Monatsarchive: Februar 2014

so ein kreuzgefährliches Quad

Zwischen einem Quad und einem Pkw kam es zu einem Unfall, wobei sich im Nachhinein nicht recht aufklären ließ, welcher der beiden Fahrer dafür verantwortlich war.

Der Quadfahrer, der zu allem Übel bei dem Crash auch erheblich verletzt worden war, klagte vor dem Landgericht Ingolstadt auf Schadenersatz und Schmerzensgeld und bekam – nichts.

Noch nicht einmal die Hälfte seines Schadens nach der sogenannten Unaufklärbarkeitsquote gönnten ihm die Ingolstädter Richter. Die fanden nämlich – sachverständig durch einen Gutachter und Wikipedia beraten – so ein Quad sei ein kreuzgefährliches Ding. Wer damit im öffentlichen Straßenverkehr herumfahre, habe es nicht besser verdient.

Auch vor dem Oberlandesgericht München, dass sich mit der Berufung des Quadfahrers beschäftigen musste, fand dieser keine Gnade.

Da keinem der beiden Unfallbeteiligten irgendein Verschulden nachgewiesen werden konnte, kam es auf die verschuldensunabhängige Haftung aus der Betriebsgefahr der beteiligten Fahrzeuge an. Nun sollte man eigentlich denken, bei zwei Kraftfahrzeugen mit jeweils vier Rädern sei die Betriebsgefahr gleich hoch und damit der Schaden hälftig zu teilen.

Das OLG München belehrt eines Besseren.

Die(s) ist jedoch fehlsam. Es kommt vielmehr auf die spezifischen Besonderheiten der beteiligten Fahrzeuge an. (…) In die Bewertung der spezifischen Besonderheiten des klägerischen Quads ist zunächst und entscheidend dessen Instabilität einzustellen:

Der Sachverständige (…) hat anläßlich seiner Einvernahme vor dem Erstgericht (…) insoweit folgendes ausgeführt:

„Ich möchte die Fahrweise dieser Quads, wie es hier unfallgegenständlich ist, zumindest bei starker Bremsung als sehr instabil betrachten aufgrund des Verhältnisses von Spurweite zum Radstand. Das Fahrzeug neigt in diesen Fällen dazu, die Vorderachse zu belasten und die Hinterachse zu entlasten, was zu Schleudervorgängen führen kann. Das unfallgegenständliche Quad zumindest hatte kein ABS. Eine Verlagerung des Gewichts des Fahrers kann auch die Fahrlinie beeinflussen, wenn man sich insbesondere das Verhältnis des Fahrergewichts zum Fahrzeuggewicht anschaut, das gilt insbesondere beim Bremsen.“

Diese Feststellungen entsprechen den allgemein zugänglichen Quellen (vgl. etwa Wikipedia, „Quad“ Bearbeitungsstand: 24.07.2013, http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Quad&oldid=120836082 [abgerufen: 17.09.2013]).

(…) Die normale Betriebsgefahr des beklagtischen Toyotas tritt im Hinblick auf das Vorstehende im konkreten Fall vollständig gegenüber der Betriebsgefahr des Quad zurück.

OLG München, Urteil vom 17.09.2013, Az: 10 U 2166/13 (Vorinstanz LG Ingolstadt, Urteil vom 29. Mai 2013, Az: 33 O 361/11 in ZfS 2013, 679-680

Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich.

Man ist mit einem straßenzugelassenen Kraftfahrzeug unterwegs, es knallt und man bekommt nichts, weil man kein ABS hat und das Fahrverhalten instabil ist. Auf den konkreten Nachweis, dass diese Umstände mit unfallursächlich waren, kommt es anscheinend nicht an.

Wie ist es dann mit motorisierten Zweirädern, bekommt man nach einem Unfall auch nichts?

Der BGH hat sich hierzu mehrfach geäußert und zum einen klargestellt, dass bei der Betriebsgefahr dem Umstand, dass ein Motorradfahrer selber nicht durch eine Karosserie geschützt ist, keine Bedeutung zukommt. Die allgemeine Betriebsgefahr eines Fahrzeugs wird vor allem durch die Schäden bestimmt, die dadurch Dritten drohen.

