Eisenhüttenstadt – hatten wir doch schon mal?

Das Amtsgericht Eisenhüttenstadt steht einmal mehr im Focus kritischer Berichterstattung. Und wie es so ist mit der Kritik, wird sie nicht gern gesehen. Jedenfalls nicht von den Kritisierten. Und von kritisierten Richterinnen am Amtsgericht Eisenhüttenstadt erst Recht nicht.

Eisenhüttenstadt

Apropos sehen:
Das hier sollte man sich einmal genauer anschauen, knapp 10 Minuten, in denen man sorgsam aufpassen sollte, daß einem keine Federn wachsen: Bericht in der Sendung ‚Report Mainz‘ vom 2.7.2013. (Bitte erst anschauen, dann weiterlesen!)

Danach lohnt diese Lektüre der

PM 2013-07-05

Landgericht Frankfurt (Oder) schützt Entgleisungen am Amtsgericht Eisenhüttenstadt

[Frankfurt (Oder)/Berlin] Die Fernsehsendung „Report Mainz“ thematisierte am 02.07.2013 u.a. rassistische Entgleisungen der Richterin am Amtsgericht Eisenhüttenstadt, Frau Petzoldt. Die Richterin hatte in mehreren Urteilen gegen Asylsuchende – die von der Richterin als „Asyltouristen“ bezeichnet werden – Freiheitsstrafen wegen illegaler Einreise verhängt und dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Zunahme des „Heeres der Illegalen“ in Deutschland begegnet werden müsse. Schließlich kämen die Flüchtlinge nach Deutschland, „um Straftaten zu begehen“, was dann dazu führe, dass in Deutschland Spannungen entstünden, die sich „durch weitere Straftaten entladen“ würden.

Der Völkerrechtler, Prof. Dr. Andreas Fischer Lescano, stufte diese Äußerungen der Richterin in der Sendung „Report Mainz“ als strafrechtlich relevant ein.

Rechtsanwalt Volker Gerloff, der Betroffene dieser Urteile vertritt, schrieb daraufhin in einer Berufungsbegründung: „Das angegriffene Urteil fühlt sich hier berufen, in einer Art ‚richterlichem nationalen Widerstand‘ den erkannten vermeintlichen Missständen auf dem Gebiet der Migrationspolitik ‚dringend‘ durch die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe“ begegnen zu müssen. Der (ehemalige) Präsident des Landgerichts Frankfurt (Oder), Dirk Ehlert, stellte daraufhin Strafantrag wegen Beleidigung gegen den Rechtsanwalt. In einem Berufungsverfahren gegen eines der besagten Urteile konnte auch die Richterin am Landgericht, Frau Cottäus, die Empörung gegen das Urteil nicht verstehen – die Verurteilung wurde bestätigt, das Strafmaß jedoch auf eine geringe Geldstrafe reduziert. Die Revision dagegen ist anhängig.

Die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ), der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) und die Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) kritisieren dieses Vorgehen der Justiz. Es kommt immer wieder vor, dass versucht werde strafrechtlich gegen engagierte Rechtsanwälte vorzugehen. In einem demokratischen Rechtsstaat müsse die Justiz Kritik ernst nehmen und Missstände in den eigenen Reihen aufarbeiten, anstatt gegen die Kritiker vorzugehen. „Das Vorgehen gegen Rechtsanwälte, die sich für ihre Mandanten und gegen Menschenrechtsverletzungen engagieren, mit den Mitteln des Strafrechts, ist den Betroffenen meist aus ihren Herkunftsländern bekannt.

Es muss aufhören, dass sie ähnliches nun auch in Deutschland erleben müssen!“, sagt Rechtsanwalt Dieter Hummel, Vorsitzender der VDJ.

Die VDJ, der RAV und die Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht im DAV verwahren sich entschieden gegen derartige Angriffe gegen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Die Organisationen weisen aber auch darauf hin, dass es vor allem darum gehen muss, den betroffenen Flüchtlingen einen Zugang zum deutschen Asylverfahren zu garantieren und ihre Rechte in diesem Verfahren effektiv zu schützen.

