Vielleicht ist Galgenhumor auch notwendig, um so einen Job zu machen. Hier mal ein fast belletristischer Tätigkeitsbericht der Polizei vom Nikolaustag:
Am 06.12.2012, gegen 19.55 Uhr, erhielten wir den Auftrag zur Dingensstr. 1, 10000 Berlin zu fahren. Einsatzanlass war eine randalierende Person in einer Wohnung. Gemäß Einsatzmeldung sollte die Person ihre Einrichtungsgegenstände aus dem Fenster werfen und herumbrüllen.
Am Einsatzort wurden wir von einem Mieter des Hauses auf die Wohnung des Betroffenen im Erdgeschoss hingewiesen. Vor dem Fenster und in direkter Umgebung lagen diverse Einrichtungsgegenstände, Teile von Möbelstücken, Geschirr und Lebensmittel. Aus der Wohnung war unverständliches Geschrei zu hören.
Da der Wohnungsinhaber seine Tür nicht öffnete und auch auf unsere Ansprache durch das offenstehende Fenster der Küche nicht reagierte, betraten wir durch das Küchenfenster die Wohnung.
Bereits die Küche machte einen völlig verwahrlosten Eindruck. Als wir das an die Küche angrenzende Wohnzimmer betraten, saß dort der Betroffene auf einem kleinen Sofa (Zweisitzer). Lediglich dieses und der davor stehende Tisch waren noch (zumindest teilweise) als Möbelstücke zu erkennen. Alle anderen Möbel lagen zerschlagen und wild durcheinander im Wohnzimmer verstreut und blockierten die Zugänge zum Schlafzimmer und zum Korridor der Wohnung.
Herr Bullmann saß völlig apathisch im Wohnzimmer und war alkoholisiert. Er nahm uns erst wahr, als wir ihn direkt ansprachen.
Zu seinem Befinden befragt gab der Betroffene an, dass es ihm gut ginge und wenn wir ihn in die Küche begleiten würden, wo er sich die Pulsadern aufschneiden wolle, würde es ihm noch besser gehen. Hinsichtlich der Ernsthaftigkeit dieser Äußerung befragt, bestätigte der Betroffene nochmals, dass er aus dem Leben scheiden wolle.
Unser Angebot, ihn in ein Krankenhaus verbringen zu lassen, wo er sich die beim Randalieren zugezogenen Verletzungen behandeln lassen könnte und auch sich hinsichtlich seines Wunsches, aus dem Leben zu scheiden, mit einem Arzt unterhalten könne, stimmte er zunächst zu.
Durch einen angeforderten RTW wurde der Betroffene zum St.-Irgendwas Krankenhaus verbracht. Auf der Fahrt dorthin änderte der Betroffene jedoch seine Meinung und entschied, auch ohne ärztliche Beratung aus dem Leben scheiden zu wollen.
Im Krankenhaus wurde der Betröffene der diensthabenden Ärztin der Psychiatrie, Frau Dr. Sorgsam, vorgestellt. Diese sah, aufgrund eines neuerlichen „Ausrasters“ des Betroffenen bei der ersten Kontaktaufnahme, eine stationäre Aufnahme für erforderlich an.
Ja, der Bericht ist ein wenig unernst. Der traurige Hintergrund bleibt aber deutlich erkennbar, genauso wie das Bemühen der Beamten um das Wohlergehen des hilflosen „Betroffenen“, dem es zwischenzeitlich wieder einigermaßen gut geht.
Da es in diesem Land mittlerweile soweit gekommen ist, dass Maßnahmen von Polizeibeamten prinzipiell erstmal abgelehnt und kritisiert und im schlimmsten Falle sogar öffentlich durch die nicht zuständige Stelle(=z.B. „Fach“presse) verfolgt werden, kann man es durchaus nachvollziehen, dass bei der Unterbringung die vorher stattfindenden Momente mehr als ausführlich niedergeschrieben werden.
Niemand will sich als Polizist vorwerfen lassen einen zweiten Fall Mollath zu provozieren oder am Ende für Verletzungen des Untergebrachten zur Verantwortung gezogen werden
Eigentlich traurig
Ich empfehle, den Namen des Betroffenen unkenntlich zu machen (5. Absatz)
Der Bullmann ist den Bloglesern schon so altbekannt wie Wilhelm Brause. Der Betroffene heißt daher soviel Bullman wie du Jan Überdemgraben.
herr bullmann wird bereits die unkenntlichmachung sein.
wobei ich einen herren mit selbigen namen kenne, werd mal anrufen wie sein befinden ist (:
„Bullmann“ ist in diesem Blog ein gebräuchlicher Blankettname…
Ohne Quatsch. Ich finde die Herangehensweise des Polizeibeamten einigermaßen menschlich. Auch aus Wortwahl und Satzbau spricht allgemeinmenschliche Anteilnahme ohne Sarkasmus. Ist schon ok so.
Ich halte mich selber eigentlich nicht für humorlos. Wo bitte ist der Bericht ‚unernst‘?
Ich lese da eine objektive und gut nachvollziehbare Beschreibung vom Vorgang, garniert mit ein Stück Menschlichkeit, Augenmaß und Verantwortung.
Wie man sieht, kann man auch in den Polizeireihen seinen Job gut machen.
@bulli: Nicht aller Humor kommt als Kalauer daher, auch wenn uns die aktuelle Generation der „Comedians“ das weismachen möchte. „Unernst“ formuliert ist z.B. der letzte Satz des vorletzte Absatzes.
@bartdude
Vielen Dank für die Kalibrierung. ;)