Nach einem Auffahrunfall mache ich für unseren Mandanten Schadenersatz geltend. Der Kfz-Sachverständige hatte ausgerechnet, dass die Reparatur inklusive Mehrwertsteuer rund 6.800 Euro kosten wird. Nachdem sich die Versicherung des Unfallgegners etwas Zeit ließ, um die volle Haftung zu übernehmen, hat unser Mandant die Instandsetzung vorfinanziert. Die Werkstatt wollte ein wenig mehr, nämlich inklusive Steuern sage und schreibe 6.900 Euro. Jetzt überweist die gegnerische Versicherung 6.000 Euro und schreibt folgendes:
Wir haben den SV um Rechnungsüberprüfung gebeten. Dieser ist nicht bereit diese durchzuführen, da wir seine Rechnung gekürzt haben. Bitte veranlassen Sie, daß der SV unabhängig von der Frage seiner Rechnung, seiner Verpflichtung nachkommt.
Erst kürzt man die Rechnung und wundert sich dann, wenn der Sachverständige keine Lust verspürt, eine Differenz von 100 Euro zu erläutern? Hätte ich auch nicht.
Ich frage mich ernsthaft, ob dieses grundsätzliche Kürzen von Ansprüchen nicht statt zu Einsparungen zu weiteren (vermeidbaren) Kosten für die Versicherungen führt.
Sobald ein Anwalt eingeschaltet wird (das muss man in diesen Fällen uneingeschränkt empfehlen) wird es doch nur noch teurer.
Soll eigentlich lauten:
Bitte veranlassen Sie, daß der SV unabhängig von der Frage seiner Rechnung, seiner Verpflichtung nachkommt (… sonst kürzen wir IHRE Rechnung auch noch!!111).
Das wird die Versicherung ohnehin tun, da unsere Tätigkeit ja weder umfangreich, noch schwierig war/ist. (thk)
Ist nicht die Rechnung des Sachverständigen gekürzt worden und der will deshalb nicht arbeiten?
Vielleicht weiß er ja auch einfach nicht, was eine Rechnungsürüfung ist.
Jetzt hab ich es auch gemerkt und korrigiert. Danke für den Hinweis. :) (thk)
Die willkürliche Kürzung der Rechnung eines Sachverständigen oder sonstigen Dienstleisters ist nach geltender BaFin-zertifizierter deutscher Versicherungsrechtsauffassung im reinen Interesse der Versicherer grundsätzlich zulässig. Bordell-, Champagner-, Ferrari- und Großbildfernseherzuschläge stehen ausschließlich den Vorständen deutscher Versicherer, sehr engen Mitarbeitern und guten Bekannten bei den Aufsichtsbehörden zu und müssen mit Top-Arbeitsleistung seriös erwirtschaftet werden.
Also so klar sehe ich hier den schwarzen Peter nicht verteilt. Kann ja auch sein, dass die Versicherung die Rechnung des SV zu recht gekürzt hat … und dieser verweigert jetzt – fast schon erpresserisch – die weitere Leistung.
Was würden wir denn zu einem Vermieter sagen, der sich wegen einer Mietkürzung in anderer Sache weigert, die Heizung zu reparieren?
Der SV soll seine Leistung erbringen und ggf. seinen Anspruch auf Bezahlung einklagen …
Warum es allerdings das Problem des Geschädigten sein soll, den SV an seine Pflicht zu erinnern erschließt sich mir nicht …
Ich habe es in letzter Zeit mehrfach erlebt, daß Versicherer Rechnungen von Kfz-Sachverständigen willkürlich kürzen. Sonderlich erfolgreich dürfte die Strategie indes nicht sein.
So wurde in einem Fall nach Klageerhebung sofort gezahlt, in einem anderen Fall die restliche Zahlung bereits nach bloßer Klageandrohung umgehend erbracht.
Eine Entscheidung „meines“ Amtsgerichts am Kanzleisitz, mit welcher der Kürzungspraxis eine Absage erteilt wurde, liegt auch bereits vor.
Handelt es sich um eine neue Masche frei nach dem Motto: „Mal schauen, wer es sich gefallen läßt“?
So neu ist die Masche nicht. Wir haben in den letzten drei Jahren Klagen allein wegen gekürzter Sachverständigenkosten in geschätzt oberer zweistelliger Anzahl erhoben.
In nicht einem Fall wurde die Klage abgewiesen.
Meist wurde nach Klageerhebung gezahlt oder es konnte ein Vergleich geschlossen werden, bei dem unterm Strich für den Mandanten noch ein weitere Zahlung herauskam – und für die Versicherung nur unnötige Kosten.
Anscheinend rechnet es sich aktuell wohl noch. Es gibt wohl genug Leute, die dann Ruhe geben, denn das Geld ist ja fast komplett da und wegen den paar Euro den weiteren Aufwand scheuen. Solange das noch genug machen, werden die unseriösen Versicherungen auch weiter kürzen. Ergo (haha, Wortspiel) sollte nicht nur der Preis über eine Versicherung entscheiden.
Dummdreist, einfach nur dummdreist! Zudem weiß schon jeder Anfänger in der Schadensregulierung, dass ein Sachverständigengutachten nur eine Prognose dar-stellt und die tatsächlichen Reparaturkosten – von offensichtlichen Ausreißern einmal abgesehen – entscheidend sind.
Instandsetzung vorfinanziert? Da tut sich doch schon ein neues Schlachtfeld auf! ;-)
Prognoserisiko war der Sachbearbeiterin kein geläufiger Begriff. Ich habe es telefonisch nochmal probiert. Nun ist die Klage raus. (thk)
[…] kein Aprilscherz […]