Wer kennt die Situation nicht. Man steht mitten auf der Kreuzung und möchte links abbiegen. Es dauert und dauert, weil die vor einem stehenden Abbieger nicht aus dem Knick kommen. Und dann schaltet die Ampel für den Querverkehr auf Grün.
Spätestens jetzt hat man ein Problem. Man steht nämlich im Weg herum, müsste die Kreuzung eigentlich räumen, darf aber auch den Querverkehr nicht gefährden. Und je länger man überlegt und herumsteht, umso teurer wird es. Sagt jedenfalls das Berliner Kammergericht.
Dort verlangte die Klägerin ihren Schaden wenigstens zu 2/3 ersetzt, nachdem sie schon beim Landgericht gescheitert war. Das Kammergericht fand an dem Urteil des Landgerichts allerdings nicht auszusetzen und riet an, die Berufung zurückzunehmen.
Grundsätzlich ist das Räumen der Kreuzung zu ermöglichen. Kommt es zu einem Unfall haftet der Kreuzungsräumers in der Regel nach einer Quote von 1/3. Aber keine Regel ohne Ausnahme.
(…) Je länger ein Kreuzungsräumer auf der Kreuzung verharrt, wird dieser beachten müssen, dass der übrige Verkehr daraus schließen kann, er werde nicht weiterfahren. Ein solcher Kreuzungsräumer darf nicht an- oder weiterfahren, ohne sich vergewissert zu haben, dass ein Zusammenstoß mit einfahrenden Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist (vgl. BGHZ 56, 146 = NJW 1971, 1407, 1409). Fährt der Kreuzungsräumer in dieser Situation unbedacht an, kann dies zu einer Abweichung von der Regelhaftung des Kreuzungsräumers von 1/3 führen (vgl. Senat, Urteil vom 6. Oktober 1977 – 12 U 767/77 – DAR 1978, 48, Urteil vom 26. Oktober 1992 – 12 U 5056/91 – VM 1993, 35 Nr. 50); das gilt vor allem dann, wenn der Teilnehmer des Querverkehrs sich sicher sein konnte, dass der hängengebliebene Kreuzungsräumer ihm die Vorfahrt lassen werde (vgl. BGH, a.a.O.).
Nachlesen kann man das Ganze hier: KG, Beschluss vom 08.09.2008, Az: 12 U 194/08
„Und je länger man überlegt und herumsteht, umso teurer wird es“ ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was das KG entschieden hat. Das KG sagt sinngemäß: Wer schon eine Weile da gestanden hat, soll in der Regel stehen bleiben, es sei denn, er ist sich ganz sicher, dass er beim Weiterfahren mit niemandem zusammenstoßen kann.
@Werner das sehe ich auch so !
Lustig auch die Überschrift des Blogeintrags:
„Wer zulange auf der Kreuzung steht, geht leer aus!“
Nochmal ein völlig anderer Sinn :D
@Werner und Trino: Das sehe ich nicht so.
Weil die Klägerin offenbar zu lange mit dem Räumen der Kreuzung wartete und dadurch signalisierte, sie werde bis zur nächsten Rotphase des Gegenverkehrs weiter warten, muss sie den Schaden selbst tragen, der daraus entstanden ist, dass sie dann doch noch angefahren ist und mit dem Gegenverkehr eine Kollision verursachte. Das führt zu einer Erhöhung ihrer Quote, heißt es wird (für sie) teurer. Okay, der Autor hätte einen ergänzenden Halbsatz spendieren können:
Je länger man überlegt und herumsteht, umso teurer wird es, wenn man dann plötzlich doch noch losfährt.
Aber was er meint ist eigentlich klar.
Die Überschrift ist auch in Ordnung. Die Klägerin ging aufgrund ihres Verharrens leer aus, jedenfalls „leerer“ als bei pflichtgemäßem Verkehrsverhalten (früher Räumen oder bis zur nächsten Rotphase des Gegenverkehrs stehenbleiben).
Im Straßenverkehr gilt unter anderem auch die gegenseitige Rücksichtnahme. Heißt: Auch der kommende Gegenverkehr sollte dem Abbieger die Möglichkeit geben, die Kreuzung schnellstmöglich verlassen zu können.