Neue Fahrerlaubnis, neues Glück!

Unser Dauer-Mandant Wilhelm Brause war ein Vielfahrer. Manche würden sagen, ein Viel-zu-schnell-fahrer. Trotz erheblicher und oft auch erfolgreicher Gegenwehr stapelten sich seine Punkte in Flensburg

Gut 20 Stück waren es dann schon. Aber durch die geschickte Verteidigung – auch mit taktierenden Verzögerungen, Einspruchs-Rücknahmen, Ausnutzung der Schwerfälligkeit der Behörden usw. – konnten wir verhindern, dass die Pappe das Plastik damit schon weg war, obwohl er die rote 18er-Linie schon überschritten hatte.

Das war aber alles sehr aufregend für ihn. Und um sich zu beruhigen, nutzte Brause die Wirkung einer altbekannten THC-haltigen Heilpflanze. Leider wurde er auch damit erwischt. Da half dann auch keine Taktiererei mehr: Die Fahrerlaubnisbehörde entzog ihm die Fahrerlaubnis.

In sich gegangen und geläutert überkam Wilhelm Brause nun die Angst, dass er seine Fahrerlaubnis erst wieder beantragen kann, wenn seine alten Punkte durch Ablauf der Tilgungsfristen gelöscht würden. Oder bekommt er die Fahrerlaubnis später nur mit der 20-Punkte-Hypothek zurück?

582285_web_R_by_Marianne J._pixelio.deIch konnte unseren Wilhelm beruhigen: Auch die schlimmsten Amputationen – die Entziehung der Fahrerlaubnis ist eine solche! – bergen etwas Gutes in sich. Nach der Entziehung ist der § 4 Absatz 2 Satz 3 StVG ein Freund von Herrn Brause: Diese Vorschrift regelt nämlich, dass durch den Entzug der Fahrerlaubnis alte Punkte im Verkehrszentralregister gelöscht werden.

Ist die Fahrerlaubnis entzogen oder eine Sperre […] angeordnet worden, so werden die Punkte für die vor dieser Entscheidung begangenen Zuwiderhandlungen gelöscht.

„Neue Fahrerlaubnis, neues Glück!“ lautet also die Devise. Den (ehemaligen?) Dauergast in unserer Kanzlei erwartet in Kürze eine funkelnagelneue Fahrerlaubnis mit einem Nullpunktekonto in Flensburg.

Bildquellenangabe: Marianne J. / pixelio.de

Dieser Beitrag wurde unter Ordnungswidrigkeitenrecht, Verkehrs-Strafrecht veröffentlicht.

10 Antworten auf Neue Fahrerlaubnis, neues Glück!

  1. 1
    Tilman says:

    Keine MPU? Oder MPU erfolgreich durchgelaufen?

    • Ja. crh
  2. 2
    Willi says:

    Na ja, das wird nicht lange so sein. Und bei allem Verständnis dafür, dass Punkte durchaus mal „passieren“ können – 20 Stück, und dann noch THC?

    Darf man dem Verkehrsrechtler eigentlich zu so einer lukrativen Beute gratulieren oder ihn drum beneiden?

    • „Strafverteidiger sind nicht dazu da, Mutter Theresa zu verteidigen.“ sagte der französische Rechtsanwalt Jacques Vergès. Das gilt auch für das Verkehrsstrafrecht. crh
  3. 3
    Barbara K. says:

    Ich hab mich das auch schon gefragt: wärs nicht besser, wenn solche Leute (die offensichtlich absolut keine Rücksicht auf Verkehrssicherheit oder Regeln nehmen) KEINEN Schein mehr hätten? MUSS man denn wirklich jedem Vollpfosten dazu helfen, seinen Schein so schnell wie möglich wieder zu bekommen, damit er wieder wie ein Irrer fahren kann?

    • Die Überschreitungen von Höchstgeschwindigkeiten und der einmalige (!) Genuß (sic!) einer Tüte Gras reichen nicht, um aus einem Fahrer mit 15-jähriger unfallfreier Karriere und nach mehr als 1 Mio. Kilometern Fahrstrecke einen Irren zu machen. Irre sind allenfalls Kommentare, denen es an einer sachlichen Grundlage fehlt und deren Autoren sich trotzdem trauen, sie öffentlich zu äußern. Meinen sie nicht? crh
  4. 4
    ???? says:

    Sie haben es geschafft, mir einen gehörigen Schreck einzujagen.
    Der Text beginnt: Unser Dauer-Mandant Wilhelm Brause WAR ein Vielfahrer.
    Mein Gott, ich habe gedacht, Brause sei gestorben.

    Aber Sie haben ihn aus dieser Nummer rausgeholt.

  5. 5
    Andreas says:

    In einem Verfahren nach Widerspruch gegen einen Strafbefehl habe ich mal als Referendar eine deutlich kürzere Sperrfrist beantragt als im Strafbefehlsantrag vorgesehen war. Als ich das in der Nachbesprechung bei der StA mit außergewöhnlichen persönlichen Umständen (Fahren ohne Fahrerlaubnis in einer Ausnahmesituation) begründete, meinte der StA dass das viel zu gnädig gewesen sei – aber egal – da es nahezu unmöglich sei, die MPU zu bestehen…

  6. 6
    Barbara K. says:

    Lieber CRH, als jemand, der von genau so einer Person (20 Jahre unfallfrei, mehr als 1,5 Millionen km gefahren), welche mit stark überhöhter Geschwindigkeit unterwegs war, niedergefahren wurde, sehe ich mich nicht als irrer Kommentator. Personen, die es schaffen, bereits 20 Punkte auf dem Konto zu haben und DANN auch noch unter Drogeneinfluss fahren, haben für mich einfach die Berechtigung, einen Führerschein zu besitzen, verloren. Dass Sie als begeisterter Rennfahrer Geschwindigkeitsübertretungen scheinbar als Kavaliersdelikt betrachten ist Ihre Sache – ich als Unfallopfer seh das halt anders.

  7. 7
    Engywuck says:

    “ wie ein Irrer fahren “ ist nicht dasselbe wie „der Fahrer ist ein Irrer“

    abgesehen davon schließe ich mich Barbara K. weitgehend an (ohne allerdings selber Unfallopfer gewesen zu sein). Wer einen solchen Punktestand als Autofahrer(!) zustande bekommt darf gern auch mal lange Zeit probieren, wie es „ohne“ so ist. Zum Glück ist „Führerschein besitzen“ ja kein Menschenrecht.

  8. 8
    Senfgnu says:

    Ja, es ist schwierig, 20 Punkte zu bekommen. Trotz vieler Bemühungen kam ich bspw. nie über 3.

    Allerdings habe ich kein Problem damit, wenn solche Leute verteidigt werden. Herr Verges hatte da schon absolut recht. Und gegen seine Klientel sind 20 Punkte nun garnichts ;)

  9. 9
    ui-ui-ui says:

    Wie viele Punkte wären das nach neuer Rechnung?

  10. 10
    mööp says:

    „Strafverteidiger sind nicht dazu da, Mutter Theresa zu verteidigen.“

    Weil dies ein hoffnungsloser Fall gewesen wäre?
    http://de.wikipedia.org/wiki/Mutter_Teresa#Kritik