Sie, lieber Leser, und ich) dafür haftet, wenn ein Unternehmer seinen Laden in den Sand setzt.

Künftig müssen erst Besitzer, Gläubiger und Großanleger zahlen. Die Politik feiert den Beschluss als „Meilenstein“.

Daß Banken eine besondere Rolle in unserem Wirtschaftssystem spielen, wissen wir nicht erst seit dem 15. September 2008, dem Tag, an dem die Lehman Brothers Inc., diese mittlerweile legendäre US-amerikanische Investmentbank, Insolvenz beantragen mußte.

Ich nehme sicherlich (noch) nicht für unsere Kanzlei in Anspruch, „systemrelevant“ zu sein. Deswegen war und ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, daß es erst einmal an mein eigenes Portemonnaie geht und auch der Vermieter der Gewerberäume in die Röhre guckt, wenn ich das Unternehmen „Kreuzberger Strafrechtskanzlei“ in die Insolvenz führe. Das wird jedem anderen Unternehmer genauso gehen.

Nur diese Banker, die sind von dieser Normalität ein großes Stück entfernt, sie möchten gern andere Regeln für sich in Anspruch nehmen, fühlen sich als etwas ganz Besonderes. Sie möchten lustige Kunststückchen auf dem Drahtseil veranstalten, verlangen dabei aber, daß alle anderen aufpassen, daß sie sich nicht wehtun, wenn sie auf die Schnauze zu fallen drohen.

Nicht nachvollziehbar für mich ist diese Party, die jetzt veranstaltet wird, weil ab sofort normale Verhältnisse hergestellt wurden werden sollen. Vielleicht jedenfalls:

Nun werden die Verhandlungen mit dem Europaparlament aufgenommen, das dem Gesetzespaket zustimmen muss. Die erste Lesung findet vermutlich im Herbst statt.

Oder auch nicht.

Zitate und weiterführende Infos aus/in der Süddeutschen.

Und er hier, er hat auch noch was dazu zu sagen.

Dieser Beitrag wurde unter Politisches veröffentlicht.

10 Antworten auf Die Normalität der Kassenhüter

  1. 1
    ???? says:

    Die Worte hab´ ich wohl vernommen.
    Allein es fehlt der Glaube.

  2. 2
    Stefan says:

    Ganz normal sind die Verhältnisse noch nicht. So sollen ja auch Sparer an der Rettung beteiligt werden. Wenn ich also eine Dienstleistung der Bank in Anspruch nehme, für die ich auch bezahle, dann bin ich trotzdem dran. Das ist dann ungefähr so, als würden bei einer Insolvenz eines Autohauses alle Kunden, die gerade einen Wagen da stehen hatten, ihr Auto nicht mehr wiederbekommen.

    Die einzige Lösung ist die Abtrennung der Inventmentabteilung. Und da können dann von mir aus alle Beteiligten zahlen.

  3. 3
    Sergej says:

    Haha … glaubt irgendjemand ernsthaft, dass das etwas ändert? In Zypern wurden die Konten eingefroren BEVOR überhaupt angedacht wurde, dass evtl. die Anleger mit in die Haftung genommen werden. Trotzdem haben es vor allem die Großanleger geschafft noch einen Haufen Geld abzuziehen.

    Wie wird das wohl aussehen wenn jetzt jede Bank und jeder Großanleger von Anfang an weiß, was ihm blüht? Na klar, sobald die Bank selber erkennt, dass sie Probleme hat, gründet sie eine kleine Privatbank, in die sie ihre Premiumkunden auslagert … die Trashkunden (also Sie und ich) bleiben bei der Bank wenn sie dann hops geht …

    Und wer zahlt dann die Zeche? Entwieder wir als Kleinanleger oder wir als Steuerzahler … Jacke wie Hose …

    Und die Eigentümer? Wie wollen Sie denn an das Geld eines Aktionärs kommen? Die Aktie ist doch nichts mehr wert, wenn die Bank faktisch bankrott ist …

  4. 4
    oy-oy-oy says:

    Das sind doch alles Nebelgranaten, die nur verschleiern sollen, daß künftig die Kunden mit ihren Einlagen haften. Gerade so, als ob die irgendwie an einer Schieflage schuld seien.

    Im Übrigen können die beschließen, was sie wollen. Sobald eine größere Bank umzukippen droht, wird der Staat natürlich wieder einspringen. Der Unterschied wird nur sein, daß man den Mittelstand als „Ausgleich“ opfert und das Problem damit vergrößert.

    Spannend wird es sein zu sehen, wo man jetzt noch sein Geld auf dem Konto liegen lasen kann. Jeder mit Verstand müsste bei den heutigen fast-null-Zinsen sämtliches Geld abheben und in ein Schließfach stecken, denn nur dann ist es vor einer Bankpleite sicher. Genau das wird auch geschehen: ein Bankrun nach der ersten nächsten Bankpleite.

    Einfach nur armselig.

  5. 5
    Wolf Reuter says:

    Ein Genuss zum Selbstverständnis („the fu***ing Germans are at us now, you know!“) der geretteten Banker kommt ja jetzt aus Irland: http://www.independent.ie/business/irish/abuse-the-bank-guarantee-dont-get-caught-david-drumm-29369275.html
    Ja, da spielen wir nicht in derselben Liga.

  6. 6
    Mirco says:

    Boh, was ganz neues, waran man bei EU nun gar nicht denkt: Marktwirtschaft.

  7. 7
    ui-ui-ui says:

    „Die Einlagen sind sicher“ – gilt nicht mehr. Nur noch bis zur Einlagensicherung. Das ist für mich die Aussage, die ich aus diesem Beschluss ziehe.

  8. 8
    Stefan Z says:

    Einzig logische Konsequenz: AfD wählen !!!

  9. 9
    tapirat says:

    Tja, so kann es gehen. Ich hingegen habe heute morgen beim Frühstück dieses Interview gelesen: http://www.zeit.de/lebensart/essen-trinken/2013-06/ernaehrung-diaeten
    Konsequenz? Mir ist das Schokoladen-Müsli beinahe im Halse stecken geblieben Ich habe ein zweites Frühstück hinterher geschoben. :-P

  10. 10
    tapirat says:

    Hmm. Ist ja bitter, dass der HTML-Code Durchstreichen hier nicht funzt und meinen Joke ruiniert …