Aus dem Schlußbericht der Polizei in einer Ermittlungsakte ergibt sich, daß man auch mit einer schweren Krankheit nicht arm dran sein muß – solange man sich nicht erwischen läßt.
In diesem Fall ist man einem Apotheker auf die Schliche gekommen. Im Zusammenhang mit den Durchsuchungen seiner Daten- und Abrechnungsbestände (und der der beteiligten Krankenversicherer) hat man dann weitere Personen ermittelt, die mit ihren Viren Geld verdient haben sollen:
Ärztetourismus
Im Rahmen dieser Datenauswertung fiel der hier Besch. E. für den o.g. Tatzeitraum weiterhin mit über dem Normalbedarf verordneten Mengen an HIV- Präparaten auf. Zudem sucht der Besch. zwei Ärzte gleichzeitig zur Behandlung seiner HIV- Erkrankung auf.
Durch den Versicherten werden monatlich verschiedenen Ärzte zur Ausstellung von Verordnungen für HIV- Präparate aufgesucht, ohne dass die Verordnenden etwas von den HIV-Therapien des jeweils anderen Arztes wissen. Der Versicherte lässt sich also über den normalen Therapiebedarf hinaus, HIV- Präparate verschreiben.
Einen Teil der Medikamente nimmt er zur Behandlung seiner Erkrankung auch tatsächlich ein. Die übrigen Verordnungen werden durch den Versicherten, gegen Bezahlung, in der Apotheke abgegeben, ohne dass die verordneten Medikamente tatsächlich ausgegeben werden. Der Apotheker rechnete dann die Verordnung ggü. der Krankenkasse ab, ohne die hochpreisigen Präparate je eingekauft und abgegeben zu haben.
Die jährlichen Therapiekosten belaufen sich in der Regel auf ca. 15.000 € bis 16.000 € allein für die HIV-Präparate. Der Besch. erhielt HIV-Medikamente im Wert deutlich über dem Normalbedarf verordnet (Gesamt 54.502,50 €). Für den Tatzeitraum beläuft sich der Schaden, abzüglich eines Eigenbedarfs von 20.000 € pro Jahr, somit auf 9.502,50 €.
An und für sich keine dumme Idee. Das Entdeckungsrisiko für den Touristen liegt aber bei nahezu 100 %, weil er stets mit vollem Namen auftreten muß. Auch Apotheker und gegebenenfalls der (zweite) Arzt wird in aller Regel Bedarf an einer professionellen Strafverteidigung bekommen, weil auch sie nicht unter „unbekannt“ geführt werden.
Lediglich für den Vermittler dieser Geschäfte, also derjenige, der von HIV-Kranken die Rezepte bekommt, um sie an den Apotheker zu verkaufen, hat eine Chance, unerkannt zu bleiben. Solange die beiden Entdeckten ihn nicht verraten keine Aufklärungshilfe leisten.
Auch wenn sie begrenzt sind, es gibt sie, die Spielräume für eine effektive Strafverteidigung. Jedenfalls beim zu erwartenden Strafmaß.
Wie soll das gehen, dass ein Tourist sich hier krankenversichert und die Versicherung dann einfach so mehrere teure Behandlungen zahlt, das zahl doch auch die Reiseversicherung nicht…