Witzige Bewachung durch den Hilfspolizisten

Arbeitsrecht gehört nun nicht gerade zum Kernangebot unserer Kanzlei. Eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg (27 Ca 207/13) hat es trotzdem verdient, hier vorgestellt zu werden.

Es gibt da einen humorvollen Polizisten, dessen Arbeitsplatz in einem Container liegt. Böse Zungen sprechen von einer „Wachtel“. Denn er soll als Angestellter im Polizeidienst aufpassen, daß der Schule der Jüdischen Gemeinde in Rotherbaum nichts passiert. Das ist nun nicht gerade ein abwechslungsreicher Job: Tagein, tagaus die Vögelchen zu zählen, die ihre Runden über das Schulgelände ziehen. Da kommt man schon mal auf andere Gedanken.

Um – natürlich nur in den Pausen – für Ablenkung zu sorgen, hat der Wachtmeister ein Spielzeug in den Container mitgebracht. Einen Totenkopf. Damit der Schädel nicht friert, hat er ihm seine Mütze aufgesetzt. Das Arrangement wird – mit der jüdischen Schule im Hintergrund – abgelichtet und den „Freunden“ bei Facebook zur Verfügung gestellt.

Die Freie und Hansestadt Hamburg nahm dies zum Anlaß, den Wachmann vor die Tür zu setzen. Zu Unrecht, wie die Witzbolde beim Arbeitsgericht nun meinten. Die Richter folgten der Argumentation des Polizeidienstlers: Der Totenkopf mit Polizeimütze vor einer Jüdischer Schule stehe in überhaupt keinem Bezug zu den SS-Totenkopfverbänden. Es sei nur ein Scherz-Foto gewesen.

Nach Auffassung des Arbeitsgerichts hat die Polizei nicht dargelegt und nachgewiesen, dass Herr W. das Foto aufgrund einer rechtsradikalen Gesinnung aufgenommen und in das Internet gestellt hat. Maßgeblich sei, dass der fotografierte Totenschädel nicht zwangsläufig Ausdruck einer rechtsradikalen Gesinnung ist, sondern dass der Totenschädel vielfach auch in anderen Zusammenhängen, etwa bei einem Fußballverein, als Symbol verwendet werde. Auch sei nicht ersichtlich, dass es einen Zusammenhang mit dem Totenschädel und der nur im Hintergrund zu sehenden Schule gäbe, die auf dem Foto nur Ortskundige erkennen könnten.

heißt es in einer Pressemitteilung des Arbeitsgerichts (via Juris)

Ja, klar. Und Käse ist ein witziges Gemüse.

Hinweis auf diese Entscheidung gefunden bei der Kanzlei Dr. Bahr, auch kein Arbeitsrechtler.

Dieser Beitrag wurde unter Polizei veröffentlicht.

17 Antworten auf Witzige Bewachung durch den Hilfspolizisten

  1. 1
    Bilbo Beutlin says:

    Na, immerhin hat er jetzt sicher einen anderen Arbeitsplatz. Ziel erreicht.

  2. 2
    Hans says:

    Also jemand der berufsmäßig „im Zweifel für den Angeklagten“ fordert, sind Sie aber offenbar aus der Ferne erstaunlich gut über die Gesinnung des Angeklagten informiert.

  3. 3
    Jochen says:

    Der Schluss von einem Skelett mit Polizeimütze auf die SS ist ja wohl etwas weit hergeholt, um das mindeste zu sagen.

  4. 4
    Sven says:

    Gesinnungsverbrechen und Gedankenverbrechen sind dank „political correctness“ und vorauseilendem Gehorsam aktueller denn je.
    Wenn bereits Assoziationen irgendeiner beteiligten oder unbeteiligten Seite einen Sachverhalt fast als vollendete Tatsache und Straftat werten, dann ist es mit dem Rechtsstaat nicht mehr weit her.

  5. 5
    Dertom says:

    Ach herrje… da haben aber Leute echt nen Grund gesucht.
    Was ich sehr schade finde, ist die sehr starke Parteiergreifung des Autors.
    Das ist nicht okay in meinen Augen.

    Wenn nun bei einem normalen Totenschädel solche Verbindungen hergestellt werden, dann kann ich mich nicht entscheiden ob ich lachen oder weinen soll. Absurd

  6. 6
    Doppelmoralist says:

    Bei eigenen Mandanten würde man die Möglicheit eines Gesinnungsstrafrechts empört zurückweisen. Dann heißt es wieder: Erst kommt das Fressen, dann die Moral.

  7. 7
    Caron says:

    @Doppelmoralist
    Die Moral habe ich in diesem Zusammenhang alleridings noch nicht entdeckt – obwohl irgendwie schon: Moral war ja schon immer Möchtergernethik, für die man aber keine nachvollziehbare Begründung gefunden hat.

  8. 8
    Pascal Rosenberg says:

    Es ist eher erstaunlich, dass alle Vorredner dem Autor nicht eine eigene private Meinung zubilligen nur weil er Anwalt ist. Er ist halt der Überzeugung, dass der Polizist eben nicht die Wahrheit sagte im Bezug auf den Hintergrund der Sache. Kann er doch sein, wo ist denn bitte das Problem? Ob er ihn verteidigt hätte stellt sich doch gar nicht als Frage, er ist kein Arbeitsrechtler. Er hat ja auch nicht das Urteil als solches angezweifelt, sondern findet lediglich die Beweiswürdigung der Richter komisch. Darf er doch, wo ist das Problem?

