Es geht nicht um ein Vermögen und es wird uns nicht ruinieren, wenn wir noch ein wenig warten. Aber bemerkenswert ist dieser – sicherlich freundlich gemeinte – Hinweis der Geschäftsstelle durchaus:
Also, ich erkläre das mal für den Laien verständlich:
Es liegt hier ein Fall der notwendigen Verteidigung vor. Das Gericht muß also einen Pflichtverteidiger bestellen (§ 140 StPO). Der Pflichtverteidiger wird dann im Auftrag des Gerichts für den Mandanten tätig. Dafür muß die Justizkasse eine gesetzlich vorgeschriebene Vergütung zahlen (nebenbei: etwa 20 % (bis zu 45%) unterhalb der gesetzlichen (Standard-)Vergütung für einen Wahlverteidiger).
Wenn der Verteidiger bestellt ist, muß er sofort die Tätigkeit aufnehmen. Das weiß der Gesetzgeber, deswegen hat er für diesen Fall vorgesehen, daß der Verteidiger auch sofort seine – zumindest die bereits angefallene – Vergütung verlangen kann, § 47 RVG. Das macht der Verteidiger mit einem Antrag, dem Kostenfestsetzungsantrag. So die Theorie.
Jetzt aber zurück zum Fall: Der Verteidiger ist bestellt, er ist bereits tätig geworden und er will/wird weiter tätig werden. Daher beantragt er nun, daß das Gericht (genauer: die Justizkasse des Landes) seine Vergütung dafür zahlt. Eigentlich kein Ding, alles im Rahmen der dafür vorgesehenen Gesetze.
Und nun bekommt der Verteidiger statt des verdienten Lohns aber die besagte Wartemarke: In drei Monaten möchte sich das Gericht den Antrag nochmal anschauen, wenn die Akte (hoffentlich) vom Gutachter wieder zurück gekommen ist. Und da dieser Gutachter einer von der bekannteren und beliebteren Sorte ist, können daraus auch schonmal vier oder fünf Monate werden.
Was dann nach Rückkehr der Akte auf der Geschäftsstelle folgen könnte, hatte ich bereits hier (an einem Berliner Beispielsfall) dargestellt.
Ganz bestimmt steht hinter diesem Prozedere kein böser Wille. Aber auch der schiere Wahnsinn (dem übrigens der Sachverständige auf die Spur geschickt wurde) ist keine Entschuldigung dafür, daß hier irgendwas heftig krumm läuft.
Wir werden uns darum bemühen, die Sache wieder gerade zu biegen. Aber ernsthaft.
Erinnert mich an meinen Einspruch zum Steuerbescheid. Wartezeit zur Bearbeitung: 10 Jahre.
Für solche Fälle, d.h. wo die Leistung bereits erbracht aber noch nicht abgenommen/geprüft ist, gibt´s in anderen Branchen das Instrument der Abschlagszahlung … das wär doch mal was …
§ 47 RVG ist eigentlich das Instrument für Abschlagszahlungen. Diese könnten aber – ohne Vorliegen der kompletten Originalakte – nicht festgesetzt werden, so die Logik der Justiz.
Ich habe schon erlebt, daß ein Vorschußantrag während des jahrelangen Ermittlungsverfahrens, des Zwischenverfahrens und während der ganzen ersten Instanz trotz zahlreicher Erinnerungen nicht bearbeitet wurde. Immer war die Akte unterwegs und etwas Wichtigeres zu tun (die Zwischenrechnungen der Sachverständigen wurden hingegen bearbeitet). Nach der ersten Instanz ging die Akte ohne Bearbeitung der entsprechenden Rechnung an das Berufungsgericht, schließlich ohne Bescheidung des diesbezüglichen und des vorherigen Kostenantrags an das Revisionsgericht, auf die Revision wieder an das Landgericht (ohne Bearbeitung der entsprechenden Kostenanträge), usw. Jahre später erhält man dann seine Vergütung (gemindert um die Inflation und ohne Zinsen).
Das sind aber glücklicherweise Ausnahmefälle. In 95% der Fälle werden Vorschußanträge binnen 1-2 Monaten bearbeitet.
Vielleicht eine blöde Frage, aber kann man in so einem Fall nicht Zinsen berechnen (oder macht man das schon)?
@Jens – Können kannst Du, bekommen wirst Du sie bei wachsamen Kostenprüfern nicht. Die Fälligkeit der Gebühr des beigeordneten Anwaltes wird durch ihre Festsetzung begründet (hL). Dass zwischen Antragseingang und Festsetzung Zeit verstreicht, ist ein Pech, das am Anwalt klebt.
Bei uns in der Alpenrepublik südlich des Rheins gibt’s das schöne Instrument der Rechtsverzögerungsbeschwerde, welches sich direkt an die Beschwerdeinstanz der relevanten Behörde richtet (darin der Unterschied zur formlosen Aufsichtsbeschwerde). Dass diese in der Theorie besser funktioniert als in der Praxis, ist ein anderes Thema, aber gibt’s das in Deutschland nicht? Oder wird das einfach nicht verwendet, da ohnehin zwecklos?