Die KFZ-Versicherer müssen darauf achten, daß ihr Geld nicht an den Falschen gerät. Wenn es sich vermeiden läßt, sollten die Prämien der Versicherten möglichst im Hause bleiben. Damit sie nach Abzug von Betriebsausgaben für hübsche Immobilien und Vorstandsgehälter an die Aktionäre ausgeschüttet werden können.
Ein Schwerpunkt der Ausgabenvermeidung liegt bei der Entdeckung fingierter Verkehrsunfälle. Beliebt ist auch die „Umwidmung“ von echten Unfällen in fingierte. Für diese Aufgaben beschäftigen die Versicherer spezielle Spezialisten.
Wer vermeiden möchten, daß ein Verkehrsunfall als gestellter Unfall entdeckt oder qualifiziert wird, sollte sich den Beitrag im JURION Strafrecht Blog anschauen. Der Herr Kollege Burhoff schreibt dazu eine Art Bedienungsanleitung. Nunja, eigentlich nicht ganz so direkt und deutlich. Man muß einen Umkehrschluß ziehen.
Also, diejenigen, die das Entdeckungsrisiko eher gering halten möchten, aber nicht imstande sind, das, was bei Jurion steht, zu übersetzen, seien auf folgende Punkte hingewiesen:
- Möglichst keine vorgeschädigte Fahrzeuge, keine Altfahrzeuge oder kurzzeitig versicherte Fahrzeuge nutzen.
- Der Unfallhergang sollte nicht allzu einfach sein.
- Keine abgelegene Unfallorte aussuchen.
- Nicht an zu späten Tages- bzw. Nachtzeiten fingieren.
- Unerklärliche Fahrfehler vermeiden.
- Der Unfallhergang sollte plausibel sein.
- Möglichst mehrere unabhängige Zeugen sollten den Unfall beobachten.
- Keine Beteiligung von Gebrauchtwagenhändlern oder KFZ-Schraubern am Unfall.
- Keine Verwandschaftsbeziehungen unter den Beteiligten.
- Stets eine Nachbesichtigung anbieten.
- Möglichst das Auto nicht sofort verkaufen.
- Der Schuldige darf sein Verschulden nicht sofort und uneingeschränkt einräumen.
- Die Beteiligten sollten möglichst vermögend sein, wenn das Auto teuer ist; Hartzies fahren Kleinwagen.
Anmerkung für die Juristen unter den Unfallverursachern: Vgl. zusammenfassend Arendt, NJW-Spezial 2005, 447.
Herr Burhoff zeigt anhand eines abschreckenden Beispiels auf, wie man es nicht machen sollte.
In diesem Fall wurde der begehrte Schadensersatz in die Anschaffung eines Chefsessels für den Aufsichtsrat investiert, weil
- das Unfallgeschehen nicht plausibel geschildert worden ist,
- das Unfallgeschehen in einer Einbahnstraße als Streifschaden ohne Eigenrisiko einfach zu inszenieren war,
- der Unfall sich auf einer abgelegenen Einbahnstraße zur Nachtzeit gegen 23.45 Uhr ereignete , so dass mit Zufallszeugen sicher nicht zu rechnen war,
- die beteiligten Fahrzeuge kurz vor dem Unfall angeschafft und sogleich wieder veräußert wurden und
- eine fiktive Abrechnung bei einer Reparatur in Eigenregie zu einem 10x so niedrigen Aufwand erfolgte.
Tja, da fehlte es an einer kompetenten Beratung vor dem Unfall. ;-)
Ernsthaft:
Die Versicherer beschäftigen tatsächlich Mitarbeiter, die im Zweifel seit vielen Jahren nichts anderes machen, als gestellte Unfälle aufzudecken. Denen stehen alle technischen Möglichkeiten offen, von Rekonstruktionsgutachten bis hin zu Datenbanken. Wer sich mit diesen Leuten anlegen will, braucht einen soliden Hintergrund. Das Entdeckungsrisiko ist enorm.
Auch wenn man sich die im Einzelfall recht heftigen Rechtsfolgen der §§ 263, 265 StGB und vielleicht noch die des § 315b StGB anschaut, scheint es ganz klug zu sein, die Finger davon lassen. Und den Versicherungsfritzen ihre Mahagoni-Schreibtische zu gönnen.
Nur: Was machen die, die einen echten Unfall haben und trotzdem einen oder zwei Aspekte nicht schlüssig erklären können (weder der Versicherung noch dem eigenen Anwalt)?
Ein Mandant hatte einen Autounfall mit einer ihm völlig fremden Dame aus einem anderen Bundesland. Doof: der Unfall erfüllte alle Kriterien eines gestellten Unfalls. Die Klage gegen die Versicherung auf Schadensersatz wurde abgewiesen. Aber nicht genug: aufgrund der Urteilsgründe, die die vermeintlichen Anhaltspunkte für einen gestellten Unfall vollständig aufführten, folgte auch noch ein Strafverfahren wegen versuchten Betruges. Erst in der strafrechtlichen Hauptverhandlung konnte ein technischer Sachverständiger die beiden verdatterten und völlig seriösen Angeklagten, die nie zuvor mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren, entlasten, so daß sie freigesprochen wurde.
Das zivilgerichtliche Urteil war indessen rechtskräftig und der Mandant blieb auf seinem Schaden sitzen. Diese „Checklisten“ für gestellte Unfälle können daher schnell den Falschen treffen, besonders wenn Richter diese einfach unkritisch zur Grundlage ihres Urteils machen.