Es ist eine bekannte Situation – der Konflikt zwischen einem Bürger und einem Polizeibeamten: Der Bürger fühlt sich zu Unrecht von dem Polizeibeamten behandelt und reklamiert dies, mal mehr, mal weniger deutlich. Der Polizeibeamte fühlt sich nun seinerseits von dem Bürger zu Unrecht behandelt. Und reagiert mit dem klassischen Dreisprung: Strafanzeige wegen Beleidigung, Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Es kommt zur Einleitung eines Ermittlungsverfahren und zur Anklage – gegen den Bürger.
Vor einer Berufungskammer des Landgerichts Berlin findet zur Zeit ein Strafverfahren zu diesem Thema statt. Angeklagt und erstinstanzlich verurteilt ist der Kollege Hans-Eberhard Schultz. Über den Verteiler der Vereinigung der Berliner Strafverteidiger bekam ich heute eine Pressemitteilung des Rechtsanwalts Schultz übermittelt, die ich nachfolgend weitergebe.
Ich halte es für sehr sinnvoll, daß dieses Verfahren von einer breiten Öffentlichkeit (z.B. am Montag, den 4.2.2013, Saal B 218 im Kriminalgericht) verfolgt wird. Es darf nicht sein, daß sich Bürger gegen Übergriffe von Polizeibeamten nicht mehr wehren, weil sie Angst haben müssen, ansschließend selbst selbst beschuldigt zu werden, eine Straftat begangen zu haben.
Mir sind die Details dieses konkreten Falls nicht bekannt. Aber dafür reichlich andere, die ich als Berliner Strafverteidiger bereits bearbeitet habe. Die Strukturen wiederholen sich. Leider.
Die europäische Kommission zur Verhütung von Folter und unmenschlicher Behandlung mahnt immer mal wieder an, eine „Kultur zu fördern, in der es als unprofessionell erachtet wird – und als Risiko für die Karriere – mit Kollegen zu arbeiten und zu verkehren, die zu Misshandlung greifen“.
Soweit sind unsere Strafverfolger noch nicht:
„Allzu oft führt Korpsgeist zur Bereitschaft, zusammen zu halten und sich gegenseitig zu helfen, wenn Beschwerden über Misshandlung erhoben werden, und sogar rechtswidrige Handlungen von Kollegen zu verdecken.“
Die Pressemitteilung ist vom 30.01.2013?
Nach deutschem Recht ist jeder Fall ein Einzelfall und auch als solcher zu betrachten. Insofern finde ich es nicht ganz angemessen, wenn das dann pauschal mit andern Fällen verglichen wird. Es gibt sicher Fälle, in denen sich Polizeibeamten daneben benehmen und diese Fälle sollten auch entsprechend verfolgt werden. Das gleiche gilt für Rechtsanwälte. Was in dem Fall wirklich passiert ist, scheint durchaus strittig. Es ist also auch nicht klar, ob der Vorwurf gegen den Rechtsanwalt nicht berechtigt ist. Und so sollte man das auch sehen: hoffen wir auf eine korrekte Entscheidung des Gerichts unter Berücksichtigung aller Fakten.
„„Menschenrechtsanwälte“ sind natürlich per se unfähig, Böses zu tun.“
Das gilt leider nicht für Polizisten, auch wenn diese das gerne für sich beanspruchen.
Das einzig Richtige wäre, solche Beamte konsequent aus dem Dienst zu entfernen. Und andere die solche Beamte decken gleich mit.
Was ist denn ein „Menschenrechtsanwalt“?
Ich halte es für etwas verfehlt von RA Schultz, sich als „Menschenrechtsanwalt“ zu bezeichnen. Soweit ersichtlich ist das kein geschützter Titel. Sonst könnte ich mich, wenn ich denn konsequent als Tierschutzrechtler auftrete, mich auch als „Tierschutzanwalt“ bezeichnen. In diesem Fall wirkt das alles etwas zu aufbauschend und effekthascherisch (sollte hier schon für die BILD eine passende Überschrift vorgegeben werden?) Es muss nicht für jedes Rechtsgebiet ein neuer Begriff erfunden werden…
Ungeachtet dessen sehe ich aber den Kern des Problems als gegeben an: Als Beschuldigter, der sich idR. zwei oder mehr Polizeibeamten gegenüber stehen sieht, wird in der Regel keine Chancen haben, soweit ihm tatsächlich Unrecht geschieht, dies jemals beweisen zu können. Ich denke da an Beleidigunen, Erniedrigungen (Drogenopfer, Schwuchtel, Junkie,…) oder „kleinere“ Handgreiflichkeiten, die aber durchaus ihre Wirkung und ihren Zweck nicht verfehlen, selbstverständlich aber nicht dauerhaft nachweisbar sind.
