Ein ganz starker Staat

An Händen und Füßen gefesselt, vorher zur Kontrolle nackt ausgezogen, erst dann soll sie der Meute zum Fraß vorgeworfen und in das Gericht geführt werden. Der (bayerische) Rechtsstaat muß Stärke zeigen! Wenigstens jetzt noch.

Es bestehe „Fluchtgefahr“. Deswegen sei die martialische Vorführung in dieser Form notwendig. Liest man derzeit in den aufgescheuchten Medien.

Ich sehe mit Grausen dem entgegen, was die bayerischen Richter da noch alles veranstalten, um zu zeigen, daß sie zu einem souveränen Verfahren gegen eine mutmaßliche Straftäterin nicht geeignet, sondern eher hoffnungslos überfordert sind. Das ist doch armselig, was dort mit der Frau passieren soll, die seit dem 8. November 2011 isoliert in Untersuchungshaft sitzt.

Wovor haben die Richter eigentlich noch Angst?

Dieser Beitrag wurde unter Justiz, Richter veröffentlicht.

14 Antworten auf Ein ganz starker Staat

  1. 1
    Matthias says:

    Na vor der Revision *aufdieSchenkelklopf*

    Dabei war doch gestern ein guter Tag für den Rechtsstaat, denn es bestehen berechtigte Hoffnungen, dass ein neuer Vorsitzender des zuständigen BGH-Senats Recht und Gesetz beachten und sie nicht der schieren Lust am Strafen unterordnen.

  2. 2
    JLloyd says:

    Dieses „Teeren&Federn“ hat in Bayern leider Tradition; hier in München gibt es nicht nur die BILD sondern ein lokales Triumvirat aus TZ, AZ & Münchner Merkur, welche für eine entsprechende Vorverurteilung sorgen. Selbst eine überregionale süddeutsche Tageszeitung entblödet sich mit ihren lokalen Auslageschlagzeilen in diesen Chor einzustimmen.

  3. 3
    JLloyd says:

    Will man wissen wie der im NSU-Prozess vorsitzende Richter z.B. bei unklarer Beweislage urteilt sollte man sich die Prozessberichte zum Todesfall Charlotte Böhringer anschauen.

  4. 4
    meine5cent says:

    Das „Nackigmachen“ dürfte wohl nicht auf richterlicher Anordnung beruhen, denn in der Sicherheitsverfügung, vom 4.3., die nach wie vor im Netz auffindbar ist, steht unter III.3 nur, dass die Angeklagten wie auch Zeugen u.a. zu durchsuchen sind primär mittels Abtasten über der Kleidung und per Metallsonde.
    Durchsuchungsanordnungen durch die JVA sind gar nicht unüblich, nicht nur im Seppelland, sondern selbst im liberalen Norden, siehe z.B. BVerfG 2 BvR 455/08.
    Dass es manchen auch oder gerade weil schon länger Inhaftierten offenbar gelingt, diverse Dinge zusammenzubasteln, zeigt der Fall des „Ausbrecherkönigs“ Jan Zocha in Bielefeld.

  5. 5
    JLloyd says:

    @Matthias: Besser wäre es wenn ‚man‘ die Lehre aus dieser bleiernen Epoche des BGH zöge und die regionalen Zuständigkeiten der Kammern abschaffte, z.B. zu Gunsten eines Rotationsprinzips. BTW: Wer ist eigentlich für die Geschäftsverteilung des BGH zuständig ?

  6. 6
    Bert says:

    „die seit dem 8. November 2011 isoliert in Untersuchungshaft sitzt“ (kanzlei-hoenig.de)

    „Anfangs wurde Beate Zschäpe bespuckt und angefeindet“, so Ünlü, inzwischen habe sie Anschluss zu anderen Häftlingen gefunden und Kontakte aufgebaut. (http://www.spiegel.de/panorama/nsu-prozess-muenchner-behoerden-und-die-tuerkischen-medien-a-897427.html)

    Manche Schuldzuweisungen wirken eindrucksvoller, wenn man sie nicht übertreibt…

  7. 7
    Ralf says:

    Auch ein starker Richter – so kennt man Herrn Götzl:

    http://www.heise.de/tp/artikel/31/31167/1.html

    Realitätsfremd und eingebildet.

  8. 8
    SPQR says:

    Vielleicht kann Herr Hoenig die geneigte Leserschaft auch noch darüber aufklären, dass Spruchkörper, so nicht gerade der Strafrichter beim AG gemeint ist, nicht lediglich aus einer Person bestehen.

  9. 9
    Wilfried says:

    Ein Glück können wir dank der Informiertheit von Herrn Hoenig ja sicher sein, dass Beate Z., wenn sie ungefesselt bliebe, nicht z.B. einer türkischen Nebenklägerin (= Hinterbliebenen) ins Gesicht springen würde.

    Schließlich ist sie ja nur der aus Ausländerhass begangenen Beteiligung an der Ermordung von 10 Menschen dringend verdächtig, während sie sonst eine sehr nette Person sein soll und so etwas Übles bestimmt nicht täte.

  10. 10
    Heer, Stahl und Sturm says:

    Es soll auch schon Angeklagte gegeben haben, denen die Verteidiger Sachen in die Haft geschmuggelt haben.

  11. 11
    Lurker says:

    @Wilfried:

    Fesseln wir deswegen auch die Nebenkläger? Die hätten ja sogar allen Grund, der Dame an die Gurgel zu gehen…

    Oder reicht es uns da nicht aus, dass es im Gerichtssaal ohnehin von Bewaffneten wimmelt?

    @Heer etc.:

    Es sollen auch schon Einzelpersonen „vom Blitz beim Schei*en“ getroffen worden sein – hat ihre Toilette einen Blitzableiter?

  12. 12

    Manche Richter haben vor Kontakt mit dem richtigen Leben Angst. Strafgerichte sind eine Schnittstelle zwischen der Mittelschichtswelt der Richter und der Unterschicht, deren Vertreter sie zumeist als Angeklagte vor sich haben. Und um den Kontakt nicht aus dem Ruder laufen zu lassen, sind halt Vorkehrungen wichtig, damit man als Richter nicht zu direkt mit Angeklagten konfrontiert wird.

    Ich erinnere mich an eine Gerichtsverhandlung gegen einen Landstreicher, der seine damals 2.20 Euro für die Bahn in Chemnitz nicht bezahlt hat und prompt erwischt wurde. Dem Amtsrichter hat er dann, seine 2.20 Euro in Cents auf den Richtertisch geknallt und der war erstarrt und unfähig ohne Schutz durch Wachmänner (die hatten übrigens einen diebischen Spaß) die Verhandlung mit einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung zu Ende zu bringen.

    Deshalb kann man als Richter nicht vorsichtig genug sein…

  13. 13
    Gast says:

    die „justiz“ ist für den bürger da…nicht umgekehrt..müssen wir sie wieder daran erinnern?

  14. 14
    Katharina says:

    Kaum fängt der Prozess an, da erweist sich Beate Z. als kein bisschen gefesselt.

    Musste man das also wirklich aufgrund irgendwelcher BILD-Gerüchte gleich in dieser Art und Weise kommentieren?