Dem Fahrer eines für den Verkehr zugelassenen, in verkehrstüchtigem Zustand befindlichen Fahrzeugs kann bei der Abwägung nicht zur Last gelegt werden, dass er schon wegen dieser Bauart und der geringeren Eigensicherung, die ihm das Fahrzeug bietet, bei Zusammenstößen mit anderen Fahrzeugen Verletzungen in höherem Maße ausgesetzt ist als in einem Fahrzeug, das in dieser Hinsicht größere Sicherheit bietet.

Die Betriebsgefahr eines Motorrads kann sich durch dessen Instabilität und die daraus resultierende Sturzgefahr grundsätzlich erhöhen. Aber nur soweit sich diese nachweislich als Unfallursache ausgewirkt hat (VI ZR 221/08 in VersR 2010, 642).

Ob die in München beim Oberlandesgericht eigentlich wissen, dass es den Bundesgerichtshof gibt?

, , , , , , , 10 Kommentare

Übertrieben frech

Es gibt so gut wie keinen Tag, in dem mir nicht irgendwelcher Mist per eMail feilgeboten wird. Sowas hier zum Beispiel:

Spammer0

Ob ich nun die Löschtaste drücke oder mit „emailspam#“ einen Textbaustein (zwischenzeitlich ein wenig aktualisiert) starte, den ich an den Absender dieser unerwünschten Werbung zurück maile, ist nahezu derselbe Aufwand.

Die Reaktionen auf diese stets kostenlose Abmahnung sind unterschiedlich. Einige Spammer schweigen still, andere entschuldigen sich schlicht und eine weitere Gruppe – gut beratene – Nervensägen schicken mir eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Und dann ist meist auch gut. Die Spammer haben sich erschreckt und ich bekomme von denen dann sicherlich auch keine Post mehr.

Aber dann gibt es auch noch solche Antworten:

Spammer

Für diese Sorte habe ich noch einen Textbaustein. Der ist allerdings nicht zitierfähig. Mit dem schicke ich die drei eMails an den Kollegen Bert Handschumacher, der für mich die einstweilige Verfügung beantragt und dann die begehrte Unterlassung ernsthaft und mithilfe des Gerichts dauerhaft durchsetzt.

Rechtsanwalt Handschumacher freut sich über den Umsatz, den er damit erzielt, und ich freue mich darüber, solchen übertrieben frechen Spammern virtuell ins Gesäß treten zu können. Dafür steht er mir ja sogar gern zur Verfügung … oder habe ich das jetzt falsch verstanden?

Update
Das ging diesmal aber richtig flott:

Einstweilige Verfügung AG T-K 8C1002_14

Das ist doch eine richtig schön formulierte „weitere Androhung„:

… Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten …

Da kann er nicht meckern, der Spammer.

16 Kommentare

Der Strafverteidiger empfiehlt – 72

Strafverteidiger,Berlin,,Kreuzberg,Paul-Lincke-UferHeute:

1 Kommentar

Geblitzt per „Laser-Säule PoliScan“

Da sieht man es mal wieder. Die bei ihrer Installation 2012 hoch gelobten Laser-Säulen PoliScan der Firma Vitronic sind auch nur bedingt geeignet, dem Verkehrsteilnehmer Geld und Führerschein aus der Tasche zu ziehen.

PoliScan

Das ist ein Bild, das von der Säule am Halleschen Ufer in Kreuzberg geschossen wurde, weitere dieser High Tech Geräte stehen in der Schloßstraße in Steglitz und an der Bornholmer Straße in Prenzlauer Berg.

Klar, die Bußgeldbehörde schickt dem Halter des Autos erst einmal einen Anhörungsbogen mit dem Ergebnis der Messung. Ohne Foto. Wenn der dann zurück schreibt, wer der Fahrer zur Zeit der Aufnahme gewesen ist, macht der Polizeipräsident den Sack zu und verschickt den Bußgeldbescheid.