Das generelle Problem ist hier, dass gerade in diesen Situationen die Macht des Staates (Stichwort: Subordinationsverhältnis des Bürgers zum Staat) über den Bürger herfällt, sodass dieser nur gehorchen oder sich glücklich schätzen kann, wenn er denn an korrekte Polizeibeamte gerät.
Sicherlich ist es auch wichtig, in Form von Strafschärfungen im Bereich des § 113 StGB auf die gestiegene Gewalt ggü. Polizisten zu reagieren. Allerdings darf dies dann im Gegensatz auch nicht dazu missbraucht werden, unsympathische oder unliebsame Bürger mithilfe des klassischen Dreisprungs einen hinterher rein zu würgen.
Ach das is doch der typische Fall.
Genervter Polizist,weil er ständig sone Schei**e im linken und rechten und multikulti Berlin erleben muss, bittet höchstwahrscheinlich „ja geh mal 15 meter weiter“
Notorischer Rechthaber, Querulant, „Rechte“beharrer und Weltverbesserer weigert sich dieser einfachen und das demonstrations- oder sonstigen Rechte nichtmal einschneidenen Anordnung nachzukommen und fängt an zu diskutieren und zu labern etc. Der Polizist, der sich mit seinen 10 Kollegen eh einem zahlenmäßigen Ungleichgewicht ausgesetzt sieht, sich eh alles gefallen lassen muss, hat kein Bock auf die selbe Diskussion und wird ruppig..
wo liegt das Problem? Das einfach mal beide Seiten lockerer werden müssen. Ich hatte auch auf Demos nie Probleme mit Polizisten. Auch ich wurde schon gebeten 20-30 Meter weiterzugehen. Auch ich wusste, dass diese Anordnung eigentlich auf sehr wackligen Füßen steht… aber hallo wegen 30 Metern macht man keinen Streß.
Kann sein, dass dieser Fall anders ist, 90% aller „Polizeigewaltopfer“ sind aber garantiert Querulanten, die zwischenmenschlich keinen Millimeter weichen und jede Chance zum Stänkern suchen
Auch wenn ich Ihre Ausführungen zum „Miteinander“ für richtig halte sehe ich nicht ein, warum ein Polizist eine Anordnung ohne rechtliche Grundlage treffen können soll.
Vor allem aber muss man Diese nicht befolgen.
Bei einem, der sich selbst als „Menschenrechtsanwalt“ nennt, kann man sich unschwer vorstellen, wie sich die Sache abgespielt hat.
Hoffentlich ist die Berufung der Staatsanwaltschaft erfolgreich.
Ich dachte immer, Dientnummern haben Polizisten nur in schlechten Filmen.
„Vor allem aber muss man Diese nicht befolgen.“
Echt? Vielleicht könnte die Bitte als Minus oder vorstufe zum Platzverweis erfolgen (im Sinne einer verhältnismäßigkeit)?
Im übrigen hat ein Widerspruch gegen eine Maßnahme eines Polizeivollzugsbeamten keine aufschiebende Wirkung. Also: Erstmal befolgen – dann klagen.
Was haben wir gelernt? Ein folgerichtigen Freispruch. Sogar ein sichtlich zerknirschter StA muss Freispruch beantragen. Soweit so gut. ABER…. wieso kommt der Videobeweis, der die Beamten Lügen straft, erst auf Anregung des Verteidigers? Ja die objektivste Behörde der Welt hat da wohl was übersehen.
Was wäre passiert, wenn es den Videobeweis nicht gegeben hätte? Auch Freispruch?
Ein gutes und richtiges Urteil…. aber ein schaler Beigeschmack hinsichtlich der Polizei bleibt.