  9. 9

    Warum haben Sie so wenig Vertrauen in die Urteilskraft ausgerechnet des Hamburger Arbeitsgerichts? :-) Jedenfalls ist Hamburg auch für arbeitsrechtsinteressierte Strafverteidiger lustig. Denn dort werden nicht nur Totenköpfe vor jüdischen Schulen behandelt; nein, beim LAG Hamburg geht es auch mal um im Krematorium geklautes – Zahngold. Hier zu lesen.

  10. 10
    Caron says:

    @Pascal Rosenberg
    Aus drei Gründen:
    1) Weil das ein Thema ist, mit dem in Deutschland regelmäßig Schindluder getrieben wird. Dafür hat sich der Begriff „Nazikeule“ etabliert. Die wird regelmäßig in verschiedensten Situationen geschwungen, sei es bei der Kritik der israelischen Palästinapolitik (obwohl ich da weit auf Seite Israels stehe, aber darum geht es nicht), oder wenn man sagt, dass man vielleicht versuchen sollte, nicht auch noch die bildungsfernen Schichten anderer Länder zu importieren.
    2) Weil das hier das Blog von jemandem ist, der sich beruflich der Unschuldsvermutung verschrieben hat. Wenn ein Arzt bezüglich Impfungen crackpottig schreibt, wird man das auch nicht als seine persönliche Meinung stehen lassen.
    3) Weil das hier das Blog von jemandem ist, der sonst kein Blatt vor den Mund nimmt, wenn solche Sachen mit Leuten passieren, die ihm politisch-weltanschaulich besser in en Kram passen.

  11. 11
    Heinz says:

    Ich stimme den Posts Dertom, Sven, Doppelmoralist, Jochen und Hans voll und ganz zu (schöner hätt ichs nicht formulieren können) und stelle mir die selben Fragen.

  12. 12
    Ingo says:

    Ja, ich muss auch dem Gros der Vorredner (-schreiber) zustimmen.

    Nicht jedes Scherzlein, das den Ruch des Geschmackslosen innehat, ist wirklich auch auf rechtes Gedankengut zurückzuführen.

    Wenn man nur will kann man in nahezu jeder Pose, jedem Gegenstand und jedem Kommentar, der in irgendeinem nur entfernten Zusammenhang mit ausländischen (insb. jüdischen) Einrichtungen steht, mit viel Böswillen Anspielungen auf vergleichbare NS-Institute erblicken. Es war dem Wesen der Unrechtsherrscher dieser Zeit immanent, dass sie sich in ausuferndem Maße Symboliken bedienten. Aus diesem Grund ist es heute auch sehr einfach, in irgend einem Verhalten eines Person irgend eine Symbolik aus der NS-Zeit wiederzuerkennen. Wenn man denn nur will.

    Manchmal sollte man, auch wenn man im linken Lager steht, die Kirche einfach mal im Dorf lassen.

    Ich finde die Entscheidung des ArbG Hamburg jedenfalls in der Sache zutreffend.

  13. 13
    Heinz says:

    von:
    http://www.dr-bahr.com/news/trotz-totenkopf-foto-auf-facebook-seite-kuendigung-eines-polizei-angestellten-unwirksam.html
    „Darüber hinaus wirft die FHH Herrn W. vor, in der Vergangenheit u.a. Kollegen mit ausländerfeindlichen Sprüchen beleidigt zu haben. Dies bestreitet Herr W.“

    Na siehste Dertom hat recht, die haben einen Vorwand gesucht um ihn rauszuschmeißen.
    Komisch auch, dass sich die, angeblich durch ausländerfeindliche Sprüche beleidigten Kollegen, nicht äußern/finden – komisch.

  14. 14
    Hans says:

    Wer genau hat denn Herrn Hoenig seine Meinung verboten? Aber kritisieren darf man sie dann schon, vor allem wenn sie nicht zur ansonsten doch immer so hoch hofierten Unschuldsvermutung passt.

    Der Wachmann hätte am besten gesagt, daß das nur eine Hommage an den FC St. Pauli sei, das wäre auch örtlich passend gewesen.

  15. 15
    Jens says:

    Wie hat die Polizei überhaupt das Foto auf facebook gefunden?

    Ach ja, wie zitiert Herr Hoenig immer so gern:
    „Der größte Lump in diesem Land….“

  16. 16
    Steffen says:

    Wenn jeztz schon die Anwälte Gesinnungsjustiz unterstützen oder für gut befinden, dann kommen bald wieder die Jungs mit dem Totenkopf an der Mütze…

  17. 17
    schneidermeister says:

    Mütze auf dem Totenkopf ist schon ziemlich weit hergeholt als angeblicher Beleg für Nazisymbolismus. Bei den betreffenden Verbänden war der Totenkopf mit Knochen an der Mütze und nicht die Mütze auf dem Totenkopf. Da hat man arbeitgeberseits schon ganz schön an den Haaren herbeigezerrt.

    Nachdem das BVerfG die „Untergerichte“ immer zur meinungsfreiheitsfreundlichsten Auslegung verpflichtet, kann das Foto ja auch passend zur obigen Tätigkeitsbeschreibung der Wachtel (Vöglein zählen) als Ausdruck für „langweile mich hier zu Tode“ interpretiert werden.