Und steht dann erst einmal der Fahrer zur Tatzeit fest, hilft nur noch ein gut ausgebildeter Verteidiger, dem man eigentlich unnötig das Leben schwer gemacht hat. Um die Folgen einer solchen Momentaufnahme – Bußgeld, Fahrverbot, Punkte – zu vermeiden, wäre es einfacher gewesen, sich erst einmal durch eine vollständige Akteneinsicht den Überblick über die Qualität der Beweismittel zu verschaffen. Dann erkennt man recht schnell, daß in so einer Laser-Säule auch nur Wasser gekocht wird:

Fahreridentität (-)

Wie Sie sehen, sehen Sie nichts: Dieses Bild wurde am hellichten Tag aufgenommen. Und zwar nachmittags in Richtung Osten. Also mit der Sonne im Rücken. Eigentlich unter optimalen Bedingungen. Und trotzdem ist hier aber auch rein gar nichts zu erkennen, was für die Indentifizierung des Fahrers herhalten könnte.

Die Konsequenz der Akteneinsicht durch den Verteidiger und dessen knappe Verteidigungsschrift war in diesem Fall die Einstellung des Verfahrens.

Wenn man also vermeiden möchte, mit Bußgeld, Fahrverbot und Punkten überzogen zu werden, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Gnadenlos vorschriftsmäßig zu fahren oder sich von einem erfahrenen Fachanwalt für Verkehrsrecht (von diesem hier zum Beispiel) verteidigen zu lassen.

Nun gut, es gibt nochwas: Unsere Selbstverteidigung in Bußgeldsachen.

14 Kommentare

Der Strafverteidiger empfiehlt – 71

Strafverteidiger,Berlin,,Kreuzberg,Paul-Lincke-UferHeute:

Kommentare deaktiviert für Der Strafverteidiger empfiehlt – 71

Winkeladvokaten und Dorfbürgermeister

Herr Dr. Andreas R. J. Schnee-Gronauer beweist eindrucksvoll:

Durchschnittlicher CSU-Politiker ist mindertalentiert.

Ich meine, der Kollege hätte sich gar nicht so viel Mühe machen müssen mit seinem zutreffenden Blogbeitrag. Diesen Beweis führt Herr Hans-Peter Friedrich, Minister a.D., und CSU-Politiker selbst. Er wird im Spiegel zitiert:

Es war meine Pflicht, das zu machen – ich kann das gar nicht verstehen, wie man das anders sehen soll, es sei denn, man ist Winkeladvokat oder Rechtspositivist.

Große Güte, was für ein talentierter Staatsmann! Oder Dorfbürgermeister?

12 Kommentare

Selbstanzeige, so endet das, jedenfalls hier

Unsere Mandantin hat freundliche Post bekommen, von der Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen (FuStra) Berlin.

Selbstanzeige

Auf dieses Schreiben haben wir still gewartet und erst jetzt tönen wir herum:

Inzwischen ist alles legal. Der Fall ist damit auch aus Sicht der Steuerbehörde bereinigt.

Bis zum Eingang dieses Schreibens haben wir demütig geschwiegen und regelmäßig ein Kerzlein in der Kanzlei-Kapelle angezündet. Das hat funktioniert. Ist nicht jederfraus Sache, ich weiß.

10 Kommentare

Der Strafverteidiger empfiehlt – 70

Strafverteidiger,Berlin,,Kreuzberg,Paul-Lincke-UferHeute:

Kommentare deaktiviert für Der Strafverteidiger empfiehlt – 70

Der Strafverteidiger empfiehlt – 77

Strafverteidiger,Berlin,,Kreuzberg,Paul-Lincke-UferHeute:

Kommentare deaktiviert für Der Strafverteidiger empfiehlt – 77

Die Auflösung des Bilderrätsels

Wie am Freitag versprochen heute nun die Anwort auf die Frage, was bei dem Verfahren herauskam.

Der Verteidiger hat die Bußgeldbehörde hinsichtlich der Folgen dieser angeblich festgestellten Verkehrsordnungswidrigkeit in einer Verteidigungsschrift beraten. Hier der Wortlaut der Beratung:

Verteidiger-OWi-5

Nach langem Nachdenken und intensiver Prüfung der Sach- und Rechtslage ist der überaus kompetente, hervorragend ausgebildete und stets zuverlässig arbeitende Sachbearbeiter zu dem folgenden, einzig zutreffenden Ergebnis gekommen:

Verteidiger-OWi-6

Ich grüße an dieser Stelle gern freundlich zurück!

Die richtige Antwort auf die Herauskommens-Frage war also das

Freibier für den Verteidiger.

14 Kommentare