Weitere Informationen:

Den in der Mitteilung genannten Bericht in der Sendung ‚Report Mainz‘ vom 2.7.2013 habe ich für meine eigenen privaten Zwecke lokal gesichert.

Dieser Beitrag wurde unter Richter, Strafrecht veröffentlicht.

8 Antworten auf Eisenhüttenstadt – hatten wir doch schon mal?

  1. 1
    Bert Grönheim says:

    In welchem Umfang darf Prävention in Strafurteilen überhaupt als Begründung herangezogen werden? Bewegt sich die Argumentation des Gerichtes in Richtung Volksverhetzung? Eine solche Argumentation ist für mich auch vor dem Hintergrund des laufenden NSU-Prozesses bemerkenswert. Ich hatte angenommen, das Jonglieren mit ausländerfeindlichen Ressentiments sei inzwischen endgültig verpönt.

  2. 2
    ui-ui-ui says:

    So lautete die Argumentation für die damalige faktische Abschaffung des Asylrechts unter Kohl/Seiters: Zuzug in die sozialen Sicherungssysteme verhindern. Mölln, Lichtenhagen usw. waren damals Anlass für den Gesetzgeber, die Ursache für Ausländerfeindlichkeit bei den Ausländern zu suchen, nach dem Motto: Wir müssen verhindern, dass Ausländer angegriffen werden, also weg mit ihnen.

  3. 3
    aggiepack says:

    Sollte es sic h bei der in der obigen Pressemitteilung zitierten Richterin Petzoldt zufälligerweise auch um jene Richterin handeln, deren Namen in den Entscheidungen des BGH zu Az. 5 StR 555/09 und 5 StR 261/12 jeweils mit Pe. anonymisiert wurde, dann wundert mich nichts mehr:

    Eine Richterin Pe. des AG Eisenhüttenstadt hat nach der Darstellung in dem angefochtenen Urteil sich in dem Strafverfahren gegen ihren Richterkollegen, der ohne entsprechende Zuständigkeit mehrere Haftbefehle erlassen hatte und öffentlichkeitswirksam vollziehen ließ, dahingehend eingelassen, daß sie geneigt war Vorschläge und Anordnungen des Kollegen wie etwa Haftbefehle ohne eigene inhaltliche Überprüfung zu akzeptieren, da die von dessen überlegenen Kenntnissen ausging.

    Interessant ist dabei allerdings die sich daran anschließende Argumentationsschiene des BGH: konkrete Anhaltspunkte, die die Richtigkeit dieser Vermutung bestätigen würden, seien dem Urteil nicht zu entnehmen.

    Dieser Richterin ist man geneigt die gleichen Worte ins Stammbuch zu schreiben, die Herr Strate in seiner Verfassungsbeschwerde in Sachen Mollath gefunden hat:

    „Ein Richter .. liegt darin evidenterweise falsch und hat nicht verstanden, welche Rechtsgüter ihm anvertraut sind.“

  4. 4

    Erinnert mich an einen Kommentar einer Richterin, die mit der Rechtsprechung in den Fällen rassistischer Einlasskontrollen in Leipziger Clubs befasst war und sich gleich zu Beginn die Position der Beklagten zu Eigen machte: „Ja ja, die wollen doch nur Geld verdienen.“

  5. 5
    Raoul says:

    Danke für diesen Beitrag!

  6. 6
    anonymbleibender says:

    neue Entwicklungen:

    Staatsanwaltschaft prüft Gerichtsurteile gegen Asylbewerber

    http://www.moz.de/nachrichten/brandenburg/artikel-ansicht/dg/0/1/1172042/

    • Danke! crh
  7. 7

    […] auf den Bericht in der Sendung ‚Report Mainz’ vom 2.7.2013, auf den ich bereits am Freitag hingewiesen hatte, hat nun die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) den Sprengel betreten. Agenturmeldungen zufolge